Werner knallhart

John Reed Fitness Clubs: Die Schickimicki-Muckibude

Die McFit Global Group eröffnet mehr und mehr Fitness Music Clubs: Muskeltraining in einer kitschig-schummrigen Atmosphäre aus Möbellager und Hollister-Stores. Und stößt damit einige erwachsene Sportler vor den Kopf.

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Ein Sammelsurium an Deko-Artikeln: Der John Reed Fitness Music Club. Quelle: John Reed

Mein Fitnessstudio um die Ecke ist noch so eine richtige Mucki-Bude. Ein McFit aus Anfangszeiten. Der Bodenbelag ist aus mit Klarlack versiegelten Grobspanplatten, im Freihantel-Bereich riecht es bitter nach Männerschweiß mit Axe drüber. Und das Klo ist so schlecht belüftet, dass das Personal die Tür nicht selten mit dem Mülleimer offen hält, um den Kunden den Würgereiz zu ersparen. Kursräume? Kein Platz. Ordentlicher Dehnbereich? Kein Platz.

Wenige Kilometer weiter gab es bis vor Kurzem ein ganz anderes McFit: Zweigeschossig, Räume mit Cyber-Kursen (also Gruppen-Training unter Video-Anleitung), Box-Raum, Rückenstraße (also speziell aufs Rückentraining abgestimmte Geräte), dunkler Boden, großzügige Umkleiden. Und hygienische sanitäre Anlagen.

Plötzlich hieß es: Dieses McFit wird renoviert. Und ich dachte: Mo-Mo-Mo-Moment! Wieso lässt McFit die olle Mucki-Bude eine olle Mucki-Bude sein und investiert Zigtausende in das schon jetzt viel schönere Studio?

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Grillwurst Quelle: dpa
vegetarische Suppe Quelle: dpa Picture-Alliance
Vitaminpillen auf einem Löffel Quelle: dpa
drei Leute joggen Quelle: dpa
Zigaretten Quelle: dpa
Frauen in einer Saune Quelle: dpa Picture-Alliance
Menschen machen Yoga am Times Square Quelle: AP

Jetzt habe ich es kapiert. McFit hat das schönere mal eben in eine neue Marke umgewandelt. Statt McFit heißt das Ganze nun John Reed Fitness Music Club. Ich habe diesen John Reed mal gegoogelt und die Pressemitteilungen von McFit durchforstet, um zu sehen, wer da mit seinem Namen für die neue Marke steht. Ergebnis: nix. Diesen Typen scheint es gar nicht zu geben. Gut, Wikipedia spuckt einen John Reed aus. Den Gründer der ersten kommunistischen Partei in den USA, der im frühen 20. Jahrhundert vom Obersten US-Gerichtshof wegen Hochverrats angeklagt wurde. Den meint McFit bestimmt nicht. Aber so ein Name klingt natürlich super persönlich und international. Und lässt sich Dallas-mäßig mit JR abkürzen.

Die Idee von John Reed liest sich offiziell so: „Wir bei John Reed leben Fitness und lieben guten Sound. Deshalb mixen wir Sport, Musik und Design und heben die Grenzen von konventionellem Training auf. Bei uns ist Fitness nicht einfach nur pures Bodytuning, sondern der Soundtrack einer neuen Bewegung.“

Oh. Fitness als Soundtrack einer neuen Bewegung. Naja, Bewegung hält ja fit. Insofern... Deshalb legen da jetzt ab und an DJs auf, während man selber pumpt. Aber selbst, wenn die Musik automatisch von der Festplatte kommt, ist die jetzt in einigen Ecken so laut, dass man sich sogar mit den eigenen In-Ear-Kopfhörer-Gummipfropfen kaum davor schützen kann. Und Musik ist nun mal Geschmacksache. Aber gut, in Zeiten, in denen fast jeder seine eigenen Kopfhörer plus Smartphone mit eigener Lieblingsmusik dabei hat, muss das John-Reed-Team natürlich schon ganz schön laut aufdrehen, um den Gästen die eigene Musik reinzudrücken.

Jetzt zählt bei der Wahl des Fitnessstudios eben nicht mehr nur das Angebot an Trainings-Equipment und das Kursangebot, sondern auch das alles überlagernde Musikangebot. Weil Fitness ja ein Soundtrack ist. So!

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Aber da ist noch was: Nun, wie soll ich sagen? Also, wie das da jetzt aussieht. Das Problem manifestiert sich in dem, was deren Presse-Leute so zusammenfassen:

„Das Interior Design von John Reed ist Ausdruck eines kosmopolitischen Lebensgefühls. Einflüsse exotischer Kulturen, Design-Elemente historischer Epochen und Streetart urbaner Metropolen verschmelzen zu einem Stil, der fasziniert und inspiriert. Erlaubt ist, was gefällt.“ Und jetzt kommt´s: „Und John Reed gefällt einiges.“

Wenn sie ehrlich wären, würden sie ergänzen: „...und kann sich nicht entscheiden.“

Nur eine Illusion

Während McFit bisher alles dem Sport untergeordnet hat, scheint John Reed mit allen Mitteln davon ablenken zu wollen, dass der Laden ein Gym ist. Und das Sammelsurium an Deko-Artikeln wirkt irgendwie nicht verschmolzen, sondern wahllos zusammengekauft.

