Die Aufruhr in London ist groß: Am Freitag wurde bekannt, dass die Lizenz des Fahrdienstvermittler Uber in London nicht verlängert wird. Nach Angaben des Unternehmens buchen in London rund 3,5 Millionen Menschen Fahrten über die App. Etwa 40.000 Menschen würden ihren Arbeitsplatz verlieren. Eine Petition an den Londoner Bürgermeister soll das Verbot abwenden.
Die Londoner Behörden meinen, das Unternehmen Uber sei nicht „fähig und geeignet“, um eine Verlängerung der Lizenz zu erhalten. Die zuständige Behörde Transport of London teilte mit, dass Uber nicht genug Verantwortungsbewusstsein hinsichtlich der Fahrgastsicherheit zeige. Dabei handelt es sich bei den englischen Fahrern um lizensierte Fahrer, keine Privatpersonen.
In Deutschland ist das Unternehmen mit seiner alten Strategie gescheitert: Ende 2013 versuchte Uber den Fahrdienst UberPop auf dem deutschen Markt zu starten. Das Konzept ist einfach: Privatleute bieten mit dem eigenen Auto Fahrten an. Kunden buchen und bezahlen die Fahrt über eine App. Die Fahrten kosten meist deutlich weniger als eine normale Taxifahrt. Aber das deutsche Personenbeförderungsgesetz erlaubt UberPop nicht. Ohne Personenbeförderungserlaubnis, darf in Deutschland niemand Personen gewerblich transportieren.
Das Wichtigste zu Uber
Uber, eigentlich Uber Technologies Inc, gegründet im März 2009, startete seinen Service 2011 in San Francisco. Zunächst beschränkte sich das Angebot auf einen Chauffeur-Service („UberBlack“), der für einen etwas höheren Preis Limousinen als Alternative zu den im Silicon Valley damals notorisch knappen Taxis bot. Das Unternehmen expandierte aber schnell in andere US-Metropolen, von 2012 an auch international, und erweiterte auch seine Dienste. In vielen US-Metropolen und seit November 2015 auch in London können Uber-Fahrer mehrere Fahrgäste unterwegs aufnehmen und eine Art Sammeltaxi auf Zeit bilden; die Kunden teilen sich den Preis („UberPool“). Der bei Kunden erfolgreichste, aber auch mit Abstand kontroverseste Service ist UberX (In Deutschland bis April 2015 als „UberPop“ im Angebot). Dabei kann der Kunde über sein Smartphone in der Nähe befindliche Privatleute anheuern, die ihn gegen Geld mit ihrem Auto befördern, von Uber vermittelt. In der Regel unterbietet Uber so den Preis einer vergleichbaren Taxifahrt um 25 bis 40 Prozent. Uber gilt als das am höchsten bewertete Start-up der Welt- Der Umsatz soll schnell wachsen, allerdings schreibt Uber noch hohe Verluste.
Der Kunde gibt auf seinem Handy den gewünschten Abholort ein. Nach der Eingabe des Zielorts erscheinen die verfügbaren Uber-Fahrer in der Nähe seines Standortes als kleine Auto-Symbole in der App. Auf Wunsch kann nun der voraussichtliche Fahrpreis angezeigt werden. Nachdem der Kunde die Fahrt verbindlich bestellt hat, bekommen die Uber-Fahrer den Fahrwunsch samt Strecke auf ihrer App angezeigt. Nimmt ein Fahrer an, sieht der Fahrgast dessen Bewertung durch frühere Kunden, den Autotyp und Namen des Fahrers.
Das Kernprodukt ist, technisch gesehen, das Routing der Fahrer zum möglichst attraktivsten und nächsten Kunden. Da das System mit GPS arbeitet, kann der Fahrtpreis grob vorausberechnet werden und ein Taxameter ist nicht nötig. Nach der Fahrt wird der Kunde seinerseits aufgefordert, den Fahrer zu bewerten. Um die Bezahlung muss er sich nicht kümmern; die Abbuchung erfolgt automatisch von der bei der ersten Anmeldung hinterlegten Kreditkarte oder PayPal.
Vor allem der Peer-to-Peer-Dienst, bei dem Privatpersonen andere Privatleute gegen Geld befördern, ist es, der von Taxiunternehmen heftig bekämpft wird. In Deutschland ist er seit Frühjahr 2015 sogar ganz untersagt, seit Gerichte den Argumenten der Taxibranche folgten. Die argumentierten mit unlauterem Wettbewerb: Bei UberPop (in anderen Ländern UberX) werden die oft nebenberuflichen Fahrer lediglich auf ihr Verkehrspunktekonto und auf ein Polizeiliches Führungszeugnis überprüft, während Taxifahrer einen Personenbeförderungsschein, Gesundheitsprüfungen, besondere Versicherungen und (wenn sie ihr eigenes Unternehmen gründen wollen) in vielen Städten eine teure Lizenz benötigen. Das Uber-Auto muss lediglich jünger als zehn Jahre sein, vier Türen und Kofferraum aufweisen und natürlich verkehrssicher sein, während Taxis speziell geprüft werden.
Deshalb gab es 2015 einen Gerichtsbeschluss des Landgerichts Frankfurt, der das kommerzielle Mitnehmen bundesweit verbot. Ein Jahr später wurde das Urteil nochmals bestätigt, nachdem Uber Berufung einlegte.
