
Mitfahrdienste wie Uber oder Wundercar kommen nicht zur Ruhe: Die Fahrer gehen massive Risiken ein, wie Berichte des "Hessischen Rundfunks" (HR) und des Magazins "Taxi Times" zeigen. Das Problem liegt in der mangelhaften Absicherung der Privatfahrer. Zwar unterzeichnen sie bei Uber einen Vertrag - dieser ist aber nach Ansicht von Experten so löchrig, dass sie nicht nur keinerlei Anspruch auf Bezahlung haben. Im Falle von Streitigkeiten oder Unfällen können sie außerdem nicht auf Unterstützung des Unternehmens hoffen. Regressforderungen und Bußgelder können dann schnell die Existenz bedrohen.
Die "Taxi Times" warnt zudem vor einer fristlosen Kündigung des KFZ-Haftpflichtversicherers und berichtet von einem Fall aus Hamburg. Der Betroffene hatte die Nutzung seines Wagens als "überwiegend privat" angegeben, ließ sich aber über die Wundercar-App Fahrgäste vermitteln. Die Hamburger Verkehrsbehörde fragte beim Versicherer nach, wie in einem solchen Fall die Haftpflichtpolice zu bewerten sei und verwies auf den konkreten Fall.
Der Versicherer reagierte prompt mit einer Kündigung. Die Begründung: "Da sich aus der geänderten Nutzungsart eine Gefahrenerhöhung ergibt, haben wir von unserem außerordentlichen Kündigungsrecht nach § 24 Versicherungsvertragsgesetz Gebrauch gemacht und den Vertrag gekündigt." Es ist der erste bekannte Fall einer Kündigung in Zusammenhang mit den Mitfahr-Apps in Deutschland.
Uber-Fahrer tötet Sechsjährige
In den USA ist die Diskussion über den Versicherungsschutz schon länger im Gange - aus tragischem Anlass. Hier hatte ein Uber-Fahrer an Silvester an einem Fußgängerüberweg in San Francisco eine Mutter und ihre zwei Kinder angefahren. Das sechs Jahre alte Mädchen verstarb, Mutter und Bruder wurden schwer verletzt.
Laut US-Medienberichten deckt die private Versicherung des Fahrers bei weitem nicht die Kosten für Schmerzensgeld, Schadenersatz und Behandlung. Die Familie verklagt daher Uber - das Unternehmen weist jedoch jede Verantwortung von sich. Dem Fahrer droht der finanzielle Ruin.
Uber-Fahrern in Deutschland könnte es laut dem "HR"-Bericht ähnlich ergehen. Laut Rechtsexperten liegt bei Unfällen "das gesamte Risiko allein beim Fahrer" sagte die Arbeitsrechtlerin Lara Sherman. Sie warnte an Uber interessierte Privatfahrer davor, den Vertrag zu unterzeichnen.
Fallen im Kleingedruckten
Eine Falle ist etwa die Klausel zum Entschädigungsanspruch. Zwar haftet Uber über eine zusätzliche Versicherung für die Partner, wenn die KFZ-Versicherung einen Unfall nicht abdeckt. Über den Entschädigungsanspruch kann sich Uber das Geld aber beim Fahrer zurückholen. Selbst, wenn die KFZ-Versicherung den Vertrag nicht kündigt, reicht sie unter Umständen wie im Falle des US-Fahrers nicht aus. Bei vorsätzlichem Verhalten muss der Fahrer sogar für den gesamten Schaden aufkommen; da kann es schnell um Millionen gehen.
Zudem hätten die Fahrer keinerlei rechtlichen Anspruch auf Bezahlung. Im Vertrag steht ausdrücklich: "Als Gegenleistung für die Annahme und vollständige Ausführung einer Anfrage erhalten Sie keine vereinbarte Vergütung für die Ausführung der Anfrage. Für die Fahrt kann lediglich eine freiwillige Servicepauschale anfallen. Sie erklären sich damit einverstanden, dass sie keinen Anspruch auf eine bestimmte Servicepauschale haben." Im Streitfall haben die Fahrer also keine rechtliche Handhabe, an ihr Geld zu kommen.
Zudem besteht nach wie vor der Streit um das Personenbeförderungsgesetz. Zuletzt hatte Hamburg Uber mit dem Verweis darauf verboten. Die Fahrer hätten keinen Personenbeförderungsschein - dieser ist aber gesetzlich vorgeschrieben, wenn gewerblich Personen transportiert werden.
Ubers Reaktion besteht lediglich in der Forderung, die bestehenden Regelungen "an neue Marktentwicklungen" anzupassen. Solange dies aber nicht geschieht, begehen Uber-Fahrer eine Ordnungswidrigkeit. Die Stadt Hamburg kündigte Strafen in Höhe von 1000 Euro an. Auch solche Bußgelder trägt laut Vertrag allein der Fahrer.
Des Weiteren spricht der Vertrag den Fahrern jegliches Recht auf ein ordentliches Gerichtsverfahren ab. Sollte es zu Konflikten kommen, muss der Fahrer sein Anliegen auf Englisch einem Schiedsgericht in Amsterdam vortragen - so will es eine weitere Klausel.
Daher raten Rechtsexperten Privatleuten dringend davon ab, für Uber zu fahren. Der Vertrag sei "einseitig und risikoreich" und eine Art "Knebelvertrag". Uber kann den Vertrag im Übrigen jederzeit seinerseits kündigen. Der Fahrer aus San Francisco wurde unmittelbar nach dem tödlichen Unfall rausgeworfen.