Alkoholfreies Bier ist damit zu einer eigenen Erfrischungsgetränke-Sparte aufgestiegen. Und wird deshalb nicht mehr allein mit alkoholhaltigem Bier verglichen, sondern mit Limonaden, Säften und Schorlen. Und kommt da bei den Nährwerten ganz gut weg.
Hier der Vergleich (Angaben pro 100 ml)
Getränk | Kaloriengehalt in Kilokalorien |
Jever fun Alkoholfrei | 13 |
Gerolsteiner Apfelschorle | 24 |
Bitburger Radler Alkoholfrei | 26 |
Coca-Cola | 42 |
Beck´s 4,9% vol | 43 |
hohes C Orange | 43 |
Red Bull | 45 |
frische Vollmilch | 64 |
Dazu kommt: Bier besteht allein aus Wasser, Hopfen und Malz. Industriezucker, Fruktose, Süßstoffe, Farbstoffe, Koffein und Taurin kommen im alkoholfreien Bier nicht vor.
Obendrein sind viele alkoholfreien Biere isotonisch, das heißt im Groben: Das Verhältnis zwischen Nährstoffen und Flüssigkeit im Bier entspricht dem des Blutes und deshalb kann das Bier leicht verdaut werden. Hier muss man allerdings gleich etwas die Luft rauslassen: Denn erstens reicht nach Expertenmeinung bis zu einer Stunde Hochleistungssport Wasser als Durstlöscher aus. Und zweitens fehlt dem Bier oft Natrium, um ein perfekter isotonischer Durstlöscher zu sein. Das gilt allerdings auch für Saftschorlen, die nicht mit ausreichend natriumhaltigem Mineralwasser zubereitet werden. Unterm Strich wirkt alkoholfreies Bier eigentlich wie ein prima Durstlöscher sogar für Kinder.
Verfahren zur Herstellung von alkoholfreiem Bier
Alkoholfreies Bier ist nicht alkoholfrei. Je nach Herstellungsverfahren liegt der Alkoholanteil zwischen 0,02 und den maximal erlaubten 0,5 Volumenprozent. Die ursprüngliche Methode, um unterhalb dieses Grenzwertes zu bleiben, ist das Abbrechen des Gärprozesses – mittels Kälteschock. Dann vergärt die Hefe nur so wenig Zucker, dass sich keine nennenswerten Mengen Alkohol bilden können.
Hier fließt normales Bier durch einen senkrecht stehenden beheizten Zylinder, in dessen Innerem Unterdruck herrscht. So wird der Siedepunkt des Alkohols massiv gesenkt; er verdampft bereits bei einer Temperatur zwischen 35 und 45 Grad Celsius. Das schont die Aromastoffe im Bier. Das entalkoholisierte Getränk fließt in einen separaten Behälter ab.
Alkohol und Bier werden in mehreren Schritten getrennt. Bei Unterdruck fließt alkoholhaltiges Bier von unten in die Anlage, wird erwärmt und verdampft. Oben erhöht sich die Konzentration des Alkohols von Boden zu Boden – unten kann der Alkoholgehalt auf bis zu 0,05 Volumenprozent gesenkt werden. Der Vorteil: Aroma kann entzogen und am Ende wieder zugeführt werden.
Eine Membran trennt zwei Gefäße. In dem einen ist Wasser enthalten, im anderen das alkoholhaltige Bier. Eine Pumpe drückt das Bier im Gefäß nach unten. Die Membran lässt dann den Alkohol durch, der nach und nach ins benachbarte Wasser abwandert. Nachteil: Nicht nur der Alkohol, auch viel des im Bier enthaltenen Wassers und andere Inhaltsstoffe wandern hinüber.
Diese Methode braucht keinen Druck, sondern nutzt die Wirkung des Konzentrationsunterschieds verschiedener Flüssigkeiten. Durch eine röhrenförmige Hohlfasermembran fließt das alkoholhaltige Bier. Auf der Außenseite fließt in entgegengesetzter Richtung Wasser. Durch das Konzentrationsgefälle drängt der Alkohol durch die Membran – das Wasser nimmt ihn auf.
Und trotzdem nein: Denn erstens macht alkoholfreies Bier womöglich den Weg frei für alkoholhaltiges. Und zweitens haben sich die Alkoholfrei-Brauer eine unfaire Marketing-Frechheit erlaubt: Sie nennen ihr Bier alkoholfrei, obwohl es bis zu 0,5 Prozent Alkohol enthält. Das wissen laut Verbraucherschützern aber 70 Prozent der Konsumenten gar nicht. Trotzdem ist diese Etikettierung erlaubt; auch Fruchtsäfte dürfen so viel Alkohol enthalten und gelten ebenfalls als alkoholfrei. Mal wieder einer dieser traditionellen Verbraucher-Irreführungen. So wie Kalbsleberwurst, die vorwiegend aus Schwein bestehen darf.
0,5 ist eben nicht 0,0. Was ist also mit Schwangeren, die an einem heißen Sommertag von mittags bis in die Nacht fünf Flaschen alkoholfreies Bier wegzischen? Die haben dann womöglich nichtsahnend so viel Alkohol getrunken wie in einer halben Flasche normalen Bieres steckt. Ohne es zu wollen.
Richtig alkoholfreies Bier gibt es aber auch. Das ist dann meist gekennzeichnet als „alkoholfrei 0,0“, wie das Bitburger alkoholfrei oder das Kulmbacher alkoholfrei. Doch Beschwerden der Verbraucher fruchten. Die deutschen Bierbrauer haben freiwillig versprochen: Ab 2015 steht auf den Flaschen mit minimal alkoholischem Inhalt „< 0,5% vol.“ Mal abwarten, wo und wie groß.
Laut Deutschem Brauer-Bund sind die Deutschen weltweit führend bei der Herstellung alkoholfreier Biere. Und wahrhaftig: Bei einem Restaurant-Besuch jüngst in Los Angeles habe ich als einziges alkoholfreies Bier ein Clausthaler auf der Karte entdeckt. Ausgerechnet den Klassiker aus Zeiten, als alkoholfreies Bier den Leuten bei uns noch peinlich war.
Wenn die deutschen Brauer jetzt durchstarten, dann kann das was werden: gesundes Bier, das schmeckt. Aus dem Land, das vielen in der Welt als die Heimat des Bieres gilt. Und alles trotzdem nach dem Reinheitsgebot von 1516. Tradition und Innovation. Das ist doch nun wirklich das perfekte Marketing-Paket! Na denn nichts wie los. Damit man nicht immer Jägermeister trinken muss, wenn man im Urlaub Heimweh kriegt.
Unser Redakteur Thorsten Firlus-Emmrich machte sich bereits auf die Suche nach dem besten alkoholfreien Bier für Sportler: >>Hier geht es zum Test