Werner knallhart

Alkoholfreies Bier: Gesunder Durstlöscher für Kinder?

Deutschland hat ein neues Nationalgetränk: alkoholfreies Bier. Natürlicher als Cola light, als isotonisches Sportgetränk sogar empfohlen nach dem Hochleistungssport. Jetzt nicht patzen, dann wird es ein Welterfolg!

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Die zehn größten Biermythen
Mythos 1: Abgelaufenes Bier darf man nicht mehr trinkenIm Keller finden Sie ein Sixpack Bier, das lange abgelaufen ist. Bloß nicht mehr trinken, denken Sie. Falsch: Auch abgelaufenes Bier können Sie problemlos trinken, wenn die ungeöffnete Flasche richtig gelagert wurde – also trocken kühl und vor allem dunkel. Der Grund: Hopfen konserviert und hält das Bier frisch. Lediglich der Geschmack kann sich leicht verändern. Quelle: dpa
Mythos 2: Bier hat viele KalorienEin großes Bier ist wie eine Bratwurst, heißt es oft. So rechtfertigt mancher seinen Bierbauch. Doch Bier ist eigentlich keine Kalorienbombe und schon gar kein Dickmacker. Selbst ein Glas Apfelsaft (250 Kalorien) ist ungesünder als ein halber Liter Gerstensaft (200 Kalorien). Da Bier jedoch den Appetit anregt, greift man oft neben einem Glas Bier zu heimlichen Dickmackern wie Erdnüssen, einer Wurst oder einer Brezel – so entsteht das Hüftgold, dessen Ursache fälschlicherweise dem Bier zugeschrieben wird. Quelle: dpa
Mythos 3: Ein gutes Bier braucht sieben MinutenDer Wirt zapft und zapft und zapft – mindestens sieben Minuten soll ein Pils gezapft werden, damit es gut schmeckt, so die Argumentation. Das ist Quatsch. Ein gutes Bier ist kalt, um die acht Grad, aber eine lange Zapfzeit verbessert nicht den Geschmack. Im Gegenteil, wird ein Bier zu lange gezapft, kommt es bereits schal beim Gast an. Moderne Zapfhähne brauchen daher zwischen zwei und drei Minuten für ein frisches Pils.   Quelle: dpa
Mythos 4: Bier macht große BrüsteAngeblich soll Hopfen pflanzliche Östrogene enthalten, das die Brüste wachsen lässt. Wer den Test macht, stellt jedoch schnell fest, dass  auch das ein Mythos ist. Nach fünf Bier sind die Brüste noch genau so groß wie vorher. Auch wissenschaftlich ist die These nicht bewiesen. Zwar enthält Bier tatsächlich Östrogene, die sogenannten Phytoöstrogene, allerdings in so geringen Mengen, dass sie keine Wirkung zeigen. Quelle: dpa
Mythos 5: Auf Hawai gibt es kein Bier……sang einst Paul Kuhn. Das ist ein Mythos, denn auf Hawai gibt es sogar gleich mehrere Brauereien und auf vielen deutschen Bierbörsen wird die südländische Spezialität sogar verkauft.Beispielsweise das „Volcano Red Ale“ der Mehana Brewery Company. Quelle: dpa
Mythos 6: Bier auf Wein, das lass sein…….heißt es im Volksmund. Auch das ist ein Mythos, denn zumindest wissenschaftlich es ist egal, wann man was trinkt. Trotzdem hat der Spruch einen Grund: In der deutschen Trinkkultur galt Wein lange als höherwertiges Getränk. Wer also nach dem Weinkonsum ein Bier bestellte, gesellte sich in die niederen Ränge. Quelle: dpa
Mythos 9: Alkoholfreie Biere enthalten Null Prozent AlkoholReingefallen. Alkoholfreie Biere schmecken nicht nur wie normales Bier, viele von ihnen enthalten immer auch ein ganz klein wenig Alkohol. Laut Gesetz darf jedes Bier mit weniger als 0,5 Prozent Alkohol als alkoholfrei verkauft werden. Trotzdem muss sich niemand Gedanken machen, der zu einem alkoholfreien Bier greift. Um ein kritisches Level zu erreichen müsste man enormen Mengen trinken. Quelle: dpa

Neulich in einem türkischen Fisch-Restaurant auf der Oranienstraße in Berlin-Kreuzberg.