Nehmen wir die neueste Filiale am Kottbusser Tor in Berlin-Kreuzberg. Da stehen Regale voller Bücherattrappen aus Kunststoff so nah an den Langhanteln, dass man Angst bekommt, sie bei einem Ausfallschritt mit der Stange umzureißen. Aber zum Glück ist die Requisite fest angeklebt oder angeschraubt.

Das, was da Individualität verströmen soll, ist offenbar im Multi-Pack eingekauft. Das Vasenmodell aus dem einen Regal findet sich auf dem Raumtrenner einige Meter weiter fest montiert wieder.

Da dienen Buddha-Statuen als Buchstützen. Die Statuen für solche Zwecke auszuführen, wäre Touristen im buddhistischen Thailand als Respektlosigkeit mittlerweile verboten. Über einem Buddha thront bei John Reed dann ein Plastikosterhase, der mit neongrünem Filz überzogen ist. Dieser wiederum stützt mit seinem Rücken Band 9, 4, 7 und 10 eines altertümlichen Nachschlagewerkes - eines unechten, zusammengeklebten, versteht sich.

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Die einst recht weitläufigen Umkleidekabinen sind nun regelrecht verrammelt mit kitschigen Möbeln. Auf alt getrimmte Kommoden im Ich-war-schon-mal-auf-Sri-Lanka-Design vor knalligen Tapeten mit kaleidoskopischen Motiven, die man am besten erst betrachtet, nachdem man sich festen Halt gesucht hat. Puffige Ledersofas in Hochglanzoptik verengen die Gänge. Und unter einem auf barock gemachten Spiegel steht ein Schrank, der auf einen meiner Freunde wirkt „als wenn die da drin frisch gebügelte Unterhosen für einen bereit legen.“ Aber das ist natürlich nur eine Illusion.

Antike Schränke und Wände sind mit Graffiti aufgepeppt. Weil wir ja hier in Kreuzberg sind. Man hört förmlich noch den Chef zum Sprayer sagen: „Sprüh da mal noch irgendwas hin.“

Im Foyer haben die Innenarchitekten sich dazu hinreißen lassen, eine Reihe von Butzenfenstern aufzubauen, die wohl aussehen sollten, als hätte man sie aus einem alten Strandhaus bei Long Island gerissen. Die versperren nun den Blick auf die Berge an prall gepolsterten Sofas im Stil einer Grand-Hotel-Lobby-Parodie im Eingangsbereich und wirken wie verschenkt, aber noch nicht abgeholt.

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Und über einer Sitzecke im Obergeschoss an der auf Safari-Lodge getrimmten Bretterwand hängen wie Trophäen die Schädel zweier Nashörner. Allerdings im kantigen Design einer Computerzeichnung aus den Siebzigerjahren. Und aus schwarzem Hochglanz-Kunststoff. Und dann diese Kronleuchter überall!

Das Irritierendste aber: Die Fake-Uhren. Einige sollen wohl Bahnhofs-Uhren aus der britischen Kolonialzeit in Indien sein. Sie sehen aber aus wie Laubsägearbeiten und zeigen irgendwelche Uhrzeiten an. Aber nur zweimal am Tag zufällig für je eine Minute die wahre. Ohne Uhrwerk ist offenbar exotischer/historischer/urbaner. Das muss man sich merken, sonst guckt man immer wieder drauf.

Flucht in die Ironie

Ich habe mal beobachtet, wie die Leute reagieren, die offenbar zum ersten Mal nach Neueröffnung den Club am Kottbusser Tor betreten. Einige blickten verstört drein, als hätte man ihnen Tabasco in die Augen gespritzt. Einen hörte ich lachend zu seinem Kumpel sagen: „Alter, das ist jetzt nicht deren Ernst!“

Bisherige McFit-Stammgäste, die alt genug sind, um zu wissen, dass man Weltoffenheit und urbanes Lebensgefühl nicht mit Heim-Deko-Imitaten beim Filmset-Ausstatter zusammenordern kann, fühlen sich nun irgendwie beklommen. Der unangenehme Eindruck: „Das ist nicht meins.“ Man kann dort ja ganz gut Sport treiben. Aber dieser daher-gebrainstormte Puppenstuben-Chique, diese hingezimmerte Messestand-Prosecco-Gemütlichkeit soll doch bitte nicht Ausdruck der eigenen reifen Persönlichkeit sein.

Steht die Marke McFit einfach für aufrichtig und zweckmäßig für Sport zu einem Preis von knapp 20 Euro pro Monat, bleibt John Reed für das gleiche Geld nicht mehr übrig, als Eleganz und urbanes Lebensgefühl billig vorzutäuschen. Kunden Ü30 müssen da wohl oder übel in Ironie flüchten und ganz ganz fest an ihr Waschbrett denken.

