Ist das so kompliziert?
Ja sicher: Allein in Deutschland haben wir gut 70 legale Download-Anbieter. Alle haben ein eigenes Abrechnungsmodell – das kann der Künstler natürlich theoretisch alleine in Angriff nehmen. Praktisch muss er es aber dann auch erst einmal hinkriegen. Denn das Thema ist im Detail alles andere als trivial. Dazu muss man eine eingespielte Logistik und Administration besitzen. Und das bei teilweise kleinsten Cent-Beträgen, aus denen sich in der Summe ein Honorar zusammensetzt. Deshalb sagt heute die Mehrzahl der Künstler: Bitte – nehmt uns das ab! Nicht nur an dem Punkt definieren wir uns heute viel stärker als Serviceunternehmen für unsere Künstler als das früher vielleicht der Fall war.
Aber über Facebook, Twitter und andere Angebote können sich Bands heute auch gut ohne Ihre Hilfe einen Namen machen?
Auch hier gilt: Sie müssen erst einmal bekannt werden. Natürlich kann sich jeder einen Twitter- oder Facebook-Account zulegen. Aber das machen wir auch, und das in weit größeren Dimensionen: Jeden Monat haben wir mit unseren eigenen und den Künstlerseiten, die wir betreuen, 300 Millionen Kontakte mit Fans und Verbrauchern.
Das ist erst mal nur eine Zahl…
Ja, aber dieses Potential muss man auch erst einmal aufbauen. Und vor allem wissen wir, es auch für uns und unsere Künstler zu nutzen. Das hilft beispielsweise, in der Werbung, viel Geld zu sparen.
Top 10 Meistverkaufte Singles in Deutschland 2012
Künstler: Olly Murs feat. Rizzle Kicks
Titel: Heart Skips A Beat
Firma: Sony
Independent: Nein
Herkunft: UK
Künstler: Laureen
Titel: Euphoria
Firma: Warner
Independent: Nein
Herkunft: Schweden
Künstler: PSY
Titel: Gangnam Style
Firma: Universal
Independent: Nein
Herkunft: Südkorea
Künstler: Rihanna
Titel: Diamonds
Firma: Universal
Independent: Nein
Herkunft: USA
Künstler: Carly Rae Jepsen
Titel: Call Me Maybe
Firma: Universal
Independent: Nein
Herkunft: USA
Künstler: Asaf Avidan & The Mojos
Titel: One Day/ Reckoning Song
Firma: Sony
Independent: Nein
Herkunft: Israel
Künstler: Lykke Li
Titel: I Follow Rivers
Firma: Warner
Independent: Nein
Herkunft: Schweden
Künstler: Gotye Feat. Kimbra
Titel: Somebody That I Used To Know
Firma: Universal
Independent: Nein
Herkunft: Australien
Künstler: Die Toten Hosen
Titel: Tage wie diese
Firma: JKP/ Universal
Independent: Ja
Herkunft: Deutschland
Künstler: Michel Telo
Titel: Ai se tu pego
Firma: Universal
Independent: Nein
Herkunft: Brasilien
Wie das?
Wir gehen nicht mehr von vornherein in die Vollen und buchen vom Start weg eine teure Marketing-Kampagne, sondern wir testen einen neuen Künstler und seine Musik bzw. die Resonanz, die sie auslösen, erst einmal online. Um zu gucken: Wo greift eigentlich was, wo passiert was? Danach richten wir dann unsere Marketing-Spends aus. Erst, wenn wir Online so was wie Traktion spüren, gehen wir in den Mainstream und planen entsprechend hohe Budgets ein.
Die Branche knüpft große Hoffnungen an die noch recht jungen Streaming-Anbieter wie Spotify oder Simfy. Deutschland hinkt allerdings Schweden sehr weit hinterer. Woran liegt das?
Vor allem daran, dass die Voraussetzungen auf den skandinavischen Märkten ganz andere sind als hierzulande. Erstens ist mobile Hardware dort deutlich verbreiteter. Zweitens ist auch die Internet-Nutzung viel größer. Und drittens ist Payment kein Problem; digitales Kreditkarten-Payment klappt dort, während dagegen hierzulande noch viele Ressentiments bestehen. Hinzu kommt, dass der populärste Streaming-Anbieter Spotify aus Schweden kommt, und das Thema auch deshalb dort einen ganz anderen Stellenwert besitzt. Aber ich glaube schon, dass sich solche Angebote auch auf dem deutschen Markt entwickeln werden. Es wird noch mehr mobile Endgeräte geben, der Breitband-Zugang wird sich verbessern und ich erwarte auch beim Thema Payment deutliche Fortschritte. Das ist ja ein Thema, das nicht nur die Musikbranche, sondern alle Inhaltegeschäfte wie etwa den Journalismus betrifft: Wie bekomme ich die Leute überhaupt in ein Bezahlmodell hinein?