Tui Warum Fritz wieder Flieger liebt

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Tuifly: Von der Marge eines Kreuzfahrtschiffs weit entfernt

Fast ebenso beflügelte Joussens Umdenken in den vergangenen Wochen die Unzuverlässigkeit von Niki Lauda. Der hatte mit Condor ein Tauschgeschäft vereinbart: Die deutsche Tochter aus dem britischen Thomas-Cook-Konzern lieferte dem Ex-Formel-Eins-Weltmeister Starthilfe beim Aufbau seiner Laudamotion, die er aus den Air-Berlin-Trümmern schmiedete.

Im Gegenzug versprach der Österreicher, für Thomas Cook zu fliegen. Dabei sollte er gerade in den großen Flughäfen wie Düsseldorf oder Wien den Platz blockieren, damit sich Ryanair und Easyjet nicht allzu breitmachen. Doch spätestens als sich Lauda nun im März ausgerechnet an Ryanair verkaufte und den irischen Unruhestifter den Weg nach Deutschland öffnete, weiß Joussen: Er kann sich auch mit Verträgen im Rücken nicht auf andere Linien verlassen.

Die unangenehmen Überraschungen, so verspricht Tuifly-Chef Roland Keppler, sollen nun mit dem Ausbau des eigenen Carriers aufhören. Flüge mit der eigenen Tochter erlauben aus seiner Sicht einen besseren Kundendienst. Wenn Flüge wie in dieser Woche wegen Streiks oder Unwettern umgeleitet werden müssen, weiß die Tui als Veranstalter besser als bei einem Auftragsflieger, wann und wo die eigene Kundschaft gerade steckt. Dazu ist es leichter, Stammkunden oder Premiumurlauber zu erkennen und denen maßgeschneiderte Angebote zu machen: Freigepäck, Verpflegung ohne Zuzahlung oder eine Flasche Champagner im Hotel, wenn die Anreise gar zu stressig war.

Zudem kann Tui mit der eigenen Airline sicher Ziele anbieten, wo sie besonders viel Geld verdient. Zubringerflüge zu Nobelkreuzfahrten der Hapag Lloyd oder zu den eigenen Clubs und Hotels sind besser planbar. „Wenn der Flug dann einen Verlust macht, gleichen es die zusätzlichen Gewinne der Schiffe und Übernachtungen mehr als aus“, ordnet es ein Insider ein.
Trotz aller Vorteile sind sich Branchenkenner nicht ganz sicher, wie nachhaltig Joussens Leidenschaft für die Jets ist. So gut die Airline auch dem Service tut, sie schadet spürbar dem Hauptziel einer hohen Rendite. Von der Marge eines Kreuzfahrtschiffs ist Tuifly meilenweit entfernt.

Die Linie mit Hauptsitz am Flughafen Hannover-Langenhagen hat dank teurer Tarifverträge und einer vergleichsweise üppigen Verwaltung die nach der Lufthansa wohl höchsten Flugkosten in Mitteleuropa. Weil sie gegen effiziente Preisbrecher wie Easyjet, Ryanair, Germania oder Eurowings anfliegen muss, stehen den Kosten auf Premiumniveau nur Billigflugeinnahmen gegenüber. Darum schrieb die Linie in den vergangenen Jahren dem Vernehmen nach nicht selten bis zu 60 Millionen Euro Verlust – bei rund 900 Millionen Euro Umsatz. Und dass, obwohl sie allein an der Vermietung von 14 Maschinen an Air Berlin pro Jahr mehrere Millionen Euro mehr einnahm, als sie selbst der Flugbetrieb kostete.

Das sind die saubersten Airlines der Welt
Klimaziele werden nicht erreicht Quelle: dpa
Platz 12: Air Berlin Quelle: dpa
Platz 11: Latam Airlines Brasil Quelle: REUTERS
Platz 9: Thomas Cook Airlines Quelle: dpa
Platz 9: Condor Quelle: dpa
Platz 8: Transavia.com Quelle: REUTERS
Platz 7: Jet2.com Quelle: dpa Picture-Alliance

Und durch den Strategieschwenk werden die Zahlen nicht besser. Zum einen fallen die Millionen aus dem Jet-Verleih an Air Berlin weg. Dazu kosten die neuen Maschinen viel Geld. Zwar beschwört Joussen, wie günstig die neuen Flieger seien. „Wir sind wieder so stark und so kreditwürdig“, jubelte er, als der Deal verkündete. „Und unser Finanz-Rating ist so gut, dass wir jetzt deutlich günstiger finanzieren.“ Doch das ist nicht die ganze Wahrheit, so ein Manager eines Konkurrenten. „Neue Maschinen sind gerade beim aktuell noch niedrigen Ölpreis im Betreib in der Regel immer noch teurer als die alten oft sogar abgeschriebenen Maschinen“, sagt der Insider.

Somit unken Branchenkenner, Joussens aktuellem Strategieschwenk in Sachen Jets könnte in ein paar Jahren eine Rückkehr zur alten Strategie folgen. „Wenn in zwei, drei Jahren einer die Tuifly haben will, zögert Fritz garantiert nicht“, urteilt der Manager der Konkurrenz.

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