Werner knallhart

Wie wir Bahn-Kunden uns rächen können

Seite 2/2

Der Kunde streikt auch

2. Die Zugbegleiter. Im ICE gibt es sogar Zugchefs. Und obwohl sie Chefs sind: Sie können meistens nichts für Verspätungen. Aber sie streiken mitunter auch. Weil Weselsky sich das so wünscht. Spielen Sie die Kunde-ist-König-Karte: Hat ein Zug zehn Minuten Verspätung, sagen Sie: "Ich zeige Ihnen meine Fahrkarte erst gleich. Mit zehn Minuten Verspätung." Nennen wir es den Bummel-Konter.

Lässt der Zugbegleiter sich nicht darauf ein, diskutieren Sie einfach ein wenig. Sagen Sie Dinge wie: "Ich bitte um Verständnis und würde mich freuen, Sie bald wieder an Bord begrüßen zu dürfen" und "Sie können sich gerne bei meinem Vorgesetzten beschweren", hören Sie sich in aller Ruhe die ganzen Einwände an oder warten Sie den Einheitsspruch "Ich diskutiere das nicht mit Ihnen" ab. Dann zeigen Sie erstmal versehentlich statt des Tickets Ihre Reservierung, dann Ihren persönlichen Ausdruck mit der Reiseverbindung, dann den Kreditkarten-Beleg und schließlich das Ticket. Wenn das pro Zug nur drei Fahrgäste machen, versteht der Zugbegleiter bestimmt, wie es sich anfühlt, wenn der Vertragspartner keine Lust hat zu leisten.

Es soll ja nicht den Falschen treffen

3. Die Revanche am streikenden Personal des Bordrestaurants ist etwas für Feinschmecker. Nennen wir sie die Morgentau-Schikane. Bestellen Sie einen grünen Tee. Der heißt an Bord "Morgentau". Bitten Sie um weiches bis mittelhartes Wasser mit einer für Grüntee der Marke Morgentau optimalen Temperatur von exakt 76 Grad. Sie seien Kenner. Weisen Sie darauf hin, dass das Wasser aber nicht ewig tot gekocht sein darf, wegen des Sauerstoffs. Bitten Sie andernfalls angeekelt um neues Wasser.

Wenn der Kellner den Teebeutel schon ins Wasser getaucht hat, bevor er beides serviert, belehren Sie ihn, es käme Ihnen sekundengenau darauf an, wie lange der Tee schon ziehe. Sie seien eben Kenner und wollten 120 Sekunden ziehen lassen. Wenn der Kellner am Ende den benutzten Teebeutel abräumen will, empören Sie sich künstlich und bitten Sie stattdessen um eine weitere Tasse heißen Wassers für einen zweiten Aufguss. Sie seien Kenner. Heißes Wasser ist an Bord nämlich kostenlos. Und das wissen eben nur Kenner.

Weisen Sie dann aber darauf hin, dass die zweite Tasse Tee doch enttäuschend labberig sei, wo denn das Teeanbau-Gebiet in China genau liege. Und kurz vor dem Aussteigen nach drei Stunden sagen Sie: "Trinkgeld haben Sie ja nicht nötig. Bedienen Sie sich doch einfach aus der Streikkasse."

Wichtig aber: Fragen Sie in jedem Fall vorab: "Sind Sie Mitglied der GDL und wenn ja: Sind Sie Streikbrecher?" Es soll ja nicht die Falschen treffen. Und vielleicht ist den GDLern ihre Mitgliedschaft dadurch ja irgendwann peinlich. Hach, das wäre Weselsky bestimmt sehr unrecht.

Und wenn Sie das Gefühl haben: "Mit all dem Chronografen-Bummel-Morgentau-Theater mache ich mich doch zum Deppen", dann denken Sie dran: Die GDL tut das auch.

Viel Spaß bei der nächsten Reise mit der Deutschen Bahn. Es sei denn, Sie fahren zukünftig nur noch Fernbus. Dann vergessen Sie's.

Inhalt
Artikel auf einer Seite lesen
© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%