Zuerst haben die US-Linien nicht nur lästige Gehaltsverträge abgeschüttelt und Leute rausgeworfen. Alle drei haben sich nach der Gläubigerschutz-Kur mit anderen Fluglinien zusammengetan – und die Bedingungen mir ihren künftigen Kunden und Mitarbeitern noch zu Chapter-11-Bedingungen verhandelt. Dazu gehörte auch, dass sie ihre Fusionen ohne Rücksicht auf Partnerschaften im Rest der Welt durchgezogen. So schluckte Lufthansa-Partner United den Wettbewerber Continental, der zuvor noch zu Skyteam um Air France gehörte. American fusionierte mit US Airways. Und Delta verleibte sich Northwest ein.
Die wichtigsten Fusionen der US-Airlines
Im April 2008 gaben Delta Air Lines und Northwest Airlines ihre Fusionspläne bekannt, die im Oktober nach Zustimmung der Kartellbehörde und der Aktionäre beschlossen wurde. Durch die Verbindung mit Northwest stieg Delta zur damals größten Fluggesellschaft der Welt mit 786 Flugzeugen und 75.000 Angestellten auf. Der Zusammenschluss geschah aus der Not heraus: Die Nachwirkungen der Terroranschläge des 11. Septembers, steigende Kerosinpreise und die beginnende Weltwirtschaftskrise brachten in dieser Zeit viele Airlines in Bedrängnis.
Beide Airlines hatten erst wenige Monate zuvor den Gläubigerschutz nach Chapter 11 verlassen. Durch den Zusammenschluss wollten die beiden unter Druck stehenden Airlines Synergien nutzen und Kosten in Höhe von einer Milliarde Euro zu sparen. Northwest-Chef Richard Anderson wurde als CEO der neuen Mega-Gesellschaft erkoren und hat den Posten bis heute inne.
Zwei Jahre nach der Übernahme von Northwest durch Delta setzte sich die Konsolidierung der amerikanischen Flugbranche in einem zweiten Mega-Merger fort. Im Frühjahr 2010 kündigten United Airlines und Continental Airlines ihren Zusammenschluss an. Die beiden Fluggesellschaften rechneten sich hohe Synergieeffekte durch Kosteneinsparungen und zusätzliche Umsätze durch das stark erweiterte Streckennetz aus. Nach einem Aktientausch fanden die Airlines unter dem Dach der neugegründeten United Continental Holding (UAL) zusammen.
Die jüngste Mega-Fusion in der US-Luftfahrt hatte es in sich: Aus American Airlines und US Airways wurde 2013 die größte Fluggesellschaft der Welt mit einem Gesamtumsatz von damals gut 38 Milliarden Dollar. Der Zusammenschluss der beiden Fluggesellschaften gilt als Endpunkt der Konsolidierungswelle in der amerikanischen Flugbranche an deren Ende nur noch die drei „legacy carriers“ American Airlines, United Airlines und Delta Air Lines übrig blieben.
Gleichzeitig schraubten die Linien auch ihren Service ohne Sentimentalität nach unten. Hierzulande galt es als kleine Katastrophe für das Image der Lufthansa, als sie ihren hoch defizitären Europaverkehr teilweise an ihre Billigtochter Germanwings übergab. Delta & Co. haben den Umweg über eine Billigtochter aufgegeben und sind selbst billig geworden. Sie bestuhlten ihre Flieger enger und strichen Gratisangebote - vom Essen bis zur Beförderung des Gepäcks.
Zu guter Letzt haben die Linien ihr Flugangebot verändert und viele Verluststrecken dicht gemacht, auch wenn die als Muss galten, damit die Mitglieder der Vielfliegerprogramme eine Chance zum Verbrennen ihrer Meilenkonten hatten. Wenn sie überhaupt gewachsen sind, dann dort wo es weniger Konkurrenz gab. Das sorgte für volle Flieger, wenig Wettbewerb und mehr Gewinn.
Milliarden an Schulden
Doch noch ist der Erfolg brüchig. Der Höhenflug der US-Airlines kann ein jähes Ende finden. "Die sind erst am Mittelpunkt ihres Umbaus", urteilen die Marktforscher von CAPA.
Fast alle tragen hohe Schulden mit sich herum, nicht zuletzt weil sie im Werben um die Investoren ihre Gewinne lieber für Dividenden oder Aktienrückkäufe nutzen. Delta hat zwar seit 2009 zwei Drittel der Schulden abgebaut, schleppt aber immer noch weitere sechs Milliarden Dollar Miese mit sich rum. Bei United sind es gar 18 Milliarden.
Unsicher ist auch, wie lange die Selbstbeschränkung beim Wachstum hält. Denn gerade weil die etablierten Fluglinien und auch klassische Billigflieger wie Southwest viele Strecken geräumt haben, gibt es reichlich Platz für eine neue Airline-Generation von Ultra-Billigfliegern. Im Gegensatz zu europäischen Geiz-Gesellschaften setzen Spirit oder Allegiant auf Konfrontation und starten in den großen Drehkreuzen mit Kampfpreisen. "Da dürfte die Gemütlichkeit mit knappem Angebot und hohen Preisen irgendwann kippen", ahnen die CAPA-Analysten.
Zumal sich mit den Golflinien Etihad, Qatar und Emirates gerade Angreifer aus dem Osten anschicken, den amerikanischen Markt aufzumischen.
Noch größer ist die Gefahr, dass die reformierten Airlines bei allem Erfolg in alte Gewohnheiten zurückfallen und nicht mehr auf ihre Kosten achten. So gewährten bereits einige Linien großzügige Gehaltserhöhungen. Edel-Billigflieger Virgin zahlt Bediensteten seit dem vorigen Jahr bis zu 15 Prozent mehr und auch American plant für dieses Jahr allein für höhere Pilotengehälter Mehrkosten von 650 Millionen US-Dollar ein.
Mit ähnlichen Exzessen begann schon die letzte große Krise zur Jahrtausendwende. Spätestens damit würden die US-Airlines alle Fortschritte gefährden, die sie sich bislang auf höchst unterschiedliche Weise erkämpft haben.