Verzögerungen bei Air-Berlin-Übernahme Was Easyjets Taktik für Lufthansa bedeutet

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„Mit 20 Jets weniger wäre die Lage sicher entspannter“

Der Grund ist simpel. „Gegen Lufthansa Geld zu verdienen ist verdammt schwer“, klagt ein Wettbewerber. Das liegt nicht allein daran, dass die finanzstarke Linie ihre Konkurrenten nicht schont und auf umkämpften Strecken großzügiger als anderswo Sonderangebote bietet. Lufthansa hat auf den Rennstrecken in ihre großen Flughäfen so viele Flüge, dass fast alle gut zahlenden Geschäftsreisenden bei ihr buchen. Sie können so leichter den Flug wechseln, falls ihre Termine kürzer oder länger dauern als geplant. „Da bleiben uns Wettbewerbern als Kundschaft fast nur die preisbewussten Touristen – und mit denen verdienen wir kein Geld“, so ein Wettbewerber.

Ohne neue Wettbewerber bleibt für Lufthansa nur die Variante, einen kleineren Teil von Air Berlin zu übernehmen. Wie viele Jets die Wettbewerbshüter dem deutschen Marktführer dann höchstens zugestehen, ist völlig offen. „Bereits wenn Easyjet nur gut 20 statt der mal angekündigten 30 Jets nimmt, erlauben die Behörden Lufthansa wohl kaum mehr als 70 – und damit mindestens elf weniger als geplant“, erwartet ein Wettbewerber. „Und nimmt Easyjet gar nichts, werden es wohl nochmal mindestens zehn weniger.“

Ausgerechnet die unangenehme Überraschung könnte der Lufthansa allerdings auch ein bisschen gelegen kommen. Denn die Übernahme aller 81 Jets der Berliner für die Lufthansa-Billigtochter Eurowings ist eine extrem anspruchsvolle Aufgabe. Darum bereitete der im Lufthansa-Konzernvorstand für den Flugdiscounter zuständige Vorstand Thorsten Dierks seine Kundschaft schon mal darauf vor, dass es bis weit ins Jahr 2018 hinein mehr Verspätungen oder Flugplanänderungen geben dürfte. „Mit 20 Jets weniger wäre die Lage sicher entspannter“, so ein Insider.

Dazu würde eine Kartellbremse für die Air-Berlin-Jets Spohr auch in der öffentlichen Diskussion helfen. Darf Lufthansa weniger Jets nehmen als gedacht, gilt sie nicht als Monopolist. Dazu braucht sie auch weniger Personal und kann sich ihre Leute leichter aussuchen. „Dann machen wir auch weniger Schlagzeilen, weil wir weniger Leute als geplant und zu niedrigeren Gehältern als erwartet nehmen“, vermutet ein Insider. „Wir können dann immer sagen: Wir hätten ja gern mehr getan.“

Das Versagen der Chefs
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Und zu guter Letzt entgeht Lufthansa mittelfristig mit weniger Jets wahrscheinlich nicht allzu viel. Zwar sorgt das geringere Interesse von Easyjet dafür, dass nun vor allem in Düsseldorf mehr Raum für Wettbewerber wie Ryanair bleibt. Doch wie schnell die den freien Raum wirklich füllen, ist völlig unklar. „Bei den vielen Problemen der Iren mit ihrem eigenen Flugprogramm werden die sich genau überlegen, ob sie einen großen neuen Standort starten und dann gleich einen harten Wettbewerb mit uns lostreten“, erwartet ein Lufthanseat.

Spohr kann das nur ganz recht sein. Nutzt keiner die beim Air-Berlin-Verkauf übrig gebliebenen Startzeiten in Düsseldorf und anderswo, kann sich Lufthansa wieder bewerben – und zwar ohne Kartellauflagen oder Diskussionen um die Gehälter für Einsteiger bei Eurowings.

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