Werner Knallhart

Allianz-Arena ohne Regenbogen: Die UEFA verrät unsere europäische Idee

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Der Fußball gehört nicht der UEFA

Die UEFA begründet das Vielfalt-Bekundungs-Verbot in München so: „Die Uefa ist gemäß ihrer Satzung eine politisch und religiös neutrale Organisation. Angesichts des politischen Kontextes dieses speziellen Antrags – eine Botschaft, die auf eine Entscheidung des ungarischen nationalen Parlaments abzielt – muss die Uefa diesen Antrag ablehnen“

Die UEFA verkennt zweierlei:

1. Der Fußball gehört nicht der UEFA. Fußball gehört zu uns Europäern. Der Fußball bringt uns zusammen. Das Event ist ein europäisches Event. Doch der europäische Fußballverband spricht nur von sich. Die Idee eines friedlichen, weltoffenen, vielfältigen Europas, das solch ein Event erst möglich macht, blendet die UEFA aus. Das ist anmaßend. Fußball ist entstanden als ein westeuropäischer Sport. Jetzt bei dessen internationaler Vermarktung die Werte des freien, vielfältigen Europas abzuwägen gegen die Zufriedenheit autokratischer Regime (und auch gegen lukrative Sponsorenverträge), verrät Europas Errungenschaften. Beim Thema Menschenrechte darf es keine Neutralität geben. Die internationale Anziehung des Fußballs, die Menschen aus aller Welt zusammenbringt, birgt die große Chance, die Werte der Nationen, die Fußball als erstes groß gemacht haben, in die Welt zu tragen. Stattdessen sollen jetzt die modernen Europäer mal für ein paar Wochen die Füße ruhig halten, damit die UEFA nicht gezwungen ist, jemandem auf die Füße zu treten. Das ist einfach mal wieder so ein herzloser Murks von Männerseilschaften, die den Blick aufs Große nicht nötig haben, um sich grandios zu finden.

2. Es ist ein Regenbogen! Es kein Gendersternchen, über das man streiten kann. Der Regenbogen steht als Ausdruck des Wunsches für ein friedliches Miteinander in Vielfalt für nichts, das jemandem schaden könnte. Das kann man anders sehen, aber dann ist man ein schlecht informierter Angsthase. Wir diskutieren zum Glück auch nicht darüber, ob es wirklich vertretbar ist, Frauen ins Stadion zu lassen, oder ob es eine Option wäre, die Fußbälle von Kindern nähen zu lassen. Auch wenn es Menschen auf dieser Welt gibt, die es anders beurteilen als die ganz überwiegende Mehrheit in der freien westlichen Welt. Es gibt ethische Standards, die niemals unter den Tisch fallen dürfen.

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Nun kann man darüber streiten, warum München das mit dem Regenbogen nicht bei jedem Bundesligaspiel macht, aber eine ebenfalls große internationale Wirkung hätte es auch in der EM gegeben. Gerald Asamoah erzählt ja hin und wieder, bevor er nach Deutschland kam, habe er das Land nur aus dem Otto-Katalog gekannt. Abermillionen Menschen auf der ganzen Welt werden Freiheit und Gleichheit und Angstfreiheit aus dem Sehnsuchtsort Europa nur aus Filmen und Serien kennen. Und wenn sie beim EM-Gucken mitkriegen, wofür die Menschen aus Gesellschaften einstehen, die schon so viel erreicht haben, dann kann dies das Denken der Menschen verändern. Klar kann man sagen, es ist nicht die Aufgabe von Fußball, die Welt besser zu machen. Aber es ist doch so ähnlich wie bei Amazon, Facebook und Apple. Irgendwann ist der gesellschaftliche Einfluss einzelner Vereinigungen so vielschichtig und groß, dass es nicht mehr allein die Entscheidung von ein paar Funktionären sein kann, auf welche Weise sie die Welt verändern wollen. Oder eben nicht, im Fall der UEFA.

Wenn die UEFA sich selber als neutral bezeichnet, aber verbietet, was den Münchnern (oder zumindest dem in einem funktionierenden demokratischen System mehrheitlich legitimierten Stadtoberhaupt) am Herzen liegt und was seit Tagen als pro und contra diskutiert wird, dann ist das eben am Ende nicht mehr neutral, sondern ein Bekenntnis zu contra. Eine solche Riesenportion an ambitionsloser, liebloser, teilnahmsloser, visionsfreier Duckmäuserei ist einem solchen Fest der Europäer einfach unwürdig. Jeder Freizeitpark ist da weiter.

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Mehr zum Thema: Marcus Werner schreibt über die alltäglichen Nebensächlichkeiten in der Wirtschaft, die es wert sind, liebevoll aufgeblasen zu werden. Hier finden Sie seine Kolumnen-Übersicht.

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