Werner knallhart

Vorab-Test des neuen WLAN im ICE: „Bin ich schon drin?“

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Der 2.-Klasse-ICE-WLAN-Test

1. E-Mail

Eine Mail enthält als Anhang ein hoch aufgelöstes Foto von 10 MB Größe. Sollte es tatsächlich möglich sein, so etwas in einem Zug herunterzuladen? Ich probiere es. Und siehe da: Nach immerhin einer knappen Minute kann ich es öffnen: eine Blaumeise auf einem Ast im Garten. Ein Traum. Und bei einer Reisegeschwindigkeit von über 200 km/h ist eine Minute absolut akzeptabel.

2. Spotify

Ich will Musik hören. Live gestreamt aus dem Netz. Ich öffne die App. Wenige Sekunden später kann ich hören, was ich möchte. Es läuft durch ohne einen einzigen Aussetzer.

3. Apps aktualisieren

Meine HRS-Hotel-Buchungs-App ist nicht mehr aktuell. Das Update von 34,2 MB ist sogar in exakt 58 Sekunden geladen.

Das sind die aktuellen Superzüge
Deutschland: ICE Quelle: DPA
Italien: Alstom Pendolino Quelle: PR
Italien: Frecciarossa 1000 Quelle: DPA
Spanien: AVE Quelle: AP
Spanien: AVE auf Jungfernfahrt (1992) Quelle: Handelsblatt
Frankreich: TGV Quelle: DPA
TGV-Modell 1981 Quelle: DPA

4. Word-Datei aus Cloud laden

klappt in weniger als zehn Sekunden

5. DB-Navigator-App

Das hauseigene Bahn-Gewächs trumpft auf. Fahrplanauskunft und Reservierung-Anfrage klappen unverzüglich.

6. Hörbuch laden

145 MB für ein Hörbuch aus der Audible-Cloud auf das Telefon. Das braucht gut fünf Minuten. Aber meine Güte, die Zeit habe ich. Jetzt will ich mehr: Videos!

Hochgeschwindigkeitszüge in anderen Ländern

7. Youtube

Ich gucke zum Test einen Film mit Fails, wo Leute mit Aufsitz-Rasenmähern die Böschung runter kullern und so. Läuft rund. Also das Video.

8. Amazon Video

Ja, jetzt werde ich übermütig. Serien live streamen im ICE. Und was soll ich sagen: Es klappt. Das Bild ist in den ersten Sekunden verpixelt, was für eine niedrige Übertragungs-Rate spricht, doch dann fängt es sich und läuft den Test von zehn Minuten durchgängig ohne Probleme.

9. live fernsehen

„Volle Kanne". Über die Mediathek-App live das ZDF-Vormittagsprogramm. Es braucht rund 20 Sekunden, bis es anläuft. Dann startet die Übertragung in brillanter Bildqualität.

10. Video-Telefonie

Plötzlich geht gar nichts mehr. Mein Facetime-Test zur Videotelefonie scheitert völlig. Auch das Fernsehen setzt jetzt aus und mit ihm kurz mein Herz. Oh nein! Kann nicht einmal was perfekt sein? Ich schalte das WLAN aus und siehe da: auch kein mobiles Netz. Gerade, wenn das Handy-Netz patzt, versagt auch das ICE-WLAN. Ohne Mehl backt eben auch der beste Bäcker keine Plätzchen.

Doch nach rund drei Minuten liefert das WLAN wieder (doch jetzt geht bei Facetime keiner dran).

Dieses Gut-schlecht-gut geht dann die ganze Strecke so weiter - auch über Hannover hinaus. Im Schnitt rund zwanzig Minuten gute Leistung. Dann für ein bis drei Minuten Totalausfall. Dann wieder gute Leistung. Da gibt es wahrlich schlechtere Angebote auf dieser Welt (zum Beispiel die ICE-Croissants). Wenn das ab Dezember weiter so klappt, dann kann die Bahn sich auch mal auf die Schultern klopfen. Denn das ist dann auch #bahnisch.

Aber: Das ist ein Test unter Luxus-Bedingungen. Kaum einer der Passagiere in der 2. Klasse wird versucht haben, das kostenpflichtige WLAN zu nutzen, und dabei zufällig auf das kostenlose neue gestoßen sein.

Was aber, wenn ab Dezember hunderte von Reisenden sich euphorisch auf dieses eine Netz stürzen? Dieses eine Netz, das mit einer Kapazität von 150 Mbit pro Sekunde dem eines sehr guten privaten Hausanschlusses entspricht, umgerechnet aber für einen ganzen Straßenzug mit Mehrfamilienhäusern herhalten muss?

Die Bahn hat schon vorgesorgt und angekündigt, das Surf-Volumen pro Fahrgast zu beschränken. Wenn das alles aber ohne Kundenregistrierung ablaufen soll (wie im Test jetzt), dann wird es de facto eine Beschränkung pro Gerät. Steigt man mit Laptop, Tablet-Computer und Smartphone ein, bekommt man dreifaches Surf-Volumen. Wer unterwegs 90 Minuten Bundesliga live gucken will, sollte also ab jetzt anfangen, seine Altgeräte zu sammeln.

Fazit: Wenn Sie einmal so richtig nach Herzenslust im ICE surfen möchten, brauchen Sie nur ein bisschen Glück, um noch bis Mitte Dezember einen Test-ICE zu erwischen. Am besten nachmittags, wenn Sie dazu lecker frühstücken wollen.

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