Mein Fitnessstudio um die Ecke ist noch so eine richtige Mucki-Bude. Ein McFit aus Anfangszeiten. Der Bodenbelag ist aus mit Klarlack versiegelten Grobspanplatten, im Freihantel-Bereich riecht es bitter nach Männerschweiß mit Axe drüber. Und das Klo ist so schlecht belüftet, dass das Personal die Tür nicht selten mit dem Mülleimer offen hält, um den Kunden den Würgereiz zu ersparen. Kursräume? Kein Platz. Ordentlicher Dehnbereich? Kein Platz.
Wenige Kilometer weiter gab es bis vor Kurzem ein ganz anderes McFit: Zweigeschossig, Räume mit Cyber-Kursen (also Gruppen-Training unter Video-Anleitung), Box-Raum, Rückenstraße (also speziell aufs Rückentraining abgestimmte Geräte), dunkler Boden, großzügige Umkleiden. Und hygienische sanitäre Anlagen.
Plötzlich hieß es: Dieses McFit wird renoviert. Und ich dachte: Mo-Mo-Mo-Moment! Wieso lässt McFit die olle Mucki-Bude eine olle Mucki-Bude sein und investiert Zigtausende in das schon jetzt viel schönere Studio?
Jetzt habe ich es kapiert. McFit hat das schönere mal eben in eine neue Marke umgewandelt. Statt McFit heißt das Ganze nun John Reed Fitness Music Club. Ich habe diesen John Reed mal gegoogelt und die Pressemitteilungen von McFit durchforstet, um zu sehen, wer da mit seinem Namen für die neue Marke steht. Ergebnis: nix. Diesen Typen scheint es gar nicht zu geben. Gut, Wikipedia spuckt einen John Reed aus. Den Gründer der ersten kommunistischen Partei in den USA, der im frühen 20. Jahrhundert vom Obersten US-Gerichtshof wegen Hochverrats angeklagt wurde. Den meint McFit bestimmt nicht. Aber so ein Name klingt natürlich super persönlich und international. Und lässt sich Dallas-mäßig mit JR abkürzen.
Die Idee von John Reed liest sich offiziell so: „Wir bei John Reed leben Fitness und lieben guten Sound. Deshalb mixen wir Sport, Musik und Design und heben die Grenzen von konventionellem Training auf. Bei uns ist Fitness nicht einfach nur pures Bodytuning, sondern der Soundtrack einer neuen Bewegung.“
Oh. Fitness als Soundtrack einer neuen Bewegung. Naja, Bewegung hält ja fit. Insofern... Deshalb legen da jetzt ab und an DJs auf, während man selber pumpt. Aber selbst, wenn die Musik automatisch von der Festplatte kommt, ist die jetzt in einigen Ecken so laut, dass man sich sogar mit den eigenen In-Ear-Kopfhörer-Gummipfropfen kaum davor schützen kann. Und Musik ist nun mal Geschmacksache. Aber gut, in Zeiten, in denen fast jeder seine eigenen Kopfhörer plus Smartphone mit eigener Lieblingsmusik dabei hat, muss das John-Reed-Team natürlich schon ganz schön laut aufdrehen, um den Gästen die eigene Musik reinzudrücken.
Jetzt zählt bei der Wahl des Fitnessstudios eben nicht mehr nur das Angebot an Trainings-Equipment und das Kursangebot, sondern auch das alles überlagernde Musikangebot. Weil Fitness ja ein Soundtrack ist. So!
Stolperfallen im Fitnessstudio-Vertrag
Die meisten Fitnessstudios binden ihre Mitglieder mit langfristigen Verträgen. Monatlich kündbare Verträge sind unüblich. Je länger das Mitglied sich verpflichtet, desto geringer ist der monatliche Beitrag. Der Bundesgerichtshof entschied, dass eine Laufzeit von 24 Monaten nach Vertragsabschluss zulässig sei. Oft verlängern sich die Verträge von selbst, wenn sie nicht rechtzeitig gekündigt werden. Auch hier urteilte der BGH, dass es zumutbar ist, sechs Monate Verlängerung zu akzeptieren, selbst wenn der Beitrag bei monatlich 50 Euro liegt. (BGH-Urteil vom 04.12.1996, AZ: XII ZR 193/95)
Sollte man innerhalb der Grundlaufzeit feststellen, dass man das Studio zu selten oder nie nutzt, rät Verbraucherzentrale NRW den Vertrag auf jeden Fall zum Ende der Grundlaufzeit zu kündigen, damit der Betreiber nicht weiter abbuchen darf.
Wer bei Google das Wort "Fitnessstudio" eingibt, bekommt auf Platz 1 der Suchvorschläge die Kombination "Fitnessstudio kündigen". Offensichtlich möchten fast so viele Menschen aus dem Studiovertrag raus wie hinein. Das ist nicht so einfach. Die Verbraucherzentrale rät, die Kündigung auf jeden Fall mit Einschreiben mit Rückschein zu versenden oder sie persönlich abzugeben und sich den Empfang quittieren zu lassen. Die Kündigungsfrist steht im Vertrag.
Werden Sie krank oder wechseln den Wohnort, steht Mitgliedern ein Sonderkündigungsrecht zu. Aber auch im Falle der Änderung von Öffnungszeiten, die so verkürzt werden, dass man nicht mehr zum Training kommt, können ein Grund sein für eine Sonderkündigung. Wird das Angebot so verändert, dass es den Nutzen stark beeinträchtigt, muss das Mitglied dem Betreiber mit einer Frist die Gelegenheit geben, dies zu ändern. Wer länger krank ist, muss nicht zahlen. Derartige Klauseln sind laut Bundesgerichtshof unzulässig. Allerdings muss das Mitglied den Studiobetreiber unmittelbar über die Erkrankung oder Verletzung informieren und auf Verlangen gegebenenfalls ein Attest vorlegen. Wer einfach nur sechs Monate in Urlaub fährt, hat hingegen keinen Grund, aus dem Vertrag auszusteigen.
Aber da ist noch was: Nun, wie soll ich sagen? Also, wie das da jetzt aussieht. Das Problem manifestiert sich in dem, was deren Presse-Leute so zusammenfassen:
„Das Interior Design von John Reed ist Ausdruck eines kosmopolitischen Lebensgefühls. Einflüsse exotischer Kulturen, Design-Elemente historischer Epochen und Streetart urbaner Metropolen verschmelzen zu einem Stil, der fasziniert und inspiriert. Erlaubt ist, was gefällt.“ Und jetzt kommt´s: „Und John Reed gefällt einiges.“
Wenn sie ehrlich wären, würden sie ergänzen: „...und kann sich nicht entscheiden.“