
Angesichts stark sinkender Zuschauerzahlen im TV und auch an den Rennstrecken will der Sender nach Informationen der WirtschaftsWoche für einen neuen Vertrag nur noch zwischen 30 und 35 Millionen Euro pro Saison zahlen.
Derzeit kosten die Rechte für das Free-TV, die seit fast 25 Jahren bei RTL liegen, 50 Millionen Euro. Der aktuelle Vertrag läuft 2015 aus und gilt nur noch für die am Sonntag beginnende Saison. Auch der Vertrag mit dem Bezahlsender Sky endet nach dieser Saison.
Niedrigster Wert seit 20 Jahren
RTL beklagt inzwischen deutlich sinkende Quoten. Allein von 2013 auf 2014 verlor die Königsklasse bei RTL fast eine Million Zuschauer. Statt 5,3 Millionen schalteten im Schnitt nur noch 4,36 Millionen ein, der niedrigste Wert seit 20 Jahren. Zu Michael Schumachers Glanzzeiten erreichte RTL teilweise mehr als zehn Millionen Zuschauer.
Das Nürburgring-Desaster
Die legendäre Rennstrecke in der Eifel ist für ihre Eigentümer seit Jahren ein Millionengrab. Die Nürburgring GmbH – sie gehört zu 90 Prozent das Land Rheinland-Pfalz und zu zehn Prozent der Landkreis Ahrweiler – ist seit 2006 bilanziell überschuldet und kann sich nur dank immer neuer Landes-Millionen über Wasser halten. Haupt-Verlustbringer ist die Formel 1, die von 2003 bis 2009 ein Loch von 55 Millionen Euro in die Kasse riss. Für das Rennen 2011 kalkuliert das Land mit einem Minus weiteren 13,5 Millionen Euro. Der Landesrechnungshof geht von höheren Kosten aus.
Um aus den Miesen zu kommen, wollten der damalige Nürburgring-Geschäftsführer Walter Kafitz (SPD) und die damalige SPD-Alleinregierung von Kurt Beck mit dem riesigen Erlebnispark „Nürburgring 2009“ zusätzliche Besucher anlocken. Die Einnahmen sollten die Verluste aus der Formel 1 decken. Der Park besteht aus zwei Bauabschnitten: Die Nürburgring GmbH baute ein Erlebniszentrum mit Rennsportmuseum (Ringwerk), eine Achterbahn, eine überdachte Shoppingmeile (Boulevard) sowie zwei Veranstaltungshallen. Der zweite Abschnitt, entwickelt von Kai Richters Firma Mediinvest, umfasst zwei Hotels mit Personalwohnhaus, einen Ferienpark und das Eifeldorf „Grüne Hölle“, in dem sich eine Disco und diverse Restaurants befinden.
Die Baukosten stiegen von ursprünglich geplanten 215 auf 330 Millionen Euro. Der erste Bauabschnitt sollte zur Hälfte, der zweite komplett privat finanziert werden. Bei der Suche nach Investoren für den ersten Bauabschnitt fielen Land und Nürburgring GmbH auf dubiose Finanzvermittler herein. Die für den zweiten Bauabschnitt zuständige Firma Mediinvest von Kai Richter erhielt 85,5 Millionen Euro von der Rheinland-Pfälzische Gesellschaft für Immobilien und Projektmanagement mbH (RIM). Die ist eine hundertprozentige Tochter der Investitions- und Strukturbank Rheinland-Pfalz (ISB), welche wiederum zu hundert Prozent dem Land gehört. Die MSR wurde später mitsamt der Gebäude von Landesgesellschaften übernommen.
Ab Mai 2010 vergab die Nürburgring GmbH den Betrieb des kompletten Parks inklusive der Rennstrecken an die private Nürburgring Automotive GmbH (NAG), die je zur Hälfte Kai Richters Mediinvest und der Düsseldorfer Lindner-Hotelgruppe gehört. Im Februar 2012 kündigte das Land den Betreibern wegen ausstehender Pachtzahlungen. Die NAG geht juristisch gegen die Kündigung vor. Nach ihrer Sicht der Dinge schuldet das Land den Betreibern noch Geld, diese Forderungen habe man mit der Pacht verrechnet. Streit gibt es um die von den Betreibern angekündigte Entlassung von einem Viertel der Belegschaft. Die EU-Kommission prüft nach mehreren Beschwerden von Konkurrenten, ob das Land bei der Verpachtung an die NAG gegen Vergaberecht verstoßen hat.
Die erhofften Besuchermassen bleiben aus. Die als schnellste der Welt geplante Achterbahn funktioniert bis heute nicht. In der „Grünen Hölle“ ist von Oktober bis März nur ein einziges Restaurant durchgängig geöffnet, der Rest ist die meiste Zeit dicht. Das Land wirft den Betreibern zudem vor, die Gebäude vernachlässigt zu haben. In mehreren Restaurants ist Schimmel aufgetreten. Der Landesrechnungshof schätzt den zusätzlichen Investitionsbedarf des Landes in den nächsten 20 Jahren auf bis zu 420 Millionen Euro.
Wegen ihrer Rolle bei der gescheiterten Privatfinanzierung hat die Staatsanwaltschaft Koblenz im Februar 2012 Anklage wegen Untreue gegen den ehemaligen rheinland-pfälzischen Finanzminister Ingolf Deubel (SPD) erhoben. Auch der frühere Nürburgring-Hauptgeschäftsführer Walter Kafitz und zwei weitere ehemalige Manager der Nürburgring GmbH wurden wegen Untreue angeklagt. Der frühere ISB-Chef und ein RIM-Manager wurden wegen Beihilfe zur Untreue angeklagt. Die Ermittlungen wegen des Verdachts der Untreue gegen Kai Richter dauern an.
Auf den Zuschauerschwund hat der Sender inzwischen reagiert und das Formel-1-Programm reduziert. Der Bericht von den Qualifikationsfahrten am Vortag wird um 30 Minuten gekürzt, die Vorberichterstattung am Renntag um 20 Prozent auf eine Stunde. Werbekunden bietet RTL den teuersten 30-Sekunden-Spot statt für bis zu 84.000 Euro für nur noch 60.600 Euro an.