Werner knallhart

Motel One: Wie lange zieht der Clever-Lifestyle noch?

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Motel One: Die Kette, der ein echter Kamin im Unterhalt zu teuer ist?

Ich habe schon Lästereien gehört über den Flachbildschirm im Motel-One-Foyer, auf dem ein elektronisches Kaminfeuer flackert. Und ja, hier wird wirklich allzu deutlich, dass es für eine echte Wohlfühlatmosphäre nicht reicht. Vor zwanzig Jahren war so ein Kaminfeuer im Super-RTL-Nachtprogramm noch ein origineller Gag (man konnte es sogar auf VHS erwerben), aber heute wirkt es offenbar auf einige etwas bemitleidenswert. Mich eingeschlossen. Motel One: Die Kette, der ein echter Kamin im Unterhalt zu teuer ist. Die mit dem kitschigen Aquarium-Imitat auf den Bildschirmen im Zimmer.

Während das Bio-Frühstück auf echte Marken setzt, zeigen die Monitore das, was Motel One nicht hat. Plötzlich Möchtegern. Schon wenn man den Sitzplatz auswählt, merkt man dieses gewisse Unwohlsein: „Wollen wir uns vors Feuer setzen?

„Feuer?“
„Ja, Mann. Also vor diesen Fernseher mit dem Feuervideo?“
„Wozu? Bringt doch eh nicht.“
„Das weiß ich auch!“

Quelle: Motel One

Aber weil nichts anderes frei ist, sitzt man dann vorm irritierenden Elektro-Geflacker und fühlt sich so ein bisschen dämlich. Nicht, dass noch jemand denkt, man habe sich aus atmosphärischen Gründen dort hingesetzt, in der Hoffnung, dass es vielleicht doch ein bisschen wärmt.

Ich will nicht sagen, dass dieses Kunst-Geflacker ein objektiver Grund ist, das Hotel zu meiden. Aber subjektiv drängt die Überlegung in die Bauchgegend.

Das Beispiel zeigt: Es kann allzu schnell kippen, von clever zu blöd. So wie das auf Hochglanz polierte Premium-Marken-Image von Apple zu Häme motiviert, wenn der Vorreiter der Konkurrenz hinterherrennt. Mehr Schein als Sein ist peinlich.

Diesen „Plötzlich-irgendwie-uncool-Effekt“ kennt auch Vapiano. Das Konzept von „Iss du schonmal. Meine Pizza braucht wohl noch“ liefert alle Nachteile eines Foodcourts, nicht aber den einen großen Vorteil der vielen echten Foodcourts, die es mittlerweile gibt: Bei unterschiedlichen Gastronomen Spezialitäten bestellen zu können, die es eben nur an genau diesem und jenem Stand so lecker gibt. Ich behaupte: Vapiano lädt den Selbstwert-Akku vieler Kunden nicht richtig auf. Das gute Lebensgefühl von einst ist weg. Zu viel Show, zu wenig „echt gut“.

Was fällt Motel One wohl als Nächstes ein, um das Clever-Lebensgefühl weiter zu befeuern? Was kommt nach Bio? CO2-Kompensation von Strom und Heizung? Elektro-Shuttles zum Bahnhof und Flughafen?

Als erstes am besten ganz schnell was Neues auf den Monitoren. Vielleicht übergangsweise Kerzen. Die blinken wenigstens nicht so.

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