Volker Kefer Die Bahn verliert einen fähigen Manager

Infrastrukturvorstand Volker Kefer nimmt seinen Hut, weil er die Probleme bei Stuttgart 21 nicht in den Griff bekam. Der Schritt ist konsequent. Dem Konzern geht damit aber einer der wichtigsten Männer verloren.

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Der Vorstand der Deutschen Bahn AG, Volker Kefer Quelle: dpa

Am Ende ist der Schritt nur konsequent. Volker Kefer, 60 Jahre alt und als Vorstand für die Bereiche Infrastruktur und Technik bei der Deutschen Bahn zuständig, will aus seinem bis September 2017 laufenden Vertrag vorzeitig ausscheiden. Sobald ein Nachfolger gefunden sei, werde er abtreten.

Bahn-Vize Kefer hat beim Bahnhofsprojekt Stuttgart 21 keine gute Figur abgegeben. In den Schlichtungsgesprächen zwischen Gegnern und Befürworten von S21 hatte er Ende 2010 noch getönt, der Bahnhof könne vielleicht 2019 eröffnen. Nun wird es wohl 2023. Und die Kosten drohen aus dem Ruder zu laufen. 6,5 Milliarden Euro werden es laut bahninterner Prognose sein. Die Summe schöpft den vereinbarten Finanzrahmen komplett aus. Das Problem: Eine halbe Milliarde Euro davon ist vom Aufsichtsrat der Bahn noch gar nicht freigegeben.

Kefers Expertise war unverzichtbar

Dass Kefer nun ausgerechnet über S21 stolpert, ist Ironie der Geschichte. Kefer war das Gesicht der Bahn bei den Schlichtungsgesprächen zu S21. Sein ruhiges, eloquentes und fachlich überzeugendes Auftreten hat ihm innerhalb und außerhalb des Konzerns breite Anerkennung gesichert.

Als Bahnchef Grube unbedingt eine Frau in den Vorstand holen wollte, sollte Kefer einen Bereich abgeben: das attraktive Geschäft mit den ICE-Zügen oder das dröge Schienennetz. Grube bat Kefer, den schwierigen Bereich Infrastruktur zu behalten. Weil Kefers Expertise unverzichtbar war.

Die Pannen bei Stuttgart 21

Genau diese Expertise geht der Bahn nun verloren. Kefer kennt den Konzern und die technischen Probleme auf dem Schienennetz wie kaum ein anderer. Kefer war außerdem treibende Kraft hinter dem Reformprogramm „Zukunft Bahn“, das der Konzern Ende 2015 vorstellte. Die dort aufgelisteten Maßnahmen kamen zwar viel zu spät, aber sie sind richtig und ein Verdienst Kefers.

Erstmals seit Jahren schien die Bahn die wahren Probleme identifiziert zu haben und ernsthaft angehen zu wollen: unzureichende Abläufe an den Bahnhöfen, lotterhafte Pflege der Gleise und stümperhafte Wartung der ICE-Züge – um nur einige zu nennen.

Manager mit Leidenschaft für die Eisenbahn

Der Rücktritt von Kefer reißt eine Lücke. Klar, jeder ist ersetzbar. Aber mit Kefer geht ein Manager, der auch Bahn gelebt hat. Einer, der spontan auf Papier aufzeichnen konnte, warum ein Doppelstock-Intercity auf freier Strecke ins Schleudern gerät. Nämlich weil sich Räder auf der Schiene in Sinuskurven bewegen und der Zug sich aufschaukelt. Die Zuhörer verstanden sofort. Leidenschaft für die Eisenbahn ist aber nur selten die Eigenschaft von Konzernmanagern. Oft können sich Kunden für Details im Zug mehr begeistern. Kefer war hier eine Ausnahme.

Kefer wurden neben den ungelösten Problemen bei S21 offenbar vor allem persönliche Defizite zum Verhängnis. Kefer galt als misstrauisch. Er soll den Vorstand über die düsteren S21-Prognose sehr spät informiert haben. Im Aufsichtsrat soll er sich zudem darüber echauffiert haben, wer im Kontrollgremium die vertraulichen Unterlagen zu S21 an die Öffentlichkeit weitergereicht habe. Auch im Innenverhältnis zu anderen Kollegen galt Kefer als schwierig.

Das zweite Manko: Kefer wurde nachgesagt, dass er Grube als Bahnchef ablösen wollte. Kefer war bereits Bahn-Vize, doch er wollte offenbar mehr. Den Machtkampf hat Grube nun gewonnen. Doch gleichzeitig muss er auf einen der fähigsten Manager verzichten.

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