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Die irrsinnigen Blüten des Datingwahns

Online-Dating ist zum neuen deutschen Volkssport aufgestiegen. Dating-Portale und Partner-Börsen sprießen wie Pilze aus dem Boden. Das Überangebot führt zu einem Marketing-Krieg ungeahnten Ausmaßes und absurd hohen Werbeausgaben. Derweil treibt der lukrative Markt mit der Liebe per Mausklick bizarre Blüten.

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Die größten Flirtbörsen
KissNoFrog Dass es nicht immer läuft wie im Märchen wissen die meisten Frauen, doch die Hoffnung, dass aus dem Frosch vor einem doch noch ein Prinz wird, hat sich bisher, soweit bekannt ist, in der Realität nie erfüllt. Miss Piggy wird das wohl nichts ausmachen. Viel Spaß mit Online-Live-Dating auf jeden Fall ohne echte Amphibien verspricht zumindest Holtzbrinck Ventures mit KissNoFrog. Die Seite richtet sich an 25- 40-Jährige, die bereit sind für drei Monate 69,00 Euro für ihren Spaß auszugeben. Eine Note von Stiftung Warentest gibt es bisher nicht. Quelle: AP
Gay Romeo In immer mehr Staaten wird die Homo-Ehe legalisiert , jetzt verlassen auch die Online-Portale für Schwule und Transsexuelle die Nische und können sich unter den großen Flirtportalen blicken lassen. Gay Romeo gehört zu Planet Romeo, das von Jens Schmidt geleitet wird. Für drei Monate bezahlen die Nutzer 16,90 Euro und können sich somit über die günstigste Bezahl-Seite im Ranking freuen. Eine Note von Stiftung Warentest gitb es jedoch noch nicht. Quelle: dpa
Flirtcafe An ein junges Publikum richtet sich diese Flirtseite. Für drei Monate würde sie nur 57,00 Euro kosten, jedoch ist sie nur für 6 Monate buchbar. Gehalten wird die Seite durch Internet Community Works, eine Gruppe von internationalen Finanzinvestoren. Bei Stiftung Warentest erhielt die Seite jedoch nur die Note 5,2. Warentest untersuchte dabei auf Nutzung, Vertragsabwicklung, Information, Hilfe und den Umgang mit Nutzerdaten. Quelle: Reuters
flirt-fever Ganz heiß her geht es zumindest dem Namen nach bei dieser Webseite. Dort können sich flirtwillige Erwachsene zwischen 20 und 30 kennen lernen. Die zu prebyte Media gehörende Webseite kostet für drei Monate 81,00 Euro. Von Stiftung Warentest erhielt das Portal die Note 3,6. Quelle: Reuters
50Plus-Treff Erstmal vorneweg: Nein, George Clooney ist laut den Medien aktuell nicht single. Und nein, selbst wenn hätte er die folgende Seite sicher nicht nötig. Aber theoretisch passt er in die Zielgruppe, denn: er ist 50. Das Flirtportal 50Plus-Treff richtet sich, wie der Name schon sagt an ältere Singles. Diese bezahlen bei dem von Sven und Marianna Exter geführten Flirtportal 59,50 für drei Monate Mitgliedschaft. Bei Stiftung Warentest wurde die Seite mit der Note 3,6 bewertet. Quelle: dapd
Friendscout24 Für eine dreimonatige Gold-Mitgliedschaft bezahlt man bei diesem Flirtportal 89,50 Euro. Das Durchschnittsalter der flirtwilligen Nutzer beträgt ca 30 Jahre. Im Test erhilt die Seite die Note 3,3. Ein Ableger dieser von der Deutschen Telekom geführten Seite ist übrigens das Seitensprungportal Secret. Quelle: dpa
neu.de Für 74,50 Euro können Nutzer bei dieser Seite drei Monate lang einen Flirt-Partner in einem breiten Publikum suchen. Durchschnittlich sind die Teilnehmer 30 Jahre alt. Das portal gehört zu Meetic, zu dem auch die Partnerbörse partner.de gehört. Bei Stiftung Warentest schnitt neu.de mit der Note 3,2 ab. Quelle: Reuters

Die größten Sorgen bereiten den Deutschen keinesfalls der Euro, die Renten oder gar drohende Arbeitslosigkeit. Es ist der nächste Date. Es hat den Anschein, als sei Internet-Dating das neue Freizeithobby der Deutschen. Der Markt ist riesig: Inzwischen buhlen mehr als 2.000 Online-Dating-Anbieter um die Gunst der Singles.

In den Karteien der Online-Partnervermittlungen, Singlebörsen und Adult-Dating-Portalen finden sich derzeit fast 80 Millionen "Mitgliedschaften", rein rechnerisch also jeder Einwohner der Republik. Tatsächlich aktiv sind immerhin mehr als sieben Millionen Singles monatlich. Das entspricht der Einwohnerzahl der Bundesländer Bremen, Saarland, MeckPomm, Hamburg und Thüringen zusammen.

Online-Dating entwickelt sich zum Volkssport

Jeder der großen Portale eDarling, Elite-Partner, Friendscout24, Parship, neu.de, flirt-fever und iLove brüstet sich damit, etwa fünf Millionen Mitglieder zu haben und verspricht entweder die große Liebe oder zumindest den perfekten Seitensprung. Inzwischen, so behaupten die Anbieter, entstehen 30 Prozent aller Beziehungen in Europa online. Und die Deutschen, denen man nicht gerade Leidenschaft nachsagt, sind europaweit längst die Spitzenreiter. Internet-Dating bezeichnet der Branchenverband Bitkom sogar als Volkssport. Angeblich hat bereits jeder Zweite der unter 30-Jährigen im vergangenen Jahr ein Dating-Portal genutzt.

