Es fällt schwer zu glauben, dass der Attentäter von Istanbul den Ort für seinen Anschlag ohne Hintergedanken gewählt hat: Hier, am Sultanahmet-Platz, treffen Abendland und Morgenland aufeinander. Auf der einen Seite steht die Blaue Moschee, das wohl bedeutendste religiöse Gebäude Istanbuls. Und auf der anderen Seite die Hagia Sophia, einst Krönungskirche des byzantischen Kaiserreichs, heute ein Museum. Nur wenige Minuten Fußweg entfernt befindet sich der Deutsche Brunnen, ein Pavillion, der einst zum Besuch des deutschen Kaisers Wilhelm II in Istanbul errichtet wurde. Heute spazieren dort deutsche Touristen entlang.
Dass Terroristen gezielt Touristen als Opfer ihrer Anschlage auswählen, ist nicht neu: Erst im November schmuggelten in Ägypten wahrscheinlich Attentäter des IS eine Bombe in einen russischen Passagierjet, der in der Luft explodierte. 224 Menschen starben. Und im Frühjahr stürmte ein Terrorist einen Hotelstrand und tötete 39 Menschen. Auch die Attentäter von Paris wählten gezielt Touristenmagnete und Sehenswürdigkeiten als Tatort. In der Türkei trafen die Attentäter nun zum ersten Mal vor allem deutsche Urlauber: Offenbar stammen zehn der elf Todesopfer aus Deutschland, berichten türkische Behörden.
Die Terroristen wollen damit gleich zwei Ziele erreichen: Sie verunsichern die Menschen in den Ländern, aus denen die Urlauber stammen. Und sie versuchen, das Land zu destabilisieren, in dem sie den Anschlag verübt haben.
Die Angst ist groß, dass ihnen das im Falle der Türkei gelingen könnte.
Am Abend der Anschläge in Istanbul sitzt Tui-Chef Fritz Joussen in einem Düsseldorfer Restaurant und nippt an seinem Wasser. Er leitet den größten Reisekonzerns Europas, 20 Millionen Menschen bringt Tui jedes Jahr in den Urlaub, etwa sechs Millionen davon kommen aus Deutschland. Normalerweise diskutiert Joussen über Hotelkonzepte und Destinationen, über Kreuzfahrten und Reisebüros. Heute muss er sich mit einer ganz anderen Entwicklung auseinandersetzen: Dem Terror
Die Türkei ist eins der liebsten Urlaubsländer der Deutschen: 5,5 Millionen Deutsche machten dort im vergangenen Jahr Urlaub. Nur nach Spanien und Italien reisten deutsche Urlauber öfter, ermittelte der Deutsche Reise-Verband (DRV). Für die Türkei sind die deutschen Touristen damit ein wichtiger Wirtschaftsfaktor. Das gilt erst Recht, seit dem die russischen Urlauber ausbleiben, weil ihre Regierung nach Abschuss eines russischen Kampfjets durch das türkische Militär Sanktionen gegen die Türkei erließ.
Diese Nationen verreisen am meisten
Die Kanadier landen auf Platz 6 der Nationen, die am meisten Reisen außerhalb ihres Landes machen. Auch bei den Ausgaben für ihre Urlaube landen die Kanadier auf Platz 6.
Platz 5 geht an die reisefreudigen Franzosen. Allerdings reisen Franzosen günstiger als andere Nationen: Betrachtet man die Ausgaben der Urlauber aus den unterschiedlichen Ländern, landet Japan auf Rang 5.
Rund 1,37 Milliarden Chinesen gibt es auf der Welt, immer mehr von ihnen reisen in andere asiatische Länder, aber auch nach Europa oder Amerika. Damit erreichen die Chinesen Platz 4 der Nationen mit den meisten Reisen. Was die Urlaubsausgaben angibt, erreichen die Chinesen sogar den zweiten Rang.
Die Briten lieben ihren All-Inclusive-Urlaub. Das bringt ihnen Rang 3 der reisefreudigsten Nationen. Bei den Ausgaben allerdings landet Großbritannien nur auf dem vierten Rang.
Kaum eine Nation ist häufiger im Ausland anzutreffen als die Amerikaner: Die USA erreicht mit ihren rund 320 Millionen Einwohnern Rang zwei der Nationen mit den meisten Urlaubsreisen. Bei den Ausgaben rücken die Amerikaner sogar auf den ersten Platz.
Urlaubsweltmeister aber bleiben die Deutschen: 80 Millionen Einwohner machen rund 70 Millionen Urlaubsreisen im Jahr - allerdings vor allem günstige. Beim Umsatz mit Auslandsreisen erreicht Deutschland nur Rang 3.
Es gleiche einem Blick in eine Glaskugel, voraussagen zu wollen, was mit dem Reiseziel Türkei in diesem Sommer passieren werde, sagt Joussen. "Zu dieser Zeit buchen normalerweise viele Familien. Und die sind natürlich besonders vorsichtig", sagt der Tui-Chef. „Aber die Türkei ist ein großes Land, und die meisten Urlauber sind an der Küste, nicht in Istanbul. Wir müssen mit der Unsicherheit leben und Alternativen anbieten."