Werbesprech

Für das Fernsehen geht es um Leben und Tod

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TV-Quoten im Sinkflug

Tatsache ist aber auch, dass die Internetnutzung insbesondere während des Fernsehens („Second Screen“) bedenklich zunimmt. Dass dieses Phänomen der Aufmerksamkeit der Zuschauer gerade während überlanger Werbeblöcke nicht sonderlich zuträglich ist, liegt auf der Hand. Konkrete Beweise für ein Absinken der Aufmerksamkeit fehlen zwar bislang; manche Werbekunden berichten dennoch von sinkender Werbeerinnerung.

Die Kritiker führen an, dass es nicht nur die Jugendlichen seien, die sich vom Netz und seinen digitalen Bewegtbild-Versuchungen verführen ließen. Die Quoten fast aller TV-Sendungen sinken seit Jahren kontinuierlich. Ehemalige Reichweitengaranten wie „Germany’s Next Topmodel“ dümpeln mit weniger als zwei Millionen Zuschauern gefährlich dahin. Selbst das Finale wollten weniger als drei Millionen sehen. Ob Formel 1, DSDS oder Dschungelcamp, die Quoten sinken auf breiter Front. Die einzigen Ausnahmen: Tatort und Fußball.

Einer der Gründe für die Quotenverluste der großen Sender ist die Zunahme an Sendern selbst - und damit ein eher hausgemachtes Problem. Zu den 120 empfangbaren Sendern kommen jedes Jahr neue hinzu. Ein anderer ist die Abwanderung der Zuschauer in die Mediatheken. Die Satire-Sendung „heute-show“ ist mit weit über 250.000 Zuschauern pro Folge die erfolgreichste Sendung in der ZDF-Mediathek.


Fernsehen stirbt nicht, aber...

Die Abwanderung der TV-Zuschauer in digitale Verbreitungskanäle wird für die Sender immer mehr zum Problem. Raphael Brinkert, Gründer von Jung von Matt/sports, schreibt in seinem Blog zu Böhmermann: „Das Interessanteste an #verafake (...) ist der Niedergang des linearen Fernsehens, abseits von sportlichen Live-Events. Böhmermanns eigene Sendung sehen rund 400.000 Menschen im TV, während seine Verwertungskette über das Netz mehrere Millionen Klicks erfährt. Homeland kills Lindenstraße, Youtube kills DVD. Mediathek und Stream kills TV-Erstausstrahlung.“

Die Wahrheit ist: Das Fernsehen stirbt nicht. Die Funktion des Mediums bleibt auch in einer digitalen Welt unverändert erhalten. Aber - und das ist für die Werbewirtschaft von größter Relevanz - das analoge Fernsehen wird durch die Abwanderung der Zuschauer ins Netz zunehmend an Reichweite einbüßen. Und da Reichweite das Hauptargument der TV-Vermarkter ist, werden sie über kurz oder lang ernsthafte Probleme bekommen, ihre Werbeeinnahmen zu halten.

Das zweite Problem besteht darin, dass die abwandernden Zuschauer im Netz nicht annähernd wie im analogen TV zu kapitalisieren sind. Es fehlt an Werbeplätzen (niemand wird sich im Internet sieben Minuten lange Werbeblöcke ansehen), und der Preis für Werbung liegt in digitalen Medien infolge des ungleich höheren Wettbewerbs auf deutlich geringerem Niveau.

Geringere TV-Einnahmen bedeuten jedoch dann auch geringere Investitionen ins Programm. Ein Teufelskreis.

Der Disput um die Frage ob Fernsehen stirbt oder nicht, stellt die falsche Frage. TV bleibt uns erhalten. Doch das Geschäftsmodell des Privatfernsehens steht in Frage.

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