TV-Rechte für Olympia Zuschauer sitzen bei ARD und ZDF nur in der zweiten Reihe

Ende im Gelände: ARD und ZDF lassen Eurosport auf den milliardenschweren Lizenzen für die globale Sportsause sitzen. Was das für die Sender und die Zuschauer bedeutet.

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Die öffentlich-rechtlichen Sender schauen in die Röhre: Schon bei den nächsten Winterspielen, die 2018 in Südkorea steigen, übernimmt Eurosport. Quelle: dpa

Als die Meldung im Sommer vergangenen Jahres die Runde machte, kam sie nahezu unscheinbar daher, fast schon lapidar. Das US-Unternehmen Discovery hatte sich im Juni 2015 die TV-Rechte der Olympischen Spiele für den europäischen Markt gesichert. Die Amerikaner zahlen dem Internationalen Olympischen Komitee (IOC) dafür stolze 1,3 Milliarden Euro.

Welche Folgen der Kauf dieses wohl attraktivsten weltweiten Sportrechts neben der Fußball-Weltmeisterschaft jedoch entfalten würde, das zeigt sich jetzt: Discovery beziehungsweise sein Tochterunternehmen Eurosport, das die Rechte in Europa an interessierte Sender weiterverkaufen wollte, hat sich nicht mit ARD und ZDF über eine Lizensierung der Bilder einigen können. Finanziell lagen beide Seiten deutlich auseinander; dem Vernehmen nach soll eine Kluft von gut 50 Millionen Euro zwischen den Verhandlungsparteien gelegen haben.

Jetzt schauen die öffentlich-rechtlichen Sender in die Röhre: Erstmals seit Menschengedenken und gefühlt seit der Steinzeit werden zunächst bei den vier künftigen Mega-Events nicht mehr ARD und ZDF den Deutschen alles rund um Olympia servieren. Schon bei den nächsten Winterspielen, die 2018 in Südkorea steigen, übernimmt Eurosport. Rio 2016 war Endstation für den Tross von ARD und ZDF.

Und – ist das schlimm? Nö. Es wurde schlicht mal Zeit. Tatsächlich verzichten ARD und ZDF wie schon lange und von unterschiedlichen Seiten gefordert nun erstmals auf ein attraktives Sportrecht, weil es ihnen zu teuer ist. Den Ruf danach, nicht noch mehr Beitragsgelder für teure Sportrechte auszugeben, die ebenso gut von einem Privat-Sender genutzt werden können, gab es schon oft. Meist verhallte er unbeachtet. So zuletzt beim Kauf der Bundesligarechte, wo ARD und ZDF wieder großflächig zugegriffen hatten.

Nun also die Kehrtwende – zwar zeigen sich der ARD-Sportrechte-Intendant Ulrich Wilhelm und ZDF-Chef Thomas Bellut offiziell enttäuscht über das Verhandlungsergebnis. Tatsächlich sorgen die Spiele alle Jahre wieder verlässlich für attraktive Zuschauerzahlen. Die sind jetzt futsch.

Doch unter dem Strich können beide sogar noch von der nicht wirklich freiwilligen Abstinenz profitieren. Können sie nun doch beweisen, dass sie eben doch nicht jeden Preis zu zahlen bereit sind, den ihnen Rechteinhaber für den Tele-Sport abverlangen. Das kann ihnen in kommenden Verhandlungen von Nutzen sein. Zudem bleibt ihnen die Diskussion um ausufernde Sportkosten nun immerhin einmal erspart.

Deutlich mehr Reklame

Stattdessen können sie sich jetzt, da sie nicht mehr Rechtepartner des IOC und seines deutschen Präsidenten Thomas Bach sind, noch mal um einiges unabhängiger um ihren Auftrag kümmern und beispielsweise Machenschaften und Mauscheleien hinter den Kulissen der globalen Sportsause noch gründlicher ausleuchten. Besonders die ARD hat sich mit ihrem Experten Hajo Seppelt hier bereits einen international hoch beachteten Ruf erarbeitet.

Die Zuschauer wiederum müssen sich jetzt nicht sorgen, dass Athleten oder Wettbewerbe auf dem Bildschirm unsichtbar für sie bleiben: Olympische Spiele gehören wie die Fußball-WM zu jenen Großereignissen, die laut Gesetz im frei empfangbaren Fernsehen gezeigt werden müssen. Eurosport dürfte das hinkriegen. Der Sender garantiert jedenfalls schon mal „eine umfassende Verbreitung der Olympischen Spiele in Deutschland“, mit der er „Anforderungen des IOC sowie die rechtlichen Vorgaben“ sogar noch übertreffe.

Klar ist aber auch, dass Eurosport deutlich stärker darauf angewiesen sein wird, die teuren Rechtekosten über Werbeerlöse zu refinanzieren, als die aus Beiträgen finanzierten ARD und ZDF. Heißt im Klartext: Rund um Skirennen und Bobfahren im Winter und Weitsprung und 100 Meter Freistil im Sommer wird der Zuschauer deutlich mehr Reklame zu sehen bekommen als bisher und vielen lieb ist. Wer mehr sehen möchte als Zusammenfassungen in Sport- und Tagesschau, wird damit leben müssen.

Auf Eurosport kommt die Aufgabe zu, praktisch stellvertretend für die Privatsender den Nachweis zu führen, die Übertragungen vom Spektakel Olympia tatsächlich stemmen zu können. Und das nicht nur praktisch und vor Ort.

Denn noch mal spannender wird nun die Frage, wie Eurosport und seine Mutter Discovery mit Olympia Geld verdienen wollen; die 1,3 Milliarden Euro, die sie Bach und seiner Truppe für die Ringe-Rechte rübergeschoben haben, zahlen die Amerikaner nicht mal eben aus der Portokasse. Zwar sind ihnen schon einige Vertragsabschlüsse mit Sendern in Europa geglückt. So hatte die BBC bereits im Februar eine Einigung mit Eurosport-Chef Peter Hutton erzielt und eine Sublizenz gekauft. Doch mit ARD und ZDF bricht ein wichtiger Baustein aus der Rechte-Refinanzierung weg. Findet Hutton hierzulande nicht doch noch Partner etwa bei den Privatsendern wie RTL oder Sat.1, droht ihm womöglich ein Finanzloch.

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