Dank Rainer Calmund und Fußballspieler Michael Ballack kennt so gut wie jeder Deutsche die Reiseportale fluege.de und Ab-in-den-Urlaub. Jahrelang warben Calmund und Ballack für die Reiseportale, die Spots flimmerten zur besten Sendezeit durch das Fernsehen. Die beiden Internetportale gelten deshalb als Kronjuwelen im ramponierten Reich des finanziell angeschlagenen Internetkonzerns Unister. Seit der Unister-Insolvenz nach dem Flugzeugabsturz von Gründer Thomas Wagner stehen sie zum Verkauf. Nun steht fest, wie es mit den Portalen weitergeht.
Die Unister-Insolvenz - Ein Wirtschaftskrimi?
Der Fall ist mysteriös - und klingt nach einem Wirtschaftskrimi: Selfmade-Millionär und Gründer des Leipziger Internetunternehmens Unister, Thomas Wagner, stürzt am 14. Juli 2016 mit einer Privatmaschine in Slowenien ab. An Bord Bargeld. Kurz darauf meldet die Holding Insolvenz an, ebenso ein Tochterunternehmen. Schon seit Jahren wird über wirtschaftliche Schwierigkeiten spekuliert. Viele Fragen sind offen.
Quelle: dpa
Zum Absturz könnte Vereisung an der einmotorigen Maschine beigetragen haben. Entsprechende Probleme hatte der 73-jährige Pilot der slowenischen Flugkontrolle gemeldet. Slowenische Medien spekulierten, dass die gecharterte Privatmaschine deutlich oberhalb der für diesen Typ üblichen Flughöhe von 5000 Metern unterwegs gewesen sein dürfte. Die Untersuchungen des Wracks laufen noch, auch unter Beteiligung deutscher Behörden.
Neben Firmengründer und Unister-Hauptanteilseigner Wagner (38) auch der Mitgesellschafter Oliver Schilling (39), ein 65-jähriger Mann und der Pilot.
Wagner und sein Kompagnon wollten sich in Venedig mit potenziellen Investoren treffen, wie Unister mitgeteilt hat. Dabei sollen sie betrogen worden sein. Die slowenische Polizei berichtete von Dokumenten an Bord der Unglücksmaschine, die darauf hinwiesen, dass Wagner „um eine größere Summe geschädigt wurde“. In Medienberichten wird über die Investoren und untergeschobenes Falschgeld spekuliert, offiziell bestätigt ist nichts. Auch die Herkunft der an der Unglücksstelle gefundenen 10.000 Schweizer Franken in bar ist unbekannt.
Wagner galt zeitweise als ostdeutscher Vorzeige-Unternehmer, später gerieten Geschäftspraktiken von Unister immer wieder in die Kritik. Die letzte veröffentlichte Bilanz der Unister Holding stammt von 2011. Ihr alleiniger Geschäftsführer war Wagner, der alle Fäden in den Händen hielt. 2002 hatte er Unister als 23-Jähriger in Leipzig ursprünglich als Studententauschbörse gegründet und das Start-up auf einen rasanten Wachstumskurs geführt. 2015 war dann von Stellenstreichungen die Rede, 30 Millionen Euro pro Jahr sollten eingespart werden.
Unter dem Dach der Unister Holding GmbH fand sich eine Vielzahl von Firmen, die mehr als 40 Internetportale unter anderem zu den Themen Reisen, Nachrichten, Immobilien oder Partnervermittlung betreiben - darunter beliebte Seiten wie fluege.de, ab-in-den-urlaub.de, news.de oder partnervermittlung.de. Insgesamt arbeiteten mehr als 1000 Beschäftigte für die Unternehmensgruppe.
Bis zu seinem Tod hielt Wagner rund 40 Prozent der Anteile und war damit Hauptgesellschafter Unister Holding. Der Rest verteilt sich nach Firmenangaben auf die vier Mitgründer - darunter Schilling, der ebenfalls beim Absturz ums Leben kam - sowie eine Firma namens Opus30 Vermögensverwaltungsgesellschaft.
2012 geriet Unister ins Visier der Justiz. Wagner und drei weitere Manager wurden unter anderem wegen unerlaubter Versicherungsgeschäfte und Steuerhinterziehung angeklagt. Unister wies die Vorwürfe stets zurück. Zum Prozess kam es bisher nicht, weil das Landgericht Leipzig derzeit eine weitere Klage prüft.
Der Name des Käufers ist eine Überraschung: Ab-in-den-Urlaub und fluege.de gehen an den tschechischen Internetinvestor Rockaway Capital - einen völligen Neuling auf dem deutschen Markt. Dabei sollen auch deutsche Konzerne wie Pro7Sat1 und Holidaycheck um die Unister-Firmen geboten haben.
Rockaway Capital übertrumpfte sie alle. Die Tschechen gelten als eines der größten Internetunternehmen in Mittel- und Osteuropa. Doch bei dem Unister-Deal spielt vor allem ein stiller Partner die entscheidende Rolle. Denn mit Rockaway steigt auch CEFC, einer der zehn größten Privatkonzerne Chinas, bei fluege.de und Ab-in-den-Urlaub ein. Der Plan: Die beiden Investoren wollen bald auch chinesische Urlauber mit Hilfe der Unister-Portale nach Deutschland locken.
Das Kerngeschäft von CEFC ist Öl und Gas, doch die Chinesen beteiligen sich auch als Investoren an diversen Unternehmen. Bei Rockaway heißt es offiziell, die Chinesen nähmen keinen Einfluss und seien nur finanziell beteiligt. Doch CEFC hat in den vergangenen Jahren ein Standbein in Tschechien und der Slowakei aufgebaut.
Vor allem das Interesse der Chinesen am Tourismus scheint groß: CEFC ist an Hotelketten und Fluglinien beteiligt. Die chinesischen Investoren bauen hier so Strukturen für die fast 1,4 Milliarden reisewilligen Einwohners Chinas auf. Und in Europa verankerte Onlineportale könnten dabei eine Schlüsselrolle spielen.
Für die beiden Investoren ist deshalb besonders Ab-in-den-Urlaub.de interessant. Schließlich hat CEFC gerade erst die Mehrheit an dem Rockaway-Portal Invia aufgekauft, das sehr ähnlich funktioniert wie Ab-in-den-Urlaub.de. In der tschechischen Republik, Polen, Ungarn und der Slowakei ist Invia nach eigenen Angaben bereits Marktführer. Doch seit dem vergangenen Jahr ist Invia im fernen Osten aktiv und lockt chinesische Urlauber nach Mitteleuropa. Dabei profitiert das Unternehmen besonders von drei Direktflügen, die von China nach Prag führen.