
Kaum ein Volk ist so versessen auf Testurteile wie die Deutschen. Millionen deutscher Verbraucher kaufen nichts, bevor sie nicht wenigstens einen der unzähligen Verbrauchertests gecheckt haben. Zahlreiche Institute kümmern sich um die Qualität unseres Warensortiments: Fresenius, TÜV, BAM (Bundesanstalt für Materialforschung), ADAC, Öko-Test - und natürlich allen voran die Stiftung Warentest.
Die Stiftung Warentest, das bekannteste Qualitätssiegel in Deutschland, wurde 1964 gegründet. Sie besitzt einen staatlichen Auftrag und wird mit Steuergeldern gefördert. Ihr Urteil entscheidet über Wohl und Wehe der nehr als 2.500 von ihr geprüften Waren, Marken und Dienstleistungen. Die Testurteile der Stiftung sind über jeden Zweifel erhaben. Klagen gegen ein Testergebnis sind praktisch zwecklos, denn noch nie wurde die Stiftung auf Schadenersetz verurteilt.
Betrug am Verbraucher
Doch mit einem Mal kommen die Berliner Warentester ins Gerede. Weniger jedoch die Tester selbst, als die Hersteller. Angeblich soll es Herstellern von Wasch- und Lebensmitteln gelungen sein, Untersuchungen der Stiftung zu manipulieren, indem die Zusammensetzung der getesteten Produkte verändert wurde. Das Handelsblatt spricht von „dreisten Tricksereien“.
Man braucht nicht viel Phantasie, um sich die Geschäftsleitungssitzung beim Safthersteller vorzustellen. Man hat über „Sachverständige“ erfahren, dass die Stiftung Warentest demnächst einen Saft-Test durchführt. Daraufhin wird beschlossen, die Qualität der eigenen Saft-Marken kurzfristig zu verbessern. Man erhöht einfach den Fruchtsaftanteil, wartet das Testergebnis ab und kehrt anschließend wieder zur ursprünglichen, minderwertigen Qualität zurück.
Das könnte man getrost Betrug nennen. Und er kommt offenbar nicht selten selten vor. Der Leiter der Untersuchungsabteilung, Holger Brackemann, bestätigt, dies sei eine fortlaufende Erfahrung der Stiftung. Die Verbraucherzentralen fordern daher häufig Folgetests, um diesen Schwindel aufzudecken. Sie sprechen davon, dass Unternehmen immer feinfühliger auf öffentliche Kritik reagieren.





Die Nerven liegen blank
Man würde wohl eher sagen: In der Industrie liegen die Nerven blank. Die Verbraucher fordern mehr Transparenz. Sie wollen wissen, was sie kaufen, woher die Zutaten stammen und welche Qualität sie für ihr Geld erwerben. Und die sozialen Netzwerke wie Facebook oder Twitter sorgen heutzutage dafür, dass jede Trickserei und jeder Fehltritt in Windeseile Millionen von Verbrauchern erreicht.
Bekannt ist dieser Qualitätsunterschied auch bei Warenproben. Jede Frau, die eine Warenprobe aus ihrer Zeitschrift testet und dann das Originalprodukt im Drogeriemarkt kauft, hat es schon einmal erlebt: Die Probe hat eine höhere Qualität, das Original enttäuscht. Die Hersteller begründen dies mit der geringen, zulässigen Menge, die eine Probe enthalten darf. Da müsse die Konsistenz verändert werden. Man könnte auch von einer den Abverkauf förderlichen Maßnahme sprechen.