Mit dem Aushändigen der Gutscheine hatte die Deutsch Bahn nämlich das Problem nur weitergereicht. So tobte vor dem Bahnhofsgebäude schon bald ein regelrechter Kampf um die wenigen, noch verfügbaren Taxis. Jedes Mal wenn sich wieder ein freies Taxi dem Bahnhof näherte, wurde es bereits auf offener Straße von den Menschen überrannt und zum anhalten gezwungen. Danach entbrannte jedes Mal ein wilder Bieterstreit um die Plätze aus. Und nun taten auch die Taxifahrer das ihre zur Zuspitzung der Lage.
Angesichts eines solchen Kundenansturms konnten sie es sich leisten, die Preise sukzessive zu erhöhen und jene Kunden mit den ihnen genehmsten Reiseziele auszusuchen. Die Gutscheine stellten sich schnell als absolut wertlos heraus, denn kam ein Taxiunternehmen war bereit, diese zu akzeptieren, angeblich, so sagte man uns, wegen extrem schlechter Rückzahlungskonditionen der Deutschen Bahn.
Viele weigerten sich zudem, gewisse Routen oder Städte überhaupt zu bedienen. Ungewissheit über die Befahrbarkeit von Straßen und die Erreichbarkeit gewisser Ortschaften wurde als Grund genannt. Doch obwohl die Einsatzkräfte der Polizei, die mittlerweile aufgetaucht waren, auf Anfrage der Gestrandeten immer wieder die Befahrbarkeit einzelner Routen bestätigen, hielten die Taxifahrer an ihrer Verweigerungshaltung fest. Profitmaximierung gilt eben auch in stürmischen Zeiten, was an dem Abend trauriger weise auch eine Gruppe Blinder am eigenen Leib erleben musste. Man liess sie mit ihrem Gutschein einfach im Regen stehen.
So dauerte die Suche nach einem willigen Taxifahrer bis um halb 2 morgens, als ich und meine Gruppe glücklicherweise auf ein Taxi stießen, das gerade eben aus Düsseldorf einen Fahrgast gebracht hatte. Auch dort sei die Situation dieselbe wie hier in Essen, meinte der Taxifahrer. Den Gutschein der Deutschen Bahn akzeptierte aber auch er nicht als Zahlungsmittel. Am Düsseldorfer Stadtrand war es dann aber auch schon wieder vorbei mit der Fahrt.
Das Taxi kam aufgrund der zahlreichen gesperrten Strassen nicht mehr in die Stadt und so setze es mich und meine Mitfahrer am Stadtrand aus. Nach einem einstündigen Fußmarsch durch unwirklich wirkende, zum Teil stark beschädigte Strassenzüge, gelangte ich dann endlich zu Hause an. Gut 6 Stunden waren seit dem zwangsmäßigen Halt in Essen vergangen.