Verbot in Paris Wer E-Roller hasst, ist gegen den Fortschritt

Künftig werden in Paris keine E-Leihroller fahren. Quelle: dpa

Paris verbannt E-Leihroller von den Straßen. Das ist ein Sieg schimpfender Fortschrittsgegner. Durch E-Scooter hat sich das Mobilitätsangebot in den Städten erstmals seit Jahrzehnten spürbar verbessert. Ein Kommentar.

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Jetzt bricht sich der Jubel derjenigen Bahn, für die alles Neue erstmal schlecht ist: Die Pariser Bürgermeisterin hat angekündigt, in ihrer Stadt sämtliche Elektro-Leihroller zu verbieten. Sie nennt das einen „Sieg der Demokratie“ – weil das Ergebnis einer Volksabstimmung den Eindruck erweckt, eine Mehrheit der Pariser sei dafür, die mietbaren E-Scooter zu verbannen. Es ist in Wirklichkeit anders: Weit mehr als 90 Prozent der rund 1,3 Millionen Stadtbewohner auf den Wählerlisten stimmten nicht für das Verbot. Allerdings gaben nur 7,5 Prozent der Wahlberechtigen eine Stimme ab – und das waren eben vor allem jene gallig schimpfenden Fortschrittsgegner, die offenbar auch in deutschen Städten regelmäßig Elektroroller in Flüssen und Teichen versenken.

Sprechen wir also über Fortschritt in der städtischen Mobilität: Wie lange dauert es in Deutschland noch mal, eine neue U-Bahn-Linie zu bauen? Richtig, die Zahl der Jahre ist üblicherweise zweistellig. Und wie verlässlich ist der staatlich organisierte Nahverkehr? Nun ja, Sie kennen die Antwort sicher aus eigener Erfahrung. Dass vor einigen Jahren plötzlich Elektroroller in den Städten auftauchten, war deshalb vor allem eines: Das erste Mal seit Jahrzehnten, dass sich das Mobilitätsangebot spürbar verbesserte – und zwar gratis für den Staat, von dessen Milliarden der Rest des Nahverkehrs ja abhängig ist.

Wer Leih-E-Scooter verbannen will, kennt vielleicht die Probleme nicht, die sie lösen: den Zustand, dass auch in Deutschlands größten Städten nicht immer eine Bahnstation in realistischer Laufweite ist; den Umstand, dass ein Fahrrad selbst mit bestem Schloss nicht sicher vor Dieben ist; auch die Tatsache zum Beispiel, dass sich Busse im Innenstadtverkehr häufig nicht an den Fahrplan halten. Vielleicht geht es den E-Scooter-Hassern aber auch darum, den eigenen Lebensstil anderen zum Maßstab machen zu wollen: zu erzwingen, dass endlich jeder Mitbürger seine täglichen Spaziergänge macht – oder eben mit dem Auto fährt. Das wäre kein Charakterzug, den eine Bürgermeisterin zum Maßstab machen sollte.

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Die Schwierigkeiten, für die Elektroroller in ihrer Anfangszeit sorgten, sind längst gelöst. Die Vermieter verlangen mittlerweile bei jedem Abstellen ein Foto – mit dem Nutzer beweisen müssen, dass sie den Roller nicht quer über den Bürgersteig parken.

In den Systemen der Anbieter sind Parkverbots- und Langsamfahrzonen hinterlegt. In vielen Innenstädten können E-Scooter zudem nur noch auf ausgewiesenen Parkplätzen abgestellt werden. Falschparken ist praktisch unmöglich – weil die Apps der Anbieter dann weiter Mietgebühr berechnen. Man wünschte sich so etwas für Fahrräder – oder gar für Autos.

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Deshalb, liebe E-Scooter-Hasser, zeigen Sie doch mal Empathie und lassen Sie Ihren Mitmenschen etwas Freude am Fortschritt. Auch wenn es manchen wundert: Nicht alles Neue ist schlecht.

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