Werbesprech

Vorsicht vor WM-Vampiren!

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Die Werbung geht in der WM unter

Der PR-Profi Björn Eichstädt bemängelt zu Recht, dass dabei „die eigene Story ziemlich in den Hintergrund tritt“. Bei den meisten Marketingexperten ist diese Erkenntnis jedoch noch längst nicht angekommen. Bei einer Umfrage unter Marketingchefs gaben nur 26 Prozent an, dass Markenbotschaften, die die WM extensiv nutzen, in der Flut der WM-Werbung untergehen.

Das derzeit wohl größte Missverständnis besteht darin, dass es für die meisten Marken falsch ist, auf Fußball setzen, wenn sie nicht die geringste Verbindung zum Thema besitzen. Diese Art von „Huckepack“-Kommunikation ist zum Scheitern verdammt. Leider nährt der derzeitige Buzz um „Content Marketing“ das Missverständnis trefflich. Content Marketing bedeutet, den Konsumenten attraktive Inhalte zu bieten, die der Marke nahestehen und daher positiv auf sie einwirken. Was beim Auftritt der Commerzbank mit Jogi Löw und der Nationalelf noch einigermaßen gelingt, geht bei Volkswagens Ballzauberei mit Thomas Müller und dem brasilianischen Fußballstar Neymar vollends daneben. Volkswagen gibt sich nicht einmal die Mühe, den Content „Fußball“ auch nur ansatzweise mit seiner Marke zu verknüpfen. Der Übergang zu den Sonderangeboten der „Cup“-Modelle könnte krasser nicht sein.

Gesäß-Pflege zur WM

Sprichwörtlich in die Hose geht es, wenn selbst Rasierapparate, Weichspüler, Kondome und Fußball-gebrandetes Toilettenpapier zur WM auf den Markt gebracht werden. Insbesondere zur Gesäß-Pflege hat der Fußballfan in diesem Jahr eine besonders breite Auswahl an Papieren von Zewa, Alouette und Natuvell bei Rossmann bis Globus. Und bei Edeka sogar „gut & günstig“ in der Darreichungsform 3-lagig mit Rasenduft.

Es bleibt die Gewissheit, dass dieser Schwachsinn bald ein Ende hat. Wenn am 13. Juli das WM-Finale der Welt einen neuen Fußball-Weltmeister beschert, wissen wir endlich, wie unsere 526 Millionen Euro teure Nationalelf, wie also der deutsche „McKinsey“-Fußball abgeschnitten hat. Dann könnten wir wieder dazu übergehen, intelligente und attraktive Werbung zu machen, die den beworbenen Marken nützt. Und nicht ausschließlich der FIFA. Aber höchstens zwei Jahre lang. Denn am 10. Juni 2016 beginnt schon die Endrunde zur Fußball-Europameisterschaft in Frankreich.

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