Gute Werbung ist keine Werbung
Was gute Werbung ist, darüber lässt sich trefflich streiten. Es ist zweifellos Geschmackssache. Werbung muss dem Fisch und nicht dem Angler schmecken. Gute Werbung ist die, die dem Empfänger nicht wie Werbung vorkommt, weil sie ihm gefällt, in einem günstigen Augenblick erscheint - oder einfach nur ins Herz trifft und auf den Punkt kommt, der der Zielgruppe wichtig ist. Dass sie dabei ehrlich ist und den Konsumenten nicht hinters Licht führt, ist eine unabdingbare Voraussetzung.
Warum dies ausgerechnet den Baumärkten immer wieder gelingt, bleibt ein Rätsel. Hornbach (Agentur: Heimat) sticht mit seinen Kampagnen ein ums andere Mal aus dem Einerlei der breiigen Reklame hervor - zuletzt mit seinem Gothic-Girl-Spot, der sogar zum viralen YouTube-Hit wurde. Gleiches gilt für die Heimwerker-Hymne, die der Wettbewerber Obi von seiner Agentur Jung von Matt kreieren ließ.
Seit Jahrzehnten setzt sich der Autovermieter Sixt mit seiner Werbung von allen Konkurrenten ab. Immer mit einem Augenzwinkern, oftmals auch provozierend, nutzt die Agentur Jung von Matt aktuelle Ereignisse, um die Botschaft zu transportieren. Das Geheimnis liegt darin, mit einem simplen Bild und einer ungewöhnlichen Textzeile eine ganze Geschichte zu erzählen. Mit der aktuellen Online-Kampagne, in der sie die Lokführergewerkschaft GDL aufs Korn nehmen, gelingt das erneut. Und Booking.com (Agentur: Wieden + Kennedy) schildert in seinen aktuellen TV-Spots die Erlebnisse einer Familie bei der Ankunft im Urlaubshotel und greift damit gekonnt die Ungewissheit auf, die jeden Urlauber bei der Urlaubsbuchung überkommt.
In der Kampagne „Jeder hat ein zweites Leben“ entwirft die Agentur Thjnk eine besonders skurrile und sehenswerte Idee, um die Gebrauchtwagen von Audi anzupreisen. Storytelling sind Geschichten, die der Zielgruppe gefallen. Offline - und erst recht Online.
Wenn aus guter Werbung geniale Werbung wird
Von guter Werbung zu erfolgreicher Werbung ist es dann nur noch ein kleiner Schritt. Erfolgreiche Werbung - darin sind sich insbesondere die Werbungtreibenden einig - wirkt sich positiv auf den Umsatz aus. In seinem Buch „The End Of Advertising As We Know It“ brachte es der ehemalige Marketingchef von Coca-Cola auf den Punkt: „Advertising is not an art form. It’s about selling more stuff more often to more people for more money.“
Die Hauptabsicht von Werbung ist es, Verhalten zu verändern - zugunsten der eigenen Marke. Wenn sie also eine Absatzsteigerung verursacht, muss sie der Zielgruppe gefallen haben. Dann muss sie im Kampf um die nachlassende Aufmerksamkeit der Verbraucher als gut empfunden worden sein. Und damit schließt sich der Kreis: Wenn gute Werbung erfolgreich ist, dann ist sie genial.
Es ist gleichgültig, welche Buzzwords die Werber vor sich hertreiben. Es ist völlig egal, welche neuen Wörter sie für das erfinden, was schon immer galt: Werbung muss gefallen. Daran sind sie nach Auffassung vieler Experten bei der Onlinewerbung bislang gescheitert. Wenn die Werber nicht wollen, dass der „Mobile“ Zug ohne sie abfährt, darf ihnen das nicht noch einmal passieren.