Verbraucherranking 2023 Diese Unternehmen bieten den besten Kundenservice

Viel Technik, viele Fragen: Nicht nur die Produkte des Hausgeräteherstellers Miele, auch die Kundenhotline wird stark nachgefragt Quelle: Picture Aliiance/robert b. fishman

Ihre Kundenhotlines betrachten viele Unternehmen bloß als Anhängsel. Dabei ist der Kontakt zum Verbraucher die Chance, Vertrauen in die Marke aufzubauen. Eine exklusive Studie zeigt, welche Unternehmen hier überzeugen.

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Wer bei der Kundenhotline von Milupa anruft, findet sich mitunter in einem Fachgespräch über Zusatzstoffe oder ausgewogene Ernährung wieder. Denn bei dem Hersteller von Babynahrung kann es passieren, dass eine Hebamme oder ein Ernährungswissenschaftler den Hörer abnimmt. „Babynahrung ist eines der sensibelsten Produkte überhaupt“, sagt Jennifer Kutschera von Danone, dem Milupa-Mutterkonzern. Hat ein Kind einmal mit einem Milchprodukt angefangen, bleiben die Eltern in der Regel bis zum Kindergartenalter bei der Marke.

Um das Vertrauen der Kunden in dieser Zeit nicht zu verspielen, setzt Milupa auf das Fachwissen von Spezialisten. „Gibt es Zusatzstoffe?“, „Wie funktioniert es mit der Beikost?“, sind klassische Fragen, wegen derer Kunden anrufen. Doch nicht selten geht es überhaupt nicht um Milupa-Produkte, sondern um allerlei Elternsorgen. Fragen um Hautausschlag oder Verträglichkeit von Gemüse sind für das zehnköpfige Team des Verbraucherservice genauso Alltag wie Tipps für das richtige Stillen. Dafür beschäftigt das Unternehmen inzwischen sogar eine Stillberaterin.

Die Strategie, sich mit der Hotline als ein kostenloser Ratgeber für Eltern zu positionieren, scheint für Danone aufzugehen. Knapp 230 Gespräche führt das Expertenteam jede Woche. Die Kunden sind mit der Dienstleistung zufrieden. Laut einer exklusiven Umfrage der Beratung ServiceValue für die WirtschaftsWoche bietet Milupa unter den Anbietern für Babynahrung den besten Verbraucherservice. Einmal im Jahr kürt die Studie Unternehmen mit einem besonders guten Verbraucherservice. Grundlage der Rangliste ist eine Befragung von mehr als 100.000 Verbrauchern, die insgesamt 700 Unternehmen aus 40 Branchen evaluieren konnten. Jedes Unternehmen wurde dabei von mindestens 150 Verbrauchern bewertet.

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Basis für Geschäftsentwicklung

Interessant ist dabei vor allem der Vergleich verschiedener Unternehmen aus einer Branche, schließlich unterscheidet sich der Beratungsbedarf etwa zwischen den Kunden eines Optikers und denen einer Brauerei massiv. „Bei nicht wenigen Unternehmen ist der Verbraucherservice immer noch eher ein Anhängsel“, sagt Claus Dethloff, Studienleiter und Geschäftsführer von ServiceValue, der das für einen großen Fehler hält. So verpassten die Unternehmen es, aus den Rückmeldungen der Kunden Schlussfolgerungen etwa für die Produktentwicklung zu ziehen. „Nur wenn Unternehmen wissen, was Kunden wollen oder wünschen, können sie Dinge verbessern“, sagt Dethloff.

Der Haushaltsgerätehersteller Miele gehört zu denen, die sich dabei besonders deutlich verbessern konnten. Zusammen mit den Konkurrenten von BSH Hausgeräte mit seinen Marken Bosch und Siemens sowie dem Unternehmen Liebherr bildet Miele die Spitzengruppe der Branche. Der Aufstieg von Miele ist vor allem deshalb beachtlich, weil die Kunden der Hausgerätehersteller insgesamt zuletzt eher unzufriedener mit der Verbraucherberatung waren als im Vorjahr.