"Ich hätte gerne ein alkoholfreies Weizenbier."

"Nein, wir haben kein Bier", antwortete der Kellner, "wir verkaufen keinen Alkohol.“

Notgetränk für Deppen

Teilweise gibt es das immer noch: Alkoholfreies Bier gilt als Abart von alkoholhaltigem Bier - und das war in Deutschland jahrzehntelang das Problem der alkoholfreien Biere. Es war verdammt als Notgetränk für Schwangere und die Deppen, die an diesem Samstagabend die Autofahrer waren.

Das alkoholfreie Bitburger hieß bis 2007 denn auch Bitburger Drive. Die Variante von Jever wird bis heute so albern "fun" genannt. Man brauchte bislang als Entschuldigung schon gute Argumente dafür, statt eines richtigen Biers zur Langweiler-Variante zu greifen. Deshalb bestellten sich viele stattdessen lieber eine Cola.

Aber dann der Wendepunkt: Mitten in der zuckerfreien Cola-light-zero-Phase sprach sich ab 2008 plötzlich massenhaft herum, dass alkoholfreies Weizenbier ein isotonisches Sportgetränk ist. Gesund wie Apfelsaft mit Mineralwasser. Sogar nach Marathon-Läufen wie in Köln wurde den Athleten direkt nach dem Zieleinlauf ein alkoholfreies Weizen in die Hand gedrückt. Das war der Ritterschlag!

Alkoholfreies Bier war nicht einfach nur ein Bier mit weniger Alkohol. Es hatte den richtigen Bieren etwas voraus. Wer heute alkoholfreies Bier trinkt, ist nicht mehr der Loser. Er ist Sportler. Er ist gesundheitsbewusst.

Die Top Ten Brauereien in Deutschland

Dazu kommt der Geschmack: Früher war er eine Beleidigung für den Gaumen. Wässrig, metallisch, fad. Heute müssen viele Brauer den sensorischen Vergleich ihrer alkoholfreien Schätzchen mit den alkoholhaltigen nicht mehr scheuen - zumindest wenn man nicht direkt die alkoholische Variante nebenher probiert. Ich behaupte: Selbst gestandene Feierabend-Säufer werden mit der ein oder anderen Marke zu überlisten sein, was den Geschmack angeht.

Einem Kollegen habe ich mal erzählt: „Ich streiche nun statt Butter öfters Tomatenmark aufs Brot. Ist gesünder.“ Da guckt mich mein Kollege an, als wäre ich nicht mehr ganz dicht: „Hä? Tomatenmark schmeckt doch nicht wie Butter!“

Ja, na und? Es schmeckt eben anders lecker. Und deshalb muss alkoholfreies Bier auch nicht exakt wie alkoholhaltiges Bier schmecken. Solange es gut schmeckt.

