UPS, DHL und Co Wie Paketdienste mit dem Weihnachtsstress kämpfen

Besinnliche Weihnachten? Nicht für Paketboten: Lieferdienste laufen auf Hochdruck, um die Paketflut zu bewältigen. Sie hoffen auf das Geschäft des Jahres - und haben riesige Angst vor einem Desaster.

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Paketboten im Dauerstress: Ohne Überstunden kommen die Zulieferer nicht durch die Weihnachtszeit. In der Woche vor den Feiertagen müssen sie bis zu 50 Prozent mehr Pakete austragen. Quelle: dpa Picture-Alliance

Auch mit 85.000 zusätzlichen Aushilfen konnte der Paketdienst UPS das Weihnachtschaos nicht verhindern: Eis und Glätte überzogen das ganze Land, selbst Texas erreichten die Winterstürme. Statt rauszugehen, bestellten die Menschen ihre Pakete im Internet. Doch an Weihnachten warteten sie vergeblich darauf. Statt unter den Tannenbäumen stapelten sich die Geschenke in Lagern des Paketdienstes, der die Menge an Schnee und Paketen nicht zu bewältigen vermochte.

Für UPS entstand dabei ein Millionenschaden. Mehr als 200 Millionen Euro kostete den Paketdienst die Weihnachtskatastrophe, der Gewinn brach ein, genauso wie der gute Ruf des Paketdiensts. Amazon, größter Onlinehändler und UPS-Kunde in den USA, teilte später Gutscheine im Wert von 20 Dollar aus, um seine Kunden zu besänftigen. Der Paketlieferdienst selbst hat Amazon die Panne aber wohl niemals vergessen lassen.

Weihnachten, das ist für viele Onlinehändler und Paketdienste die wichtigste Zeit des Jahres, auch in Deutschland. Etwa 11,2 Milliarden Euro werden Deutsche dieses Jahr im Internet für Geschenke ausgeben, schätzt der Handelsverband HDE. Das wären elf Prozent mehr als im vergangenen Jahr.

So gut sind Deutschlands Paketdienste

Die Deutsche Post oder der Paketdienst Hermes rechnen mit einem neuen Liefer-Rekord. Für die Paketdienste bedeutet die Weihnachtszeit: Höchstleistung, angehäufte Überstunden, Stress - und Risiken. Oft entscheidet sich erst in diesen Wochen, wie hoch der Gewinn der Unternehmen in diesem Jahr ausfällt. Doch wenn die Planungen nicht stimmen, das Wetter abkühlt oder die Mitarbeiter kränkeln, ist die wichtige Weihnachtszeit schnell verdorben.

Um das zu verhindern, heuern die Paketdienste in Deutschland schon Monate vorher massenhaft Aushilfen an: 10.000 zusätzliche Zusteller und Sortierer sind in diesen Tagen bei der Deutschen Post im Einsatz. Hermes, die Nummer zwei im Markt, hat 5400 zusätzliche Kräfte angeheuert, der Paketdienst DPD 4000.

Massenhaft Überstunden für Paketboten

Mit Überstunden müssen die Zulieferer trotzdem rechnen. 3,4 Millionen Pakete tragen die Zusteller der Deutschen Post an einem durchschnittlichen Tag aus. Vor Weihnachten sind es acht Millionen Pakete. Früh morgens starten die Paketboten ihre Touren, erst spät abends kehren sie wieder, oft ohne ihre Fahrzeuge komplett geleert zu haben.

Die Unternehmen versuchen, die Zahl der Aushilfen so weit wie möglich zu begrenzen. Sie fürchten, mehr Ersatzkräfte zu bezahlen, als sie benötigen. "Es ist schwierig, den Personalbedarf richtig zu kalkulieren und gutes Personal zu finden", sagt Christian Kille, Logistikprofessor an der Fachhochschule Würzburg.

Hinzu kommt: Bei ihrem harten Job sind die Paketboten extrem anfällig für Krankheitswellen. Springer müssen dann die Touren der kranken Kollegen übernehmen, wenn es denn genügend Ersatz gibt. Fallen in einem Bezirk mehrere Zusteller aus, macht sich das beinahe sofort bemerkbar, erst recht in der Weihnachtszeit.

