Werbesprech 2018
Anke Rehlinger (SPD), Wirtschaftsministerin des Saarlandes, trägt eine Virtual Reality Brille. Quelle: dpa

Trends aus der Marketing-Hölle

Von Awesomeness über Influencer bis zu Virtual Reality: Das eine große Marketing-Thema für 2018 gibt es nicht, nur ein Sammelsurium bizarrer Begriffe. Keiner dieser "Trends" löst die Probleme der Branche.

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Wenn man Experten nach den Trends für das Jahr 2018 fragt, wie es die Online Marketing Trends-Konferenz OMT zum Jahresende tat, erwartet man Substanz. Stattdessen geben uns die 63 befragten Experten fast 40 verschiedene, angeblich unverzichtbare „Trends“, die das Marketing in diesem Jahr besonders zu beachten habe.

Hier eine Auflistung der wichtigsten Strömungen des nächsten Jahres in alphabetischer Reihenfolge: Artificial Intelligence, Attribution, Audio Content, Awesomeness, Blockchain-Technologie, Chatbots, Content-Personalisierung, Conversion-Optimierung, Corporate Content, Cross-Device, Digitale Assistenten, Engagement, Event-Podcasts, Facebook Live, Featured Sniplets. Das waren aber nur die ersten 15.

Und weiter: Growth, Longtail SEO, Machine Learning, Marketing Automation, Messenger Marketing, Micro-Influencer, Micro-Moments, Mobile-First-Indexierung, Progressive Web App, Rankbrain, Smart Data, Snack Content, User Experience, Virtual Reality und last but not least Voice Search.

Noch alberner als diese Aufzählung sind nur noch die unter Experten häufig fallenden Forderungen nach Relevanz, Fokussierung auf den Verbraucher oder dem allseits beliebten Storytelling. Ja, da will man gleich einstimmen: Relevanz kommt immer gut.

Und? Kennen Sie jeden dieser Begriffe? Wissen Sie um die Bedeutung dieser Phänomene? Ahnen Sie überhaupt, was sich hinter diesen obskuren und bisweilen bizarren Begriffen (ich sage nur „Awesomeness“) verbirgt? Verzagen Sie nicht. Nur absolute Nerds wären fähig, jede dieser Begrifflichkeiten verständlich zu erklären. Und ganz bestimmt wäre keiner von ihnen in der Lage, uns diese angeblichen Trends in eine vernünftige Prioritätenfolge zu bringen.

Trendig ist nur das eigene Produkt

Das führt zwangsläufig zur Frage: Lesen diese Experten eigentlich noch selbst, was sie da schreiben?  Erkennen sie nicht, was sie dem geneigten Leser da zumuten? Was soll der Marketingverantwortliche, auf der Suche nach den wichtigen Themen für 2018, damit anfangen? Vor lauter Buzzwords ist ein Wald in weiter Ferne nicht auszumachen.

Klar wird allerdings eins: Die Agenturen, in denen diese Experten arbeiten, wollen lediglich ihr eigenes Produkt verkaufen. Das allein erklärt, warum sie den von ihnen genannten Trend für so eminent wichtig halten. Was sie nicht im Ansatz bieten, sind Lösungen für die wahren Probleme der Werbekunden. Schlimmer noch: Sie scheinen nicht einmal zu merken, dass sie statt Problemlöser inzwischen selbst Teil des Problems geworden sind. Solche Experten sind keine und für die Werbekunden unbrauchbar.

Eine erfreuliche Ausnahme zur gegenwärtigen „Nur-was-ich-biete-löst-all-Ihre-Probleme“-Mentalität ist daher Thomas Knüwer, Chef der Agentur kpunktnull, der in seinen Kaffeesatzlesereien für 2018 ganz richtig schreibt: „Für die Werbung wird 2018 ein Jahr, wie sie es selten zuvor erlebt haben wird. Es wird die rasante Beschleunigung einer bisher sublimen Entwicklung bringen, an deren Ende nach etlichen Jahren die Disruption der Werbe- und Agenturlandschaft steht.“

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