Nach dem Verbot von UberPop ist der Konzern nur noch in Berlin und München aktiv. Das Unternehmen bietet nur noch eine Taxi-App mit zwei verschiedenen Optionen. UberTaxi vermittelt 1500 Berliner Taxis an Kunden, der Marktanteil liegt bei 20 Prozent. Die andere Option heißt UberX. Sie vermittelt Kunden aber auch nicht an Privatpersonen, sondern an Mietwagenunternehmen. Der Konzern überprüft, ob die Mitwagenfahrer die nötigen Genehmigungen haben. In Berlin ist UberX etwa 20 bis 30 Prozent günstiger als ein gewöhnliches Taxi.
„Wir haben mit UberX ein Konzept erarbeitet, das funktioniert und gesetzeskonform ist", sagt Uber-Sprecher Ali Yeganeh Azimi. In Zukunft will das Unternehmen auch wieder in anderen deutschen Städte seine Dienstleistung anbieten. Die Nachfrage würde vermutlich bestehen, Uber müsse nur genug Mietwagenunternehmen als Partner gewinnen. In welche Stadt es als nächstes geht, ist noch nicht klar. Hamburg, Frankfurt und Düsseldorf gelten als aussichtsreich.
Carpooling in Berlin
UberX Berlin soll der Grundstein sein, für das, was noch kommt. Das neue Konzept heißt UberPool. Dabei werden mehrere Fahrten kombiniert, die in die gleiche Richtung gehen. Die Fahrgäste teilen sich den Fahrpreis, die Fahrer haben immer mindestens einen Fahrgast im Auto sitzen und verdienen bei mehr Mitfahrern dazu. Zudem soll UberPool die Verkehrs- und Parkplatzsituation in Berlin entlasten. Da sich mehrere Leute ein Fahrzeug teilen, gibt es weniger Fahrzeuge in der Innenstadt. In den USA läuft das Konzept bereits sehr erfolgreich, in San Francisco ist jede zweite Uber-Fahrt eine geteilte Fahrt.
Doch auch hier gibt es Probleme. In Deutschland ist Carpooling, also das Teilen von Fahrzeugen, verboten. Städte vergeben in wenigen Fällen Ausnahmegenehmigungen, aber nur für wenige Fahrzeuge. „Dass das Pooling gerade im Mobilitätsland Deutschland nicht möglich ist, ist bemerkenswert“, sagt Azimi.
Deshalb warb Uber-Chef Christoph Weigler auch vor der Bundestagswahl für eine Deregulierung des Personenbeförderungsgesetzes in Deutschland. Viele Regeln seien veraltet, unter ihnen das Carpooling-Verbot. Das Unternehmen betreibt Lobbyarbeit und spricht mit Behörden und Politikern, um die Gesetze zu lockern. „Nachdem wir uns vor gut drei Jahren mit UberPOP einiges an Wohlwollen kaputt gemacht hatten, sind wir heute wieder ein gern gesehener Gast, wenn es in Debatten um die Zukunft der Mobilität geht“, sagt Azimi.
Experte: Gesetzesänderung wird schwer
Verkehrsexperte Stefan Bratzel sieht einen schweren Start für UberPool: „Uber hat wegen seiner Vergangenheit einen schlechten Stand in der deutschen Politik, neue Gesetze durchzubringen wird nicht leicht.“ Grundsätzlich sei Carpooling aber ein Schritt in die richtige Richtung. Das Personenbeförderungsgesetz sei ein Relikt aus vergangener Zeit und würde Innovation in Deutschland verhindern.
Innovation schaffen soll auch der neue Service UberEats. Damit bestellen Kunden ihre Gerichte bei örtlichen Restaurants, Auto- und Fahrradfahrer liefern sie dann aus. Eigentlich sollte der der Lieferdienst 2017 in Berlin starten. Geschehen ist das bisher aber noch nicht. „Früher oder später wird UberEats auch nach Deutschland kommen“, verspricht Azimi „ein genaues Datum gibt es aber noch nicht.“ Ende 2016 ist das Konzept erstmals im deutschsprachigen Raum, in Wien, gestartet.
Elektroautos für München
Eine andere Uber-App-Option wird aber definitiv beginnen. In Zukunft will das Unternehmen auf Umweltschutz setzen. So sollen Münchener Uber-Nutzer bald über das Angebot „Uber Green“ auch Fahrten in einem Elektroauto buchen können. 30 E-Autos werden ab November 2017 durch München fahren, erst einmal in einer dreimonatigen Testphase. „30 E-Autos sind im Verhältnis ausreichend, wenn die Kunden bereit sind, ein bisschen länger zu warten“, sagt Azimi. In London sollen bis 2025 sogar alle Uber-Fahrer auf vollelektrische Fahrzeuge wechseln.
Wenn es in London überhaupt mit Uber weitergeht: Das Unternehmen hat drei Wochen Zeit, Beschwerde gegen den Beschluss einzureichen. Uber hat schon angekündigt, gegen das Urteil Berufung einzulegen. Die Unterschriftenaktion lief zumindest äußert erfolgreich. Am Dienstag Nachmittag hatte die Petition schon mehr als 780.000 Unterstützer. Während des Berufungsverfahrens darf das Unternehmen weitermachen.
Aber das Unternehmen zeigt Reue und will sein Konzept überdenken: „Im Namen von allen bei Uber weltweit entschuldige ich mich für die Fehler, die wir gemacht haben“, schrieb der internationale CEO Dara Khosrowshahi in einem offenen Brief an die Londoner.