Düstere Musik, kalte Frankfurter Großstadtatmosphäre. Der aktuelle Commerzbank-Spot rückt die Bankenmetropole in ein so schlechtes Licht, wie die Kunden die ganze Branche wahrnehmen: Seit der Finanzkrise 2008 hat ihr Ruf gelitten – auch durch Nachrichten, wie der Teilverstaatlichung der Commerzbank. „Worin liegt es, dass man den Banken nicht mehr vertraut?“, fragt Commerzbank-Filialleiterin Lena Kuske, die im Kapuzenpulli durch die morgendliche Stadt joggt. „Wir haben die Gründe bei uns gesucht“, sagt sie – und führt an, was sich alles ändern soll.
„Mit den eigenen Mitarbeitern zu werben, kann eine Möglichkeit sein, um Vertrauen zu schaffen“, sagt Marktforscher Johannes Dorn vom Kölner Rheingold-Institut. „Besonders wirksam ist es bei Unternehmen, die schwer für die Allgemeinheit zu fassen sind, die undurchsichtig wirken und mit einer Unsicherheit verbunden sind. Die eignen Mitarbeiter geben dem Unternehmen dann ein Gesicht, sodass es psychologisch besser verortet werden kann.“ Speziell bei der Commerzbank biete sich ein solcher Spot nach all den Negativschlagzeilen daher an.
Außer die Commerzbank greifen auch die Autoreparaturfirma Carglass, die Baumarktkette Obi und der Wursthersteller „Rügenwalder Mühle“ in Werbespots auf ihre Belegschaft zurück. „Es gibt einen Trend hin zu Mitarbeitern in Kampagnen“, sagt Florian Haller, Hauptgeschäftsführer der Münchner Werbeagentur Serviceplan. „In unserer Zeit, die immer schnelllebiger und virtueller wird, suchen Menschen Orientierung und Halt. Und die beste Orientierung können Menschen geben.“
Seine Agentur steht unter anderem hinter den TV-Spots um Babynahrungsmittelproduzent Claus Hipp. „Wenn man die eigene Verantwortung betonen will, dann hat der Chef als Werbefigur nochmal ein ganz anderes Gewicht“, sagt Johannes Dorn. „Claus Hipp drückt außer seiner Verantwortung auch die Tradition und Regionalität des Familienbetriebs aus. Das hat eine andere Wirkung, als wenn man reguläre Mitarbeiter zeigen würde, die den Babybrei herstellen.“
Oftmals ergeben sich auch Alternativen, wenn eine Firma authentisch rüber kommen will: „Ich kann auch die Region zeigen, die Produktionsstätten, die Rohstoffe oder die Zulieferer“, sagt Dorn. Ob die Belegschaft in der Werbung sinnvoll ist, hängt von der Branche ab. „Authentizität bedeutet im Lebensmittelbereich etwas anderes als in der Autobranche.“
Wann Schauspieler sinnvoller sind
Auch Werbefachmann Florian Haller rät davon ab, wahllos die Mitarbeiter vor die Kamera zu schicken. „Das macht keinen Sinn. Es muss auch eine Idee dahinter stecken.“ Bei McDonald’s werben etwa die eigenen Mitarbeiter, wenn es um Nachhaltigkeit oder Recruiting geht. Die Düsseldorfer Werbeagentur Castenow entwickelt außer für McDonald’s, auch Personalkampagnen für Rewe oder die Targobank und setzt dabei stets auf die eigenen Mitarbeiter als Botschafter der Arbeitgebermarke – ob in TV-Spots, sozialen Medien oder im persönlichen Umfeld. „Vor allem die Mitarbeiter selbst müssen hinaustragen, was für ein guter Arbeitgeber ihr Unternehmen ist", sagt Hubert Hundt, Leiter der strategischen Planung der Agentur.
Allerdings setzen Unternehmen auch auf eigene Mitarbeiter, ohne dass dies direkt ersichtlich ist. Der schwäbische Unterwäschehersteller Comazo verzichtet etwa im Online-Shop und auf Plakaten auf professionelle Models und schickt seine Beschäftigten in BH oder Boxershorts vor die Kamera. Florian Haller zufolge ginge es bei solchen Aktionen nicht immer nur um die Außendarstellung. „So eine Kampagne hat auch immer eine Wirkung nach innen. Dabei geht es darum, die Mitarbeiter miteinzubeziehen und zu motivieren.“
Im Zweifel rät Haller jedoch zu professionellen Schauspielern oder Models. „Am Ende kann das sogar natürlicher wirken, weil viele Menschen vor Kameras nicht entspannt agieren.“ So verzichtete seine Agentur bei der aktuellen Kampagne für die Elektronikmarktkette Saturn „Bei Technikfragen, Tech-Nick fragen“ auf einen echten Mitarbeiter – obwohl die zentrale Figur „Tech-Nick“ einen Kundenberater darstellen soll. „Es geht darum, dass der Tech-Nick die Kunden im Geschäft unterhaltsam und humorvoll berät. Dafür braucht man einen echten Schauspieler, der diesen Humor perfekt transportiert“, sagt Haller. „Anders sieht es aus, wenn wir mit einer Kampagne, weniger einen Unterhaltungswert, sondern Glaubwürdigkeit erzielen wollen.“
Das sieht auch Johannes Dorn so: „Wenn es um Vertrauensaufbau geht und sich die Mitarbeiter als gecastete Schauspieler entpuppen, wäre das fatal“, sagt der Marktforscher. „Wenn der Beziehungsaufbau zu den Kunden auf einer Unwahrheit basiert, wird das nicht funktionieren.“