Werner knallhart

"Prego, grazie, due espressi": Was tun bei diesen Folklore-Kellnern?

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Vertreibung des Folklore-Kellners

Aber was tun beim Folklore-Kellner?

Variante 1: Auf Italienisch mitmachen

Gerne genommen im Prenzlauer Berg, wo Grundschullehrer bei einer Flasche Rotwein damit ihre neue Flamme beeindrucken wollen: "Prego due spaghetti con, Dings, äh, was heißt nochmal Muscheln?" Die neue Flamme guckt dann lächelnd in die gepolsterte Karte und versucht, im Erdboden zu versinken.

Wenn Schlürfen zum guten Ton gehört
ChinaDie Essstäbchen sollten nie senkrecht in den Reis gesteckt werden, das bringt Unglück und ist ein Totenritual. Verboten ist ebenfalls: Nase schnäuzen. Dafür geht man in der Volksrepublik auf die Toilette. Nehmen Sie auch nie die Speisen, die für den ganzen Tisch gedacht sind in die Hand - auch nicht, wenn Sie dadurch besser ans Essen kommen. Alles sollte dort stehen bleiben, wo es steht.
ItalienSpaghetti mit Löffel und Gabel aufrollen - das machen nur Menschen, die es nicht besser wissen. Eigentlich wird die Nudel ausschließlich mit der Gabel aufgerollt. In Italien werden sie außerdem meist nicht als Hauptgang, sondern als Vorspeise gegessen. Quelle: dpa
ÖsterreichIn einem Kaffeehaus sollte unbedingt ein sehr gutes Trinkgeld gegeben werden. Der Kellner muss außerdem gerufen werden. Er wird kommen, dabei aber wenig gesprächig sein. Quelle: dpa
EnglandEs gibt ein paar Sitten an die sich der Deutsche gewöhnen muss: Ein gediegenes Frühstück mit Brötchen, Käse und Wurst, gibt es in England kaum. Stattdessen werden Bohnen, Würstchen, Speck, Black Pudding, Kartoffelecken, Tomaten, Rührei und Champignons aufgetischt. Tee-Zeit ist immer 17 Uhr, wobei es auch hier eine komplette Mahlzeit dazu gibt. Quelle: dpa
JapanSuppe darf ausdrücklich geschlürft werden, die Köche werden es wohlwollend zur Kenntnis nehmen. Denn es wird davon ausgegangen, dass das Aroma der Nudeln erst durch das laute Aufsaugen aus der Suppe zur Geltung kommt. Bei anderen Speisen sollte es hingegen unterlassen werden - es gilt auch dort als unhöflich. Quelle: REUTERS
GriechenlandDas kleine Häppchen, was da auf dem Teller liegt, wird gewiss nicht alles gewesen sein: Die Griechen zelebrieren ihr Essen und dehnen es über mehrere Stunden aus. Deshalb gibt es immer kleine Gänge bzw. viele Gerichte, die sich alle gemeinsam teilen. Kleckern ist übrigens ausdrücklich erlaubt. Quelle: dapd
SchwedenIn schwedischen Cafés ist Selbstbedienung angesagt: Dort wird nicht nur bestellt, sondern auch bezahlt. Nach dem Bezahlen dürfen sich die Restaurantgäste so oft Kaffee nachschenken wie sie möchten. Köttbullar und Stockfisch sind also nicht die einzigen Besonderheiten der schwedischen Küche. Quelle: dpa

Variante 2: Auf dumm stellen

Kellner: "Buonasera! Per favore, Dottore?"
Gast: "Was ist los?"

Variante 3: Die hat ein Freund ausprobiert, dessen Muttersprache Russisch ist. Weltmännisch kontern.

Kellner: "Buonasera! Per favore, Signore?"
Freund: "Čto mozete posovetovat?"
Kellner: "Was ist los?"

Variante 4: Um die Wette klugscheißen.

Gast: "Zwei Espressos, bitte."
Kellner: "Zwei Espressi, bringe sofort."
Gast: "Nein, nein, zwei Espressos war schon richtig. Im Deutschen brauchen wir kein Plural-i. Sie können aber natürlich gerne due espressi sagen."

Wie wäre es anderswo? Bei McDonald's in Hildesheim vor jedem Burger noch ein "May I take your order?" und ein "Enjoy your meal!" - landestypisch aber affig.

Die Sushi-Bestellhotlines würden zusammenbrechen, würden am Telefon die Wünsche auf Japanisch abgefragt.

Würden wir beim Dönermann immer auf Türkisch bedient, er käme rüber wie schlecht integriert.

Und ich kann mir auch nicht vorstellen, dass man in einem BMW-Autohaus in Kuala Lumpur angesprochen wird mit  "Grüß Gott, welches hübsche Auto darf es denn sein, bittschön?"

Naja, die Konter-Varianten 1 bis 4 sind ja eigentlich alle nicht so sympathisch. Vielleicht ist ja Variante 5 die eleganteste:

Variante 5: Das diplomatische Drüber-weg.

Kellner: "Prego Signori, due espressi."
Gast: "Danke. Hammse Zucker?"

Oder noch besser: Ich bin für ein Sprachabkommen, wie es eins so nur in Europa geben kann. Ab sofort hören die Kellner mit italienischen Wurzeln damit auf, so zu tun, als seien wir hier auf Sizilien. Dafür hören wir Deutschen auf, im Italien-Urlaub drauflos zu plappern, als seien wir im Harz. Dann könnte ich bei meinen Spagetti Vongole endlich wieder entspannen.

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