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Erreicht hat Miele das Ergebnis nach eigenen Angaben durch eine Strategie, die den Kunden bereits helfen soll, bevor diese anrufen und den Techniker bestellen. Nebst der Telefonnummer auf der Internetseite finden Kunden auch einen Link zu fast 100 professionell erstellten Videotutorials auf Youtube. Und das Angebot wird rege genutzt. Der Beitrag „Was tun, wenn die Geschirrspülmaschine nicht abpumpt?“ wurde bislang knapp 420.000 Mal aufgerufen. In Zeitlupe und mit Makroaufnahmen erklärt das Unternehmen darin, wie man das Rückschlagventil entriegelt und Speisereste entfernt, sodass die Maschine wieder läuft. „Wenn der Techniker nicht ausfahren muss, können wir unsere Kapazitäten anderweitig nutzen. Gleichzeitig muss der Kunde nicht mehrere Tage warten“, sagt Guido Geller, der Kundendienst-Chef bei Miele in Deutschland.

Wählen die Kunden trotzdem die Hotline, versucht das Unternehmen lange Warteschleifen am Telefon zu vermeiden. Die Faustformel lautet dabei: In 20 Sekunden sollen 80 Prozent aller Anrufe angenommen werden. Das klappe auch, versichert Geller. 100 Mitarbeiter beschäftigt das Unternehmen in seinem eigenen Call-Center. Wichtig sei, dass die Anrufer gleich mit jemandem sprechen können und falls nötig an einen Experten weitergeleitet werden. Miele experimentiert außerhalb der Erreichbarkeit auch mit Bots.

„Trotzdem bevorzugen unsere Kunden den Dialog mit Menschen“, sagt der Miele-Manager. Diese Einschätzung bestätigen auch andere Unternehmen. Trotz einer immer größeren Palette von Kommunikationsmitteln – von Whatsapp, Mail, Social Media bis zum Chatbot – bleibt das Telefon das wichtigste Kontaktmittel. Dort, wo die Kunden das Unternehmen nur per Onlineformular kontaktieren können oder am Telefon von einem Menüpunkt zum nächsten geleitet würden, fühlten sie sich hingegen alleingelassen und mit ihrem Anliegen weniger aufgehoben, sagt Experte Dethloff. „Darunter leidet die Marke als Ganzes.“

Mehr Informationen, mehr Fragen

Denn trotz der wachsenden Informationsquellen im Internet ist der Bedarf an Kundenhotlines in den vergangenen Jahren sogar gestiegen. Durch soziale Netzwerke seien Kunden heute besser informiert und hätten eine Vielzahl von Fragen, sagt Andrea Kübler von Kaufland. Der Lebensmittelhändler ist Segmentspitzenreiter und beantwortet wöchentlich fast 7500 Anfragen. Eine schnelle Antwort gelinge dennoch nicht immer, sagt Kübler. Teilweise gingen die Fragen tief in die Details des knapp 30.000 Artikel umfassenden Sortiments: Was genau bedeutet die Haltungsform-Stufe 4? Um das zu beantworten, nutzen die Mitarbeiter eine Wissensdatenbank für unterschiedliche Produktgebiete und häufig gestellte Fragen – und fragen bei Bedarf in den Fachabteilungen nach. In der Regel wird dem Kunden noch am selben Tag geantwortet.

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So wichtig eine gute Kundenhotline ist, für sich alleine kann sie den Ruf eines Unternehmens dennoch nicht retten. Folgt auf das höfliche Gespräch dort ein ruppiges Gespräch mit einem Techniker oder Verkäufer, überwiegt diese persönliche Erfahrung im Zweifel sogar. Kaufland versucht deshalb, die Anliegen seiner Kunden auch an den Infoständen in den Filialen zu beantworten. Bei Miele durchlaufen heute alle neuen Kundentechniker ein spezielles Kommunikationstraining. Besondere Anforderungen gab es zuletzt durch Corona. „Mal hatten Kundinnen und Kunden Angst vor Ansteckung, bei anderen waren nach langen Lockdowns die Nerven dünn – und wieder andere wollten ihren seltenen Besuch gar nicht mehr weglassen“, berichtet Guido Geller. Das zusätzliche Training koste Zeit, sagt der Manager, habe sich für Miele aber bewährt.

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