Für den Umgang mit Onlinewerbung greifen sie jedoch nach wie vor zu Anzeigen und Mini-Plakaten (Banner) oder spielen ihre TV-Spots (Bewegtbildwerbung) digital ab. Sie haben nichts weiter getan, als die altbekannten Werbemittel ins Internet zu stellen. Auf digitale Medien abgestimmte und eigens für sie entwickelte Werbemittel sind kaum erkennbar - wenn man von Pop-ups, penetranten Layers und nicht wegklickbaren Preroll Ads absieht, die die Menschen in Scharen zu Adblockern greifen lassen. Im Internet lockt die Werbung die Menschen nicht an, sondern vergrault und vertreibt sie.
Das ist insofern wichtig, als die Internetnutzung immer weiter zulasten anderer Medien steigt. Nach der aktuellen Langzeitstudie „Massenkommunikation 2015“ liegt die tägliche Nutzungsdauer des Internets mit nunmehr 107 Minuten auf dem dritten Platz, geschlagen nur von Fernsehen und Radio.
Werbemöglichkeiten auf Youtube
Die einfachste Möglichkeit auf Youtube zu werben ist die klassische Banneranzeige, wie man sie auch von anderen Websites kennt.
Overlay In-Video Ads sind transparenten Anzeigen, die sich im unteren Teil eines Videos finden lassen. Bezahlt wird pro Klick – allerdings werden sie zumeist von den Nutzern ignoriert.
Seit Ende 2010 haben die Werber die Möglichkeit sogenannte TrueView-Werbeformate auf Youtube zu nutzen. Hierbei zahlt man erst dann, wenn der Kunde die Werbung wirklich anklickt.
Dieses Werbeformat erscheint als Pre-Roll vor dem ausgewählten Video – der Nutzer muss also die ersten fünf Sekunden eines Werbevideos anschauen, danach kann er die Anzeige überspringen. Der Werbetreiber muss erst für die Werbung zahlen, wenn mehr als 30 Sekunden des Videos betrachtet worden.
Bei den 14- bis 29-Jährigen rangiert Internet mit 187 Minuten jedoch bereits auf Platz 1. Bemerkenswert dabei ist, dass das Zeitbudget für die Mediennutzung seit 2005 sinkt - obwohl die Überall-Verfügbarkeit der Medien im gleichen Zeitraum anstieg. Umso mehr müssen Online-Werber dafür sorgen, dass sie ihre Werbebotschaften erfolgreicher im Netz platzieren.
Neue Medien brauchen neue Lösungen
Die Menschen selbst haben sich in letzten Jahrzehnten nicht verändert - die Funktionen der Medien ebenso wenig. Daher werden die alten Medien in ihrer analogen und gedruckten Form noch lange in friedlicher Koexistenz neben ihren digitalen Geschwistern leben. Will Werbung sich die digitalen Medien zunutze machen, muss sie neue Wege gehen.
Wo das bereits gelingt, zeigt sich beim ältesten Medium der Welt: der Außenwerbung. Die digitale Welt hat zu einer beispiellosen Zunahme digitaler Screens („Digital-Out-of-Home“) geführt, die uns an Flughäfen, Raststätten, Bahnhöfen, Supermärkten und Kinos begegnen. Sie machen den Endverbraucher an neuen Touchpoints erreichbar, wo sie Werbung nicht als störend erleben. Gleichzeitig führt die Digitalisierung der Plakatflächen zu neuartigen Möglichkeiten, die manche Werber sehr gekonnt und kreativ nutzen.
Ein simples, aber besonders cleveres Beispiel ist ein digitales Plakat in einer Stockholmer U-Bahn-Station, das auf einfahrende Züge reagiert und das Haar der auf der Werbetafel gezeigten Frau wild durcheinander wirbelt.
Oder, deutlich aufwendiger, ein Live-Chat via eines sprechenden, digitalen Plakats für Graubünden Tourismus, in dem ein Almbauer die Passanten in seine Heimat einlädt.
Nicht minder kreativ war das digitale Plakat der Swisscom, das zum Viralhit wurde: Hier wurde Eye-Tracking-Technologie eingesetzt, um Passanten zu einem Gewinnspiel einzuladen. Dass solche Beispiele allesamt aus dem Ausland stammen, sollte deutschen Kreativen ein Dorn im Auge sein.
Die Digitalisierung stellt weder die Medien-, noch die Werbewelt komplett auf den Kopf. Sie ergänzt sie um neue Möglichkeiten der technischen Auslieferung von Werbung. Sie ermöglicht zudem eine individuellere Ansprache der Konsumenten, die nicht mehr nur stört, sondern den Menschen Spaß macht. Sie stellt den Verbraucher in den Mittelpunkt - und nicht nur die oftmals austauschbaren Produkte der Hersteller.
Digitale Werbung ist eine große Herausforderung, kann aber die Werbebotschaften wieder attraktiver für unsere Zielgruppen machen. Das wird jedoch nur dann gelingen, wenn wir uns an den Leitsatz halten, den Christian Thunig für sein Editorial in der jüngsten Absatzwirtschaft wählte: „Mensch mit Maschine - nicht umgekehrt.“