Zehn Fakten über Bier
Das billigste BierAm wenigsten kostet Bier in der Ukraine und Vietnam. Hier muss man jeweils 0,43 Euro für eine 0,5-Liter-Flasche hinlegen. Generell ist das Bier in Südostasien und Osteuropa am günstigsten, besagen die Daten des Lebenserhaltungskosten-Portals "Numbeo". Auf Ukraine und Vietnam folgen Kambodscha (0,50 Euro), Saudi Arabien (0,51 Euro), Tschechien (0,52 Euro) und China (0,54 Euro). Quelle: dpa
Das teuerste BierIm nahen und Mittleren Osten müssen Biertrinker am tiefsten ins Portemonnaie greifen. Mit 5,67 Euro ist eine 0,5-Liter-Flasche Bier im Iran weltweit am teuersten. In Kuweit sind es 5,21 Euro und in der Vereinigten Arabischen Emiraten 4,56 Euro. Quelle: dpa
Die größten BierbrauerIn China wird weltweit meisten Bier wird gebraut. 490,2 Millionen Hektoliter flossen 2012 hier aus den Brauereien hinaus, schätzt der Hopfenhersteller Barth-Haas. Es folgen die USA (229,3 Millionen Hektoliter), Brasilien (132,8 Millionen Hektolitern), Russland (97,4 Millionen Hektoliter) und Deutschland (94,6 Millionen Hektoliter). Quelle: AP
Europas größte BiertrinkerWir sind Europameister – im Biertrinken. Mit 86 Millionen Hektolitern Bier trank keine andere europäische Nation 2012 so viel Bier wie die Deutschen. Auch in den Vorjahren lag Deutschland an der Spitze, berichtet die Vereinigung „Brewers of Europe“.  Hinter Deutschland kommen das Vereinigte Königreich (43 Millionen Hektoliter), Polen (38 Millionen Hektoliter), Spanien (35 Millionen Hektoliter) und Frankreich (20 Millionen Hektoliter). Quelle: dpa
Europas spendabelste BiertrinkerDie Briten geben am meisten für Bier in Europa aus. 2012 waren es den „Brewers of Europe“ zufolge 20 Milliarden Euro. Dahinter kommen die Deutschen mit 19 Milliarden Euro, die Spanier mit 14,6 Milliarden Euro, und die Italiener mit 9,7 Milliarden Euro. Quelle: REUTERS
Die weltweit größten BierbrauerDie weltweit größte Brauerei ist das belgisch-amerikanische Unternehmen Anheuser Busch InBev. 352,9 Millionen Hektoliter Bier pumpte das Konglomerat 2012 in die Welt. Laut Zahlen des Hopfenherstellers Barth-Haas folgt dahinter die englische Brauer SAB Miller (190 Millionen Hektoliter), sowie die niederländische Konkurrenz von Heineken (171,7 Hektoliter). Quelle: dpa
Die wertvollsten BiermarkenDie Light-Version des US-Biers Budweiser besitzt den weltweit höchsten Markenwert. Bud Light ist mit 12,6 Milliarden US-Dollar die wertvollste Biermarke. Das original Budweiser kommt laut der Werbeagentur Millward Brown erst auf den zweiten Platz. Budweiser wies 2012 einen Markenwert von 11,8 Milliarden US-Dollar auf. In der Rangliste folgen Heineken (8,7 Milliarden US-Dollar), Stella Artois (8,2 Milliarden US-Dollar) und Corona (8 Milliarden US-Dollar). Eine deutsche Biermarke ist unter den Top 10 nicht zu finden. Quelle: AP

Und den Deutschen scheint es tatsächlich zu schmecken: 2013 haben die deutschen Bierbrauer fast fünf Millionen Hektoliter alkoholfreies Bier verkauft. Das sind immerhin fünf Prozent der gesamten deutschen Bierproduktion, jede zwanzigste Flasche. Mehr als doppelt so viel wie vor dem Beginn des Booms 2008. Und es wird immer mehr, obwohl der Bierkonsum in Deutschland insgesamt seit Jahren rückläufig ist - mit minus zehn Prozent zwischen 2003 und 2013. 

Alkoholfreies Bier kann man mittlerweile mit Ausnahme der Läden wie dem Fischrestaurant auf der Oranienstraße selbstverständlich bestellen. Waren es anfangs vor allem die alkoholfreien Weizenbiere, kommt es mir so vor, als ob nun auch in der Gastronomie das alkoholfreie Pils im großen Stile Einzug hält.

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