Jetzt kommt die fröhliche Kellnerin endlich zu ihrer ersten Tour durch das Restaurant. Das Bordbistro nebenan bleibt geschlossen. Ein Mann kommt von dort herüber, vielleicht Ende dreißig, und stellt sich in den Gang des Restaurants. Als die Kellnerin vorbeikommt, murrt er im Ton eines Kunden, der wirklich noch denkt, hier im Zug zögen die Allüren eines Königs: "Darf ich bitte was bestellen?"
"Einen Moment bitte", sagt die Kellnerin, und fragt dann die Passagiere am Tisch: "Was darf es bei Ihnen sein?"
Der Mann aus dem Bistro schimpfte dazwischen: "Warum überspringen Sie mich? Ich will auch was bestellen."
"Das ist ein Restaurant. Ick bediene erst einmal die Gäste an den Tischen."





Der Mann setzte sich daraufhin mit einer Pobacke auf ein freies Stück Sitzbank und posaunt triumphierend: "Ich sitze! Darf ich dann jetzt bestellen?"
Die Kellnerin ignoriert ihn lächelnd. Bestimmt denkt sie: "Was für ein Autofahrer". Ein Gast flüstert ihr zu: "Nicht aufregen lassen." Sie spitzt die Lippen zu einem stummen Nönö.
Halb 9: Ein Fahrgast, der im Restaurant keinen Sitzplatz mehr ergattern konnte, bittet die Kellnerin stehend um eine Tasse Kaffee. Sie sagt: "Ick kann Ihnen leider keene Sitzplatznummer zuordnen, weil Sie stehen. Ick weeß nicht, wie ick Ihren Kaffee in der Kasse bongen soll. Tut mir leid."
Aber sie hat das warme Herz einer Gastronomin. Fünf Minuten später kommt sie vorbei und raunt zufrieden: "Gleich bringt Ihnen der Service aus der ersten Klasse einen Kaffee. Die bongen nicht auf Sitzplatznummern."
Der Fahrgast kann sein Glück kaum glauben: "Darf ich meine Tasse denn auch ohne Platznummer zwischendurch auf einem Tisch abstellen?"
Die wichtigsten Baustellen der Bahn 2015
Von Mitte Januar bis Anfang Mai wird auf der Nord-Süd-Verbindung der Oberbau, die Leit- und Sicherungstechnik und der Tunnel unter die Lupe genommen. In dieser Zeit ist die Strecke zwischen Gesundbrunnen und Yorkstraße gesperrt. Von Ende August bis Ende November wird außerdem eine Brückenkonstruktion am erst 2006 eröffneten Berliner Hauptbahnhof saniert. Fernzüge halten dann im unteren Teil des Kreuzungsbahnhofs.
Mitte Mai sollen auf der Hochgeschwindigkeitsstrecke zwölf Weichen erneuert werden. Während der Bauzeit wird die Strecke gesperrt. Der Fernverkehr wird von Hannover über die alte Strecke nach Göttingen umgeleitet. Das dauert 30 Minuten länger.
Von Mitte April bis Mitte Mai werden auf der ICE-Strecke 44 Kilometer Schienenstrang ausgewechselt. Dazu wird die Strecke durch den Westerwald an vier Wochenenden gesperrt. Die Züge werden dann am Rhein entlang fahren. Die Fahrzeit verlängert sich um 60 Minuten.
Die Strecke bekommt von Ende Juni bis Mitte August auf 22 Kilometern neue Gleise. Fernzüge fahren einen Umweg über Venlo und brauchen dafür 45 Minuten länger. Auf der Route Köln-Siegen werden im gleichen Zeitraum 35 Kilometer Gleise renoviert. Davon sind in der Bauzeit 77 Nahverkehrszüge betroffen, die durch Busse ersetzt werden.
Von Mitte September bis Ende Oktober werden auf der Schnelltrasse Gleise und Weichen ausgetauscht. Dafür wird die Strecke zwischen Kraichtal und Stuttgart-Zuffenhausen zeitweise gesperrt. Die Umleitung über die alte Strecke kostet 40 Minuten Fahrzeit.
Von Anfang März bis April wird ein zehn Kilometer langer Streckenabschnitt saniert. Zeitweise ist eine Sperrung nötig. Die Fernzüge der Linie Nürnberg-Karlsruhe werden über Treuchtlingen umgeleitet. Das dauert 40 Minuten länger als sonst.
Auf dieser Route wird voraussichtlich noch bis August 2015 die Schienentechnik erneuert, damit Züge künftig dort mit Tempo 200 fahren können. Dabei muss ein alter Damm saniert, Gleise erneuert und neue Signalkabel verlegt werden. Ein Teil der Fernzüge muss über Augsburg umgeleitet werden. Das führt zu einer 30 Minuten längeren Fahrzeit.
Ca. 9 Uhr: Fahrkartenkontrolle. Der Schaffner verteilt Fahrgastrechte-Formulare. Er stempelt "mehr als 60 Minuten Verspätung" ab. Eine Frau beschwert sich: "Aber mit dem ausgefallenen Zug vorab habe ich bald drei Stunden Verspätung. Müssen Sie nicht 'mehr als 120 Minuten' abstempeln?"
"Nee. Das Feld ist nur für Nachtzüge."
Die Frau stutzt kurz, legte eine Mine auf, als wolle sie fragen: "HÄÄ?" Dann fällt ihr ein, wessen Kunde sie gerade ist, sagt "Aha" und geht weg.
Viertel vor 10: Meine Tischnachbarin möchte raus in den Gang, um sich die Beine zu vertreten. Drei Minuten später ist sie wieder da und lacht, als amüsiere sie sich über einen eigenen Denkfehler: "Spazieren gehen macht natürlich keinen Sinn. Die Leute sitzen und liegen ja kreuz und quer im Weg über ihren Koffern. Da kommt ja keiner durch." Interrail-Sommer-Feeling für Business-Reisende. Ach, früher, da sind wir Teenager in Brindisi noch durchs Fenster aus dem vollen Zug ausgestiegen. Dafür müsste man heute die Scheiben mit dem Not-Hammer einschlagen. Aber das macht irgendwie nie jemand.
Dienstleister
11 Uhr 09: Wir sitzen hier alle in Jacken, Fleecepullis und Mänteln. Vor 18 Stunden waren es draußen noch 37 Grad. Und prompt ist es richtig kühl im ICE.
Das ist der Beweis: Die Klimaanlagen funktionieren. Sogar extra lange.
Der Zug hat jetzt schon 125 Minuten Verspätung. Wird er damit zum Nachtzug? Das ist wichtig. Der kostet dann nämlich Zuschlag.