Verdorbene Kalkulation Diese Gefahren drohen aus der Kantinen-Küche

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Knausrige Kommunen

Die verrücktesten Restaurants der Welt
Im Hörnchen oder im Becher? Quelle: Pressebild
Das Restaurant Hospitalis in Riga Quelle: Pressebild
Affig serviert Quelle: Screenshot
Die terasse des chilenischen Restaurants Villaseca Solar Restaurant Quelle: Solarcookers
72oz-Steak Quelle: Pressebild
Licht aus, bitte!
Gib ihm Zucker Quelle: Pressebild

Unisono klagen die Betreiber über den hohen Preisdruck. „Die Kommunen knausern beim Schulessen. Und viele Unternehmen haben ihre Kantinen ausgelagert, den Kostendruck erhöht und Zuschüsse gekürzt“, sagt Guido Zeitler, Referatsleiter für das Gastgewerbe bei der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG).

Viele Kommunen, die per Gesetz für das Schulessen zuständig sind, sind selbst klamm. Sie setzen den Preis für ein Schulessen fest, meist etwas mehr als zwei Euro. Dazu schießen sie einen Teil oder gar nichts zu, den Rest tragen die Eltern. Als Berlin im Frühjahr 2,10 Euro pro Schulessen festschrieb, weigerten sich viele Caterer, überhaupt ein Angebot abzugeben.

„Bei mir geht kein Essen unter drei Euro raus“, sagt der Bonner Caterer Lehmann, „die Marge beträgt ohnehin nur wenige Cent.“ Der 55-Jährige rechnet vor: Bei einem Hähnchenschnitzel mit Brokkoli und Kartoffeln plus einem Apfel zum Nachtisch müsse er allein für die Zutaten mit 1,20 Euro pro Mahlzeit kalkulieren. Hinzu kommen Ausgaben etwa für Personal, Geräte und Logistik sowie die Mehrwertsteuer, die den Großteil der Kosten ausmachen.

Compass hält sich wegen des Preisdrucks beim Schulcatering zurück. „Wir würden gerne stärker in den Markt einsteigen, aber eine Drei müsste beim Preis schon vor dem Komma stehen, damit wir ausgewogene, frisch gekochte Gerichte anbieten können“, sagt Deutschland-Geschäftsführer Jürgen Thamm.

In den Betriebskantinen können die Caterer zwar mehr Geld verlangen, werden von ihren Auftraggebern aber auch dort knappgehalten. Etwa 30 Prozent der Unternehmen haben ihre Kantine bereits ausgelagert. „Die Zeiten, als die Arbeitgeber die Verpflegung ihrer Mitarbeiter noch als soziale Fürsorgepflicht gesehen haben, sind vorbei“, sagt Gewerkschafter Zeitler.

Immerhin betreiben etwa Daimler, VW, BMW und Siemens noch eigene Kantinen. VW stellt sogar in einer eigenen Fleischerei die Currywurst selbst her – und die ist bei den Beschäftigten so beliebt, dass die örtlichen Edeka-Märkte diese verkaufen.

Die Arbeitsbedingungen in den 9000 von insgesamt 13 800 deutschen Betriebskantinen, in denen noch selbst gekocht wird, entsprechen oft den bescheidenen Preisen, die Caterer erhalten. „Viele zahlen keine Tariflöhne, kein Urlaubs- und kein Weihnachtsgeld“, sagt Gewerkschafter Zeitler. Große Anbieter wie Sodexo bieten allerdings Tariflöhne – bei angelernten Kräften zwischen 8,00 und 8,50 Euro.

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