Die Ursache für den Boom ist ausgemacht: Seit zwanzig Jahren nimmt die Zahl der Single-Haushalte in Deutschland zu. Den größten Anstieg verzeichnet die Statistik dabei keinesfalls bei den 14- bis29-Jährigen, sondern bei der Altersgruppe der 30- nbis 59-Jährigen. Inzwischen lebt jeder fünfte Deutsche allein, in den Großstädten sogar fast jeder dritte. Der unrühmliche Spitzenreiter unter den Partnerschafts-Verächtern ist, wie sollte es anders sein: die Stadt Hannover.

Welche Firmen am meisten für Werbung ausgeben
Platz 10 - Telekom - 183,3 Millionen Euro (Ausgaben für Werbung in Deutschland)Der rosa Riese aus Bonn wirbt nicht nur auf dem Trikot des FC Bayern München: Auch in der TV-Werbung ist der Telekommikationskonzern so präsent wie keiner der Konkurrenten. Insgesamt gab die Telekom 2012 rund 4,4 Prozent mehr für Werbung aus als im Vorjahr. Quelle: Nielsen Media Research, Stand: Jan - Nov 2012 Quelle: REUTERS
Platz 9 - McDonald's - 188,9 Millionen EuroDie US-Fastfood-Kette warb im vergangenen Jahr vor allem mit Spitzenkoch Alfons Schuhbeck und Bayern-Manager Uli Hoeneß. Für seine umfangreichen Kampagnen hat das Unternehmen 18,2 Prozent mehr ausgegeben als im Vorjahr - kein Unternehmen hat die Werbung stärker ausgebaut. Quelle: AP
Platz 8 - Lidl - 201,3 Millionen EuroWährend Konkurrent Aldi bisher noch auf TV-Werbung verzichtet, hat der Discounter im September eine Werbeoffensive im Fernsehen gestartet. Aus einem der größten Werbetöpfe des Landes werden zudem noch etliche Printbeilagen finanziert. Insgesamt stiegen die Werbeausgaben von Lidl um 6,9 Prozent. Quelle: ZB
Platz 7 - Volkswagen - 227,4 Millionen EuroKein Autohersteller gibt mehr Geld für Werbung in Deutschland aus als die Wolfsburger. Allein in der Bundesliga unterstützt der Volkswagen 12 Clubs mit einem Sponsoring. Dazu kommen etliche Spots und Anzeigen. Insgesamt ist der Werbeetat 10,9 Prozent höher als im Vorjahr. Quelle: dpa
Platz 6 - Unilever - 277,9 Millionen EuroÜber 400 Marken zählt das Riesenreich des niederländischen Konsumgüterkonzerns. Axe-Deo, Langnese-Eis, Knorr-Suppe - in kaum einem Werbeblock ist der Konzern nicht vertreten. Dabei wurde der Werbeetat in Deutschland im Jahresvergleich um 6,1 Prozent gekürzt. Quelle: dpa
Platz 5 - Axel-Springer-Verlag - 302 Millionen EuroDen 60. Geburtstag der größten deutschen Boulevard-Zeitung „Bild“ feierte der Verlag mit 41 Millionen Gratisexemplaren. Insgesamt stieg der Werbeetat der Berliner um rund 1,8 Prozent. Quelle: dapd
Platz 4 - L'Oreal - 315,2 Millionen EuroDas Kosmetikimperium aus Frankreich wirbt auch in 2012 kräftig für Lippenstifte, Shampoos und Hautcremes. Das Geschäft mit der Schönheit wird mit einem der größten Werbeetats Deutschlands befeuert - der 2012 auch noch um 1,6 Prozent gewachsen ist. Quelle: REUTERS

Da ist es nur logisch, dass sich immer mehr Partnerbörsen um das Leid der liebeshungrigen Singles bemühen. Denn die Liebe per Mausklick ist ein lukratives Geschäft. Der Branchenumsatz hat sich in nur acht Jahren verachtfacht und liegt derzeit bei über 200 Millionen Euro jährlich. Der Preis für eine dreimonatige Mitgliedschaft bei Parship, partnersuche.de oder Elite-Partner liegt immerhin bei der stolzen Summe von 180 Euro.

Wie lukrativ dieses Geschäft wirklich ist, lässt sich erahnen, wenn man den in der Presse seit Wochen kursierenden Gerüchten folgt, wonach die Deutsche Telekom ihre Scout24-Gruppe, zu der auch Friendscout24 gehört, offenbar abstoßen will. Der Verkauf würde angeblich 1,5 Milliarden Euro in die Kassen des Konzerns spülen.

Da sich immer mehr Menschen die Partnersuche oder nur den nächsten Seitensprung viel Geld kosten lassen, hat sich selbst die ehrwürdige Stiftung Warentest des halbseidenen Marktes angenommen und vierzehn Partnervermittlungen und Singlebörsen einem Test unterzogen. Unter der doppeldeutigen Rubrik "Freizeit + Verkehr" vergab sie nur ein einziges Mal ein "gut" an Parship, jedoch an Flirtcafe wegen des laxen Umgangs mit Nutzerdaten auch einmal ein "mangelhaft". Drum prüfe, wer sich ewig bindet...

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