Werner knallhart
Quelle: imago images

Getestet: So nervig wird das Ausleihen von E-Tretrollern

Die neuen E-Tretroller kommen wohl noch in diesem Frühsommer auf Deutschlands Straßen. Dann können wir uns einen kaufen oder einen minutenweise leihen. Per App. Die Start-ups stehen schon parat. Doch der Test in Stockholm zeigt: Am Ende ist man mit Bus und Bahn oft flexibler.

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Schlussendlich hat mir meine Kusine dann eine verzweifelte WhatsApp-Nachricht geschickt: „Ich habe stattdessen den Bus genommen. Sehen uns zu Hause.“ Vorausgegangen war etwas, von dem ich glaube, dass es auch in Deutschland bald ein neues gesellschaftliches Phänomen sein wird: E-Roller-Abklappern.

Aber von vorne. In Stockholm stehen seit einigen Monaten E-Tretroller herum. Dieses sagenumwobene neue Teil im Puzzlespiel namens Mobilitätswende. Von Firmen wie Voi aus Schweden, Lime aus den USA oder Tier aus Deutschland. Was besonders kurios ist, denn in Deutschland selbst ist die Dienstleistung noch verboten. Hierzulande kann man von E-Tretrollern im öffentlichen Raum bislang nur träumen. Denn wir hier brauchen mal wieder so lange, etwas Neues zu erlauben, bis Städte in anderen Ländern vor uns schon ihre ersten Erfahrungen mit diesen E-Tretrollern machen konnten. Und die lassen sich so zusammenfassen:

a) Die Roller haben das Potenzial, den Nahverkehr in unseren verstopften Städten zu revolutionieren.

b) Die Leute fahren damit wie die Bekloppten – und parken auch so.

In Madrid wurden die Roller deshalb kurzerhand wieder verboten, aus dem Straßenbild entfernt und erst mit neuen Vorschriften und Mengenbegrenzungen später wieder erlaubt.

So ein Hickhack wollen wir hier natürlich nicht. Wir wollen von vorne herein alle erdenklichen Probleme abwürgen. Herausgekommen ist eine lange neue Verordnung, die man im Wesentlichen wiederum so zusammenfassen kann:

a) E-Tretroller mit einer bauartbedingten Höchstgeschwindigkeit von 20 km/h dürfen auf Radwegen fahren. Wenn es keine Radwege gibt, dürfen wir sie auf der Straße fahren.

b) E-Tretroller bis 12 km/h dürfen auf dem Gehweg gefahren werden.

c) Die Dinger müssen versichert werden.

d) Die Roller benötigen Klingel, Licht samt Bremslicht und zwei unabhängige Bremsen.

Nur gilt dieses Gesetz noch nicht. Es muss erst noch im Bundesrat diskutiert werden. Deshalb habe ich das Angebot gemeinsam mit meiner Familie und Freunden über Ostern mehrere dutzend Mal in Stockholm getestet. Bei den Anbietern Voi, Tier und Lime. Und ich muss sagen: Wenn man auf solch einem Roller unterwegs ist, macht es Spaß und geht es schnell (20 km/h sind gar nicht mal so lahm, was man merkt, wenn man Radfahrer überholt oder fast mit ihnen zusammen knallt, denn in Stockholm gibt es Rechts-vor-links-Fahrradwegkreuzungen mit kaum erkennbaren Fahrbahnmarkierungen).

Aber bis zum E-Tretroller-Trip ist es mitunter ein langer Weg. Und der kostet Kalorien (gut), Zeit (schlecht) und Nerven (sehr schlecht).

Die erste Hürde ist recht schnell genommen und muss vor allem auch nur einmal genommen werden. Man muss einen Kundenaccount erstellen. Das Ganze dauert maximal zwei Minuten und lässt sich direkt vor dem E-Roller stehend erledigen.

Auch das Freischalten des Rollers ist ein Klacks. Mit der App einfach den QR-Code an der Lenkstange scannen (in der Regel fallen pro Mietvorgang rund 1 Euro Startgebühr plus der Minutenpreis von rund 19 Cent an). Auch die erste Fahrt geht fast intuitiv (und wird per App erklärt). Zwei, dreimal mit dem Fuß anschieben, Stromhebel drücken und los geht's. Juhu! So also geht Mobilität im einundzwanzigsten Jahrhundert!

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