
Bei der Hochtief-Hauptversammlung vor einem Jahr in Essen schuf ACS-Chef Florentino Pèrez Fakten. Herbert Lütkestratkötter trat gezwungenermaßen und unter Tränen von seinem Amt als Vorstandschef zurück. Der bis dahin wenig profilierte Frank Stieler – erst seit zwei Jahren im Vorstand des größten deutschen Bauunternehmens – wurde sein Nachfolger. Denn das Traditionsunternehmen hatte nach acht Monaten vergeblicher Gegenwehr seine Selbstständigkeit verloren. Der hoch verschuldete spanische Hochtief-Großaktionär und Wettbewerber ACS hatte nun die Kontrolle über den finanziell gesunden Essener Konzern.
Bedrohliche Situation
Ein Jahr später hält ACS gut 50 Prozent der Hochtief-Aktien. Bei der Hauptversammlung am Mittwoch wollte ACS die Folgen des Übernahmekampfes hinter sich gelassen haben und Hochtief in bester Performance präsentieren. Doch das Gegenteil ist der Fall.





Die feindliche Übernahme erweist sich für ACS-Chef Florentino Pérez, der auch Präsident von Real Madrid ist, als Pyrrhussieg. Der deutsche Bauprimus mit 26 Milliarden Euro Bauleistung und 75 000 Mitarbeitern steckt in einer Identitäts- und Performancekrise. Der von ACS eingesetzte Hochtief-Chef Stieler bekommt die Probleme insbesondere des Australien-Geschäfts nicht in den Griff. Zugleich wird die Finanzsituation von ACS nach Ansicht von Experten bedrohlich.

In der zweiten Aprilhälfte zwangen die ausländischen Gläubiger-Banken - vor allem Societé Générale und UBS -, Pérez wegen Nettoschulden von fast 10 Milliarden Euro zu Verkäufen von Unternehmensbeteiligungen, um Kasse zu machen. Hochtief sei zwar erst einmal nicht davon betroffen, glaubt Rupert Cocke, Spanien-Chef des Finanzdiensts Mergermarket, aber Pérez Position im Vorstand sei natürlich stark geschwächt. Das Unternehmen sei derzeit strategielos.
Kursrutsch bei ACS
Vor etwas mehr als einer Woche musste ACS in einer Blitzaktion 3,7 Prozent seiner 18,5prozentigen Beteiligung an dem spanischen Energieunternehmen Iberdrola verkaufen, das Pérez eigentlich wie Hochtief feindlich übernehmen wollte. Erhebliche Kursverluste waren die Folge. Die Iberdrola Aktie sank in einer Woche von 17 auf rund 13 Euro. Dann musste Pèrez auch noch seinen Zehn-Prozent-Anteil an dem spanischen Bau-Unternehmen Abertis verkaufen. Dafür erlöste er 875,3 Millionen Euro. ACS kann so rund sieben Prozent der Nettoschulden abbauen", schätzt María Cebollero, Analystin bei der Banco Sabadell.
Neben dem Wertverlust von ACS - in einem Jahr sank der Kurs um mehr als 50 Prozent - machen den Banken die verbleibenden 15 Prozent Kopfschmerzen, die ACS an Iberdrola hält. Denn fällt der Iberdrola-Kurs, dann steigen die Garantien, die ACS im Zusammenhang mit Iberdrola bereitstellen muss, schwindelerregend, weil Pèrez den Kauf der Iberdrola-Anteile über sogenannte Equity-swaps finanziert hatte.
Der Bau-Tycoon gilt als “erledigt”, sagt ein Investmentbanker gegenüber der WirtschaftsWoche. Hinzu kommt die wenig erfreuliche Entwicklung in Deutschland.