Werbeverbot in Genf Albtraum für Plakatkleber?

Nach der Entscheidung des Stadtparlaments der schweizerischen Metropole Genf, ab 2025 kommerzielle Werbung im öffentlichen Raum zu verbieten, beschäftigt das Veto im Nachbarland auch in Deutschland die Branche. 

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Genf hatte vor wenigen Wochen als erste Stadt in der Schweiz beschlossen, kommerzielle Werbeplakate zu verbannen. Dafür gesorgt hat die rot-grüne Mehrheit im Stadtparlament und damit der Bürgerinitiative „Zéro Pub“ zu einem Erfolg verholfen. „Zéro Pub“ kämpft seit vier Jahren für die in ihren Augen sogenannte „Befreiung“ der Genfer Straßen. Den Anlass dazu lieferte eine Panne – nachdem vor vier Jahren der Vertrag der Stadt mit einer Außenwerbefirma ausgelaufen war, blieben rund 3500 Plakatflächen in der Stadt für einige Wochen komplett weiß.

Genfer Bürger nutzten die Situation und gestalteten die jungfräulichen Flächen mit eigener Kunst oder privaten Botschaften. Daraus entstand die Initiative, die nun plant, Schluss zu machen mit den Plakaten. Hängen bleiben sollen dann nur noch Plakate für kulturelle Veranstaltungen – eine Vorstellung, an der sich Kritik entzündet. Die konservativ-liberale Oppositionspolitikerin Michèle Roullet sagte der „Tagesschau“, dies sei Zensur nach Sowjet-Manier und werde teuer für die Stadt Genf: „Wir werden fast 4,5 Millionen Franken an Einnahmen verlieren. Und es ist zu befürchten, dass die Kreativität der Bürger auf den frei werdenden Flächen scheußliche Graffitis hervorbringt!“

Dennoch gibt es auch in weiteren Städten ähnliche Initiativen – so in Berlin. Dort strebte die Initiative „Berlin werbefrei“ Anfang 2018 einen Volksentscheid an und sammelte dazu rund 32.000 Stimmen. Der Berliner Senat legte einen Gesetzesvorschlag der Initiative im Dezember 2019 dem Verfassungsgerichtshof des Landes vor, weil die Politiker darin einen „Verstoß gegen höherrangiges Recht“ sahen. Im Oktober 2020 wiesen die Juristen die Vorlage zurück, der Initiative räumten sie die Möglichkeit ein, ihren Gesetzesentwurf nachzubessern.

Sorge, das Genfer Beispiel könnte Schule machen und auch hierzulande in Städten zu einem Verbot von Außenwerbung führen, sieht der Fachverband Außenwerbung in Frankfurt nicht. Dabei handele es sich um einen „regionalen Sonderfall“ und eine „lokale Debatte in einer eidgenössischen Stadt, die weder für die Schweiz als Ganzes noch für Deutschland Auswirkungen haben wird“, sagte Verbands-Geschäftsführer Kai-Marcus Thäsler der WirtschaftsWoche.

Thäsler wies zudem darauf hin, dass auch andere Metropolen, die sich in der Vergangenheit für eine Abschaffung der Außenwerbung entschieden hatten, inzwischen wieder umgeschwenkt seien. So sei der „öffentliche Raum in den Kommunen Sao Paolo und Grenoble, die temporär auf Außenwerbung verzichtet hatten, inzwischen nicht mehr werbefrei“.

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Ob 2025 tatsächlich in Genf Werbeplakate abgebaut werden, ist indes auch noch offen. In den kommenden drei Monaten gilt es für die Stadt, eine Anwendungsverordnung zu erarbeiten. Ein Volksentscheid könnte diese dann angreifen.

Mehr zum Thema: Forscher zweifeln an der Wirkung der Werbung. Schuld daran ist wohl, wie die Werbung Menschen adressiert. Die Branche macht einen fatalen Fehler und muss gehörig umdenken.

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