Ich habe zwei Jungs in der Umkleide gefragt, die alle drei noch keine Muckis und noch ihre südländischen Milchbärtchen hatten (und demnach höchstens 16 Jahre alt waren): „Wie findet ihr denn diese neue Dekoration hier?“

Da sagt der eine: „Eigentlich cool so. Aber mit dem ganzen Geschirr einfach zu viel des Guten.“

Die größten Sportmythen
Sport fördert die KonzentrationDas stimmt. Studien zeigen, dass Sport die Konzentration fördert und hilft, besser zu lernen. Das gilt aber nicht nur für das Lernen direkt nach dem Sport: Wer körperlich fit ist, arbeitet grundsätzlich auch effektiver, als ein Couch-Potatoe, wie Forscher des Leibniz-Instituts für Arbeitsforschung an der TU Dortmund (IfADo) herausgefunden haben. Das Team um die IfADo-Psychologen Klaus-Helmut Schmidt und Wladislaw Rivkin hat Daten von mehr als 800 Probanden analysiert, die sich freiwillig zu einem medizinischen Check-up angemeldet hatten. Alle Teilnehmer arbeiten im Finanzsektor. Das Ergebnis: Wer regelmäßig Sport macht, kann besser mit Stress auf der Arbeit umgehen. "Wer fit ist, kann psychischen Belastungen und Erkrankungen durch zu viel Stress während der Arbeit vorbeugen", bestätigt Rivkin. "Gerade in Berufen, die täglich ein hohes Maß an Selbstkontrolle erfordern, könnten Sportangebote präventiv eingesetzt werden, um Überbelastung zu vermeiden", rät er. Quelle: dpa
Vom Joggen bekommt man einen HängebusenZwar hüpft die weibliche Brust pro Kilometer rund 84-mal auf und ab, aber ein Sport-BH kann die Wucht dieser Bewegungen um 74 Prozent reduzieren. Sportmediziner halten es für unwahrscheinlich, dass durch Sport das Bindegewebe in der Brust leidet. Eher im Gegenteil: durch Kraftsport wird der Brustmuskel stärker, das stabilisiert den Busen. Jedoch verbrennt Ausdauersport auch viel Fett. Das kann in der Brust dazu führen, dass die Haut schlaffer wird. Profiläuferinnen haben oft fast keinen Busen mehr.Quelle: Focus.de Quelle: Fotolia
Nach dem Sport verbrennt man weiter FettJa - der Nachbrenneffekt nach dem Sport ist messbar. Je nach Belastung kann er auch einen Tag lang anhalten, zum Beispiel nach einem Marathon. Der Körper zieht die Energie dann vor allem aus dem Fettspeicher. Wie lange die Fettverbrennung läuft, hängt davon ab, wie intensiv und lange man trainiert hat. Wenn man etwa eine Stunde im Fitnessstudio trainiert hat, ist der Stoffwechsel nur kurz erhöht. Quelle: dpa
Seitenstechen kommt durch falsches AtmenDas Gerücht hält sich: Seitenstechen kommt vom Reden beim Sport. Denn dann soll die Atmung nicht richtig funktionieren. Das stimmt aber nicht: Für das Seitenstechen kann es viele Ursachen geben. Zum Beispiel wenn man zu schnell atmet. Ein bislang noch nicht belegter Erklärungsansatz für das Seitenstechen ist: Durch die Unterversorgung mit Sauerstoff verkrampft sich das Zwerchfell und sticht. Gefährlich sind die Seitenstiche nicht. Langsamer laufen und gleichmäßigeres Atmen können helfen. Außerdem kann man die Faust ballen und auf die schmerzende Stelle drücken. Quelle: dpa
Erst nach 30 Minuten Sport verbrennt man FettNein, man verbrennt vom ersten Schritt an Fett. In den ersten Minuten verbrennt man allerdings weniger, weil der Körper sich warm macht. Die optimale Verbrennung beginnt dann wirklich erst nach 20 bis 30 Minuten.
Vor dem Sport muss man sich dehnen80 Prozent aller Freizeitjogger dehnen sich regelmäßig. Das verhindert aber keine Verletzungen. Laufen verkürzt die Muskulatur, daher empfehlen Sportmediziner sich nach dem Sport zu dehnen. Bei Sportarten, bei denen man schnell viel Kraft braucht, gilt das nicht, denn das Dehnen senkt den Muskeltonus. Quelle: dpa
Morgensport ist ungesundNicht jeder kann sich morgens aufraffen und ohne Frühstück schon Sport machen. Manche Menschen bekommen dabei Probleme mit ihrem Blutzuckerspiegel. Der Körper verbrennt aber mehr Fett, weil ihm nicht so viele Kohlenhydrate zur Verfügung stehen. Quelle: dpa

Und der andere: „Aber das Geile ist so, dass die Musik so laut ist, dass man seine Kopfhörer nicht mehr extra mitschleppen muss.“

Hmm. Wieder Stichwort Geschmackssache.

ABER MIT DEM ALTER HAT DAS NICHTS ZU TUN! Vielleicht bin ich einfach eher der Typ für die schwitzigen Mucki-Buden. Wird mir erst jetzt klar.

Schade, dass Sie jetzt nicht die Ader auf meinem Bizeps sehen können.

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