Schnee ist das größte Risiko

Gewerkschaften nutzen diese personelle Notsituation gerne zu ihrem Vorteil. So bestreikt die Gewerkschaft Verdi in der kritischen Weihnachtssaison gezielt den Onlinehändler Amazon. Seit Jahren will die Gewerkschaft so auf Überstunden, Überwachung aufmerksam machen - und Amazon dazu bringen, seine Mitarbeiter endlich nach dem Einzelhandelstarif, oder überhaupt nach irgendeinem Tarifvertrag zu bezahlen.

Der Onlinehändler tut sein Bestes, um die Attacken an sich abprallen zu lassen. "Die Streiks sind ein Faktor, den wir in unseren Planungen berücksichtigen, aber nur ein minimaler", sagte Amazon-Deutschlandchef Ralf Kleber erst kürzlich in einem Interview mit der WirtschaftsWoche. "Das Glatteis bereitet uns jedes Jahr weitaus mehr Kopfzerbrechen als die Verdi-Aktionen. Das Wetter kann die pünktliche Zustellung unserer Pakete beeinflussen, Verdi hat das bisher nicht geschafft."

Sobald der Schnee liegen bleibt und der Asphalt vereist, bricht Chaos auf den Straßen aus, das weiß auch Amazon-Manager Kleber. Für Onlinehändler und Paketdienste ist ein plötzlicher Wintereinbruch das größte Risiko. Die Lastwagen mit den Paketen stauen sich auf der Autobahn an, die Lieferungen erreichen zu spät das Paketzentrum, wo sie die Fahrer mit auf ihre Touren nehmen. Auf den vereisten Straßen sind die Boten langsamer, und nicht nur einer wird mit den schweren Paketen in der Hand stolpern und sich das Bein brechen.

Kein Anspruch auf Entschädigung

Im Winterchaos in den USA vor zwei Jahren konnten diese Folgen auch die Kunden nach kürzester Zeit beobachten: Nur noch 83 Prozent der Pakete konnte UPS am nächsten Tag zustellen, auch beim Konkurrent Fedex fiel die Rate auf 90 Prozent. Dabei erreichen beide Unternehmen für gewöhnlich auch in den stressigen Weihnachtstagen Quoten von 97 oder 98 Prozent, ermittelten Branchendienste. Onlinehändler und Käufer können nicht viel mehr machen, als die Verspätungen mürrisch in Kauf zu nehmen. "Glatteis und Unwetter zählen als höhere Gewalt, da gibt es keinen Anspruch auf irgendwelche Ausgleichszahlungen", sagt Professor Kille.

Fedex allerdings sah neben den Wetterbedingungen noch einen weiteren Grund für die vielen Verspätungen: Die Nachlässigkeit der Onlinehändler. "Ganz ehrlich", regte sich der Fedex-Chef Fred Smith in einer Analystenkonferenz auf, "es gibt viele Qualitätsprobleme". Viele Pakete seien schlampig verpackt oder die Adress-Label seien nicht richtig aufgeklebt. "Niemand will etwas online bestellen und es drei Tage vor Weihnachten beschädigt erhalten", schimpfte Smith.

Der Konkurrent UPS zeigte sich reumütiger. So ein Desaster wie 2013 soll es nicht noch einmal geben, nahm sich UPS-Chef David Abney nach dem Katastrophenjahr vor, und bestellte neue Lastwagen und Flugzeuge. Eine halbe Milliarde Dollar investierte der Konzern, um seine Paketzentren weihnachtsfest zu machen. 95.000 Aushilfen heuerte UPS an, weit mehr, als der Konzern eigentlich gebraucht hätte.

Am Ende häuften sich in diesem Jahr zwar nicht die Pakete, dafür aber die Kosten. Und Abney musste abermals schlechte Zahlen vermelden: 200 Millionen Dollar mehr als geplant verschlangen die Maßnahmen. Mit einem Gewinn von 4,4 Milliarden Dollar blieb der Konzern mit Sitz in Atlanta weit unter den Erwartungen zurück.

Dieses Jahr will Abney nun endlich alles richtig machen. Um sechs Prozent hat er seine Kapazitäten aufgestockt, das sollte reichen. Zumindest, wenn das Wetter mitspielt.

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