Eigentlich wollte Lars Horstmann, Vorstand der Easy-Apotheken-Holding in Düsseldorf, ja nur bei einigen Film-Produktionsfirmen anfragen: Ob sie nicht einen Beitrag über die neue Easy-Apotheke drehen wollten, die gerade in einer Art Edel-Container auf einem Parkplatz vor einer Supermarktkette in Moers aufgestellt wird? Insgesamt steuert Easy über hundert Apotheken im gesamten Bundesgebiet.
Die Fernsehmacher hatten allerdings eine andere Idee. RTL fragte an, ob Horstmann nicht den „Undercover Boss“ spielen wolle. Das Konzept: Der Chef schlüpft für mehrere Tage incognito in die Rolle eines Praktikanten und lernt das Unternehmen von ganz anderen Seiten kennen. Horstmann musste nicht lange überlegen.
Easy-Apotheken-Chef Horstmann im TV-Experiment
Aus dem Vorstandschef wurde – mit Perücke und falschem Bart kaum zu erkennen - der arbeitssuchende Gärtner Sven Voigt, der wegen Rückenproblemen nicht mehr in seinem Beruf arbeiten kann und daher ein Praktikum in der Pharmazie macht. Das RTL-Team drehte unter dem Vorwand, eine Reportage über das Apothekensterben und das Konzept der Easy-Apotheken zu filmen. Eingeweiht waren nur die jeweiligen Apotheken-Inhaber.
Fünf Tage dauerte das Experiment. Für den verkappten Vorstandschef gab es in der Zeit reichlich zu tun: In Heilbronn arbeitete Horstmann als Kassierer, in Hannover räumte er das Lager auf, in Hildesheim verpackte er Medikamente für Online-Bestellungen, in Berlin-Wilmersdorf half er beim Auftragen einer Gesichtsmaske in der Kosmetikecke. Und in Berlin-Adlershof – leider nicht in der TV-Ausstrahlung zu sehen – schlüpfte der angebliche Praktikant für zwei Stunden in ein Ganzkörperkostüm in Form einer Pille, um Kunden in die neu eröffnete Apotheke zu locken.
„Am anstrengendsten“, erinnert sich Horstmann, „war der Dreh in Heilbronn.“ Gedreht wurde im Spätsommer bei 40 Grad im Schatten, Horstmann schwitzte unter seiner Perücke. Zwei Stunden lang wiederholte das Team die Szene, wie der neue Praktikant an seinem ersten Arbeitstag die Apotheke betritt. Immer wieder wurden die Aufnahmen unterbrochen, weil Passanten durchs Bild liefen oder in die Kamera winkten. Als die Szene endlich im Kasten war, stand der „Undercover Boss“ völlig verschwitzt in der Apotheke. „Wie siehst du denn aus?“, begrüßte ihn die die Apotheken-Kassiererin, „geh dich erst mal frisch machen.“ Eine halbe Stunde brauchte Horstmann alias Voigt im Waschraum; mit der Perücke war das alles etwas komplizierter. „Was brauchst du denn eine halbe Stunde auf der Toilette?“, raunzte ihn die Kassiererin an. Was für ein Start.
"Das ist wirklich alles echt"
Als Horstmann schließlich zum Einsatz an die Kasse durfte, machte er sogleich Optimierungsbedarf aus: die Kassenmöbel waren unpraktisch angeordnet, das Fach mit den Tüten zu weit entfernt. Auch im Lager in Hildesheim bemerkte er Missstände: der kaputte Boden soll nun bald erneuert werden. In Berlin bemerkte der „Undercover Boss“, dass das Kosmetikregal neue Schienen braucht, weil die Schrauben häufig abbrechen.
Ein schwieriger Part steht dem 44-jährigen studierten Betriebswirt am Ende der Real-Life-Doku bevor. Wieder zurück in der Zentrale zitiert der Easy-Chef die Mitarbeiter, mit denen er während seiner angeblichen Praktikantenzeit zusammengearbeitet hatte, in einem offiziellen Schreiben zu einem Vier-Augen-Gespräch nach Düsseldorf – ohne Angabe von Gründen.
„Die haben bestimmt schlecht geschlafen“, mutmaßt er. Die RTL-Dramaturgie verlangte, dass er an dieser Stelle den strengen Chef gibt. Horstmann, der sonst schon mal leger im Pullover über die Flure der Düsseldorfer Zentrale läuft, hat sich entsprechend zurechtgemacht: dunkler Anzug, Krawatte, Manschettenknöpfe.
„Was glauben Sie, warum Sie hier sind?“, fragt er dann die angespannten Mitarbeiter. Die meisten drucksten rum. Horstmann, jetzt wieder Chef, lässt sie noch ein wenig schmoren. Schließlich hakt er nach: „Kennen wir uns nicht irgendwo her?“ Da fällt dann bei den meisten der Groschen.
Am Ende geht alles gut aus. Zum Konzept der Sendung gehört, dass die Mitarbeiter mit guten Nachrichten vom Chef nach Hause gehen dürfen - Belobigungen, schöne Dienstreisen oder gar Beförderungen. „Am meisten hat mich erstaunt, dass keine Dialoge vorgegeben waren“, sagt Horstmann, der über keine schauspielerische Erfahrung verfügte, „das ist wirklich alles echt.“ Mit der Verkleidung tat er sich freilich nicht schwer – das kennt der Rheinländer vom Karneval.
Wie sich Apothekenchef Horstmann geschlagen hat, können die Zuschauer am Montag ab 21.15 Uhr bei RTL verfolgen. Die Erwartungen beim Sender dürften hoch sein: Die erste Folge der neuen Staffel – ausgestrahlt am vergangenen Montag - mit einem der Gründer von MeinFernbus Flixbus sahen über fünf Millionen Zuschauer.