Rund zwei Dutzend Museumsparks weltweit wollen ihre Heimatregion mit auffälligen Ausstellungshallen als Reiseziel für Kulturfreunde etablieren, so wie es das Guggenheim in Bilbao schaffte. Das teuerste Projekt leistet sich Abu Dhabi mit drei Museen auf künstlichen Inseln.
Das originellste und umfassendste indes ist Inhotim, die Stadt der Kunst im subtropischen Bergland Brasiliens. Zwei Autostunden vor Belo Horizonte im Südosten des Riesenlands hat Rohstoffmilliardär Bernando Paz auf seiner Privatranch auf gut einem Quadratkilometer 24 Ausstellungsgebäude mit gut 4000 Werken in einen Skulpturenpark voller tropischer Pflanzen gestellt. Ringsum baut Paz bald zehn Hotels, ein Amphitheater für 15.000 Besucher und Apartmenthäuser. Künstler schätzen den Park wegen der kreativen Möglichkeiten. „Es gibt keine Grenzen“, verspricht Paz, der die enthusiasmierte Kundschaft auch ganz nüchtern durch einen Museumsshop lotst.
Die Museen mit den meisten Besuchern weltweit (in Millionen)
Louvre (Paris)
Quelle: AECOM, The Art Newspaper; Zahlen für 2013
National Museum of Natural History (Washington)
Quelle: AECOM, The Art Newspaper; Zahlen für 2013
National Museum of China (Peking)
Quelle: AECOM, The Art Newspaper; Zahlen für 2013
National Air and Space Museum (Washington)
Quelle: AECOM, The Art Newspaper; Zahlen für 2013
British Museum (London)
Quelle: AECOM, The Art Newspaper; Zahlen für 2013
Metropolitan Museum of Art (New York)
Quelle: AECOM, The Art Newspaper; Zahlen für 2013
National Gallery (London)
Quelle: AECOM, The Art Newspaper; Zahlen für 2013
Vatikan Museen (Rom)
Quelle: AECOM, The Art Newspaper; Zahlen für 2013
Natural History Museum (London)
Quelle: AECOM, The Art Newspaper; Zahlen für 2013
Deutsches Museum (München)
Quelle: AECOM, The Art Newspaper; Zahlen für 2013
Pergamon Museum (Berlin)
Quelle: AECOM, The Art Newspaper; Zahlen für 2013
Keine Berührungsängste
Den Glanz der eigenen Museumsmarke zu Geld machen, diese Kunst beherrscht derzeit keiner besser als ausgerechnet die staatliche französische Museums-Bürokratie. Fast eine Milliarde Euro kassieren die Behörden vom Öl-Emirat Abu Dhabi für ein Rundum-Service-Paket mit mehreren Teilen: Der Golfstaat darf ein Museum nach dem Louvre benennen, die französischen Fachleute kaufen für das Haus in Abu Dhabi mehr als 100 Werke. Dazu kommen 60 Wechselausstellungen nebst Leihgaben von bis zu 300 Schätzen aus zehn prominenten gallischen Galerien wie dem Musée d’Orsay.
Auch Berlins Gemäldegalerie besserte ihren Etat durch zwei nach Japan verliehene Vermeer-Gemälde um rund eine Million Euro auf. Wie lukratives Verleihen auch bei kleineren Museen funktioniert, zeigt das Historische Museum Kanadas in Gatineau nahe der Hauptstadt Ottawa. Direktor Nicolas Gauvin konzipiert Ausstellungen wie „Vodou“ über Haitis Naturreligion verleihfertig mit leicht aufzubauenden Schaukästen und Werbemitteln.
Allerdings hat das System Grenzen. Für Kunstkritiker wie Didier Rykner von der einflussreichen Web-Site „La Tribune de l’Artiste“ ist der Verleihzirkus ein Skandal: „Die Werke sollten im Louvre hängen.“
Teil der Gemeinde
Wenn im Februar 2017 in Kapstadt das erste große Museum für zeitgenössische afrikanische Kunst öffnet, stehen nicht nur Kuratoren und Garderobenhelfer auf der Gehaltsliste. Um den Rückhalt der Gemeinde zu sichern, wirken dort auch Pädagogen und Kunstlehrer. Möglichst täglich sollen Schulklassen in einem der 18 Schulungsräume sein.
Kunstsammler Jochen Zeitz, Ex-Puma-Chef und Aufsichtsrat beim Luxuskonzern Kering, steckt hinter dem Projekt. Er will sein Zeitz MOCAA einbinden in die Stadt und Unternehmen als Sponsoren und Förderer gewinnen (Interview rechts).
In Deutschland hat wohl niemand das Konzept des Museums als Teil der Gesellschaft so perfektioniert wie Max Hollein. Der Direktor des Frankfurter Städel kooperierte etwa für ein Sozialprojekt mit dem Jugendamt: „Für mich endet das Museum nicht an den Wänden des Gebäudes. Es übernimmt Aufgaben, Verantwortung weit über diesen physischen Ort hinaus.“ Auch Unternehmen holt er ohne Scheu an Bord.
Diese Form der Einbeziehung der Kundschaft läppert sich auch finanziell: So sollen vor allem Unternehmen und Privatleute den 270 Millionen Euro teuren Ausbau der Londoner Tate Modern stemmen.