Beim ICE 3 war ich mir lange nicht sicher: Ist es Hass oder Schlamperei? Heute weiß ich: Es ist Pfusch Made in Germany. Aber gut. Wer soll denn bei der Entwicklung eines Zuges, der mit 300 km/h die Berge zwischen Köln und Frankfurt hoch und runter donnert und dabei noch Kaffee warm halten kann, noch extra an das Design der Toilette denken?
Im ICE 3 ist das Klo so dicht an die Wand geschraubt, dass die Klobrille exakt senkrecht hochgeklappt steht. Bei der geringsten Fahrtbewegung (also wirklich immer!) donnert sie durch den Strahl hindurch runter. Und so ist der ICE 3 eben nicht der Zug, der mit 300 km/h durch Berg und Tal rauscht, sondern der Zug, bei dem man immer quer über die Klobrille pinkelt. Und nun sagen Sie nicht: Man pinkelt ja schließlich auch nicht im Stehen. Würden Sie sich ernsthaft jetzt noch in einem ICE 3 auf die Klobrille setzen?
In einer Aufsichtsratssitzung der Bahn soll die Klobrille des ICE 3 tatsächlich schon Thema gewesen sein. Wirklich wahr! Das ehrt den Aufsichtsratschef Utz-Hellmuth Felcht. Der Mann setzt die Prioritäten unkonventionell aber einfach richtig. Mit Liebe zum Detail. Wie aus Konzernkreisen zu hören war, kamen seine verärgerten Einlassungen beim Rest des Aufsichtsrats allerdings nicht so gut an. Zu viel Zeit für Belangloses.
Tja. Macht nur so weiter. Dann müssen es die Kollegen vom Marketing wieder ausbügeln, etwa mit einem Beutelchen Mini-Gummibärchen in der 1. Klasse. Die kosten im Supermarkt runtergebrochen 8 Cent. Fragen Sie aber mal im Kollegenkreis rum: Was ist das Besondere an der 1. Klasse? Dann bekommen Sie mit Sicherheit zu hören: mehr Arm-und Beinfreiheit, Bedienung am Platz und: kostenlose Gummibärchen. Bahn-Marketing läuft absolut auf Airline-Niveau.
Die neueste Kundenbindungsmaßnahme der Bahn hat sogar das Potenzial, den Weg in die Marketing-Fachliteratur zu finden.
Da bekommen BahnCard-Kunden einige Tage vor ihrem Geburtstag eine E-Mail: "Drei Fragen für ein Lächeln zu Ihrem Geburtstag.
1. Was ist Ihre Lieblingsfarbe?
2. Welcher Urlaubstyp beschreibt Sie am besten? a. Berge und Seen b. Strand und Meer oder c. Städte und Metropolen?
3. Welchen Kuchen essen Sie am liebsten?"
Einer meiner Freunde antwortete ganz entzückt 1. braun, 2. Metropolen, 3. Schwarzwälder Kirsch und malte sich schon den Gutschein über ein Schnäppchen-Ticket in eine Großstadt mit Kuchen im Bordrestaurant aus.
Pünktlich zu seinem Geburtstag kam dann eine E-Mail mit einem "ganz persönlichen Geschenk". Mein Freund staunte nicht schlecht. Es war ein Bastelbogen zum selber Ausdrucken. Das Motiv: ein ICE von oben bis unten beschmiert mit Kot.
Erst bei genauerem Hinsehen entpuppten sich die riesigen braunen Flecken auf dem weißen Lack als Luftballons. Mein Freund hatte ja braun als Lieblingsfarbe gewählt. Unten in der Mail hing dann ein Rezept für Schwarzwälder Kirsch an. "Da es uns leider nicht möglich ist, Ihnen eine Torte per E-Mail zu schicken." Überraschung gelungen. Da darf dann auch gerne mal die Klobrille runterknallen.
Wann kommen also die Luftballon-Bastel-E-Mails als Ausgleich für die Flugzeug-Kopfstützen? Meine Lieblingsfarbe ist, sagen wir mal, rot. Mal gucken, wie das dann aussieht.