Vonovia-Chef Rolf Buch Vom Mieterschreck zum Wachstums-Star

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Aus den Händen eines umstrittenen Bankers

Buch hört solche Rechnungen, obwohl sie sich in seinem eigenen Geschäftsbericht finden, nicht gern. Er macht eine andere Rechnung auf: Danach kaufte er das Vermögen der Gagfah im Wert von 8,4 Milliarden Euro. Dafür zahlt er den Kaufpreis von 4,7 Milliarden Euro und übernimmt die Schulden abzüglich der latenten Steuern (5,6 Milliarden Euro). Dies macht in Summe einen Kaufpreis von 10,3 Milliarden Euro, ein Aufschlag von 22 Prozent zum Gagfah-Vermögen. Das sei angemessen, erklärt der Vorstandschef. Der Kauf habe Synergien von 130 Millionen Euro jährlich gebracht. Zudem sei der Wert der Gagfah-Immobilien seit der Übernahme deutlich gestiegen: „Der Kauf hat sich längst gerechnet.“

Ohnehin greift eine reine Betrachtung des übernommenen Vermögens bei der Berechnung des Werts der Gagfah seiner Ansicht nach zu kurz, weil hierbei die Verdienstmöglichkeiten abseits der reinen Mieteinnahmen unberücksichtigt blieben. Die Immobiliengesellschaft verdient ihr Geld nicht nur mit Mieten, sondern auch damit, dass sie Küchen vermietet und die Mieter mit Kabelfernsehen versorgt.

Die Einnahmen aus diesen Nebengeschäften sind bislang allerdings gering. In den ersten neun Monaten dieses Jahres haben sie fünf Prozent zum operativen Konzerngewinn beigetragen. Aber Buch arbeitet daran, die Einnahmen in die Höhe zu treiben.

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Auch wenn sie Buch nicht gefällt, die andere Rechnung, wonach er für die Gagfah fast doppelt so viel gezahlt hat, wie er an Vermögen in der Bilanz vorfand, hat einen Einfluss auf sein Unternehmen. Der Aufpreis von satten 2,3 Milliarden Euro steht nun als Firmenwert, auch Goodwill genannt, in der Vonovia-Bilanz. Das ist zwar üblich. Ein Firmenwert dieser Größenordnung ist dennoch problematisch – denn er ist je nach Entwicklung von Zins- und Wohnungsmarkt abschreibungsgefährdet. Experten bezeichnen den Goodwill deshalb regelmäßig als tickende Zeitbombe in den Bilanzen von Unternehmen.

Buch rechnet mit weiterem Wachstum

Bei Vonovia könnte etwa eine Abschreibung erforderlich werden, wenn schlicht die Zinsen in Deutschland steigen, also ohne dass Buch etwas dafür kann. Laut Geschäftsbericht der Vonovia von 2015 müsste der gewichtete Kapitalkostensatz, also der Preis, zu dem sich ein Unternehmen finanziert, nur um mehr als 0,7 Prozentpunkte steigen, damit die 2,3 Milliarden Euro nicht mehr voll werthaltig wären.

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Buch sagt, die Hürde sei mittlerweile deutlich höher als 0,7 Prozentpunkte. Außerdem orientiere sich der Goodwill auch daran, wie hoch die Mieteinnahmen sind, die die Immobilien einspielen. Diese seien seit der Übernahme deutlich gestiegen.

Buch macht bei allem, was er tut, klar: Er rechnet nicht mit Eintrübungen des Geschäfts. Und so wächst Vonovia munter weiter: Als Nächstes soll nun Conwert in Buchs Immobilienreich aufgenommen werden. Vonovia legt bei seinem Angebot einen Unternehmenswert von 1,6 Milliarden Euro zugrunde. Das Vermögen abzüglich der Schulden der Conwert beläuft sich Ende September auf 1,4 Milliarden Euro. Der Aufschlag beträgt hiernach 14 Prozent. Buch rechnet wieder anders. Er habe die Conwert praktisch zum Substanzwert gekauft, sagt er, und beziffert das Nettovermögen mit 1,6 statt 1,4 Milliarden Euro. Ursächlich für die Differenz ist wieder ein anders definiertes Nettovermögen. Falsche oder richtige Definitionen gibt es bei der Bestimmung der Werte nicht. Ihnen liegen schlicht unterschiedliche Parameter zugrunde.

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Deutlich spannender könnte ein anderer Deal werden. Insider rechnen fest damit, dass Buch im kommenden Jahr einen zweiten Vorstoß zur Übernahme der Deutschen Wohnen, mit 160 000 Wohnungen die Nummer zwei am Immobilienmarkt, macht. Das würde ziemlich teuer werden. Vor einem Jahr hatte er den Aktionären der Deutschen Wohnen mehr für ihre Papiere geboten, als sie damals an der Börse wert waren. Seitdem ist der Kurs der Deutschen Wohnen um 25 Prozent gestiegen. Wenn Buch nun einen neuen Anlauf starten will will, ist jetzt schon klar: Billiger wird es nicht.

Immerhin beim Bau der neuen Unternehmenszentrale, die nach all dem Wachstum der vergangenen Jahre her muss, bleibt Buch bodenständig. Er baut nur einen halben Kilometer neben der alten Zentrale auf einem Acker im Stadtteil Wiemelhausen, den die schon 1908 stillgelegte Zeche Julius Philipp prägte. „Wir bauen keinen Prachtbau, sondern ein funktionales Gebäude, das sich in die Umgebung einpasst“, sagt Buch bei der Grundsteinlegung im September dieses Jahres. „Bitte kein Protz, bitte keine baulichen Allüren“, will der frühere E.On-Chef und heutige Vonovia-Aufsichtsratschef Wulf Bernotat ihm aufgetragen haben. Das dürfte Buch recht sein.

So hat er mehr Geld in der Kasse, um noch ein paar lästige Konkurrenten zu schlucken.

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