Neulich, ich war etwa fünf Jahre alt, da ging meine Mutter mit mir eine Hose kaufen. Seinerzeit waren gerade braune Cordhosen mit leichtem Schlag en vogue. Aber das war mir egal. Ich hatte meinen eigenen Stil: Für mich kam es allein auf die kostenlosen kleinen Spielsachen an, die an die Klamotten getackert waren. An den Bronco-Hosen etwa baumelte ein kleiner Kompass aus Plastik. Ob der wirklich anzeigte, wo Norden war, weiß ich nicht mehr. Aber ich kann mich noch genau an die Diskussionen erinnern, denn meine Mutter kaufte lieber Hosen einer anderen Marke ohne Kompass. Ihr kam es auf die Passform oder sowas an. Viele Tränen später (meine, nicht ihre) einigten wir uns mit der Verkäuferin auf einen Kompromiss und es wurde die Hose unbekannter Marke. Den Kompass durfte ich mir aber trotzdem von der Bronco abreißen.
So ähnlich treffe ich auch bis heute meine Kaufentscheidungen. Mit Blick aufs Detail und Drumherum. Und ich kann mir gar nicht vorstellen, dass andere Menschen ihr Geld auf andere Weise investieren. Offenbar schätzen auch die Unternehmen ihre Kunden genauso ein und legen billige Köder. Jetzt gilt es, als Kunde die Spreu vom Weizen zu trennen. Und das ist gar nicht so leicht.
Bei Fluggesellschaften etwa habe ich das Gefühl, die werden sich immer ähnlicher. Von schlimmen Ausreißern wie Ryanair mal abgesehen, unterscheidet sich der Service immer weniger - zumindest in der Economy. Da müssen die Marketing-Leute schon Tricks entwickeln, damit der Gast nach ein paar Tagen noch weiß, dass er mit ihrer Gesellschaft geflogen ist und nicht mit einer anderen. Air Berlin etwa verteilt am Ende der Reise beim Aussteigen das berühmte Schokoherz. Das kostet die Firma pro Fluggast weniger als zehn Cent, aber die Leute wissen: Lufthansa hat kein Herz für ihre Kunden. Das sitzt! Das Schokoherz am Ende des Fluges ist wie der Schnaps aufs Haus nach dem Essen beim Kroaten.
Anders allerdings Qatar Airways. Die 5-Sterne-Airline legt den Kunden als kleine Aufmerksamkeit einen Bogen Papier unter das Tablett. Das hat so ziemlich exakt die Größe des Tabletts. Der Kunde sieht es deshalb rund zwölf Sekunden. Wenn das Tablett abgeräumt wird, kommt auch das Papier sofort in den Müll. Auf Flügen etwa nach Australien wird man über die Klimaanlage mit beißendem Desinfektionsmittel eingesprüht. Kostenlos!
Ansonsten dienen als Unterscheidungskriterien noch die Hutfarbe der Stewardessen, Griffigkeit des Bestecks, Milchpulver/Kaffeesahne oder wie schnell die Hautcreme aus dem Spender im Waschraum in die Hände einzieht.
Doch eigentlich sollten die Unternehmen die Drecksarbeit mit der billigen Kundenfang nicht ihren armen Marketing-Leuten überlassen.
Ich suche mir die Fluggesellschaften danach aus, wie ihre Flugzeuge von den Ingenieuren zusammengebaut sind. Ausschließliches Augenmerk auf Langstrecken: die Kopfstützen an den Sitzen. Für eine gute Kopfstütze haue ich gerne mehr Geld fürs Ticket raus.
Bei Emirates etwa gibt es Kopfstützen, die stützen den Kopf. Solide und zuverlässig. Mit vorklappbaren Seitenstützen. So dass man schlafen kann.
Und es gibt Kopfstützen, die sind Symbol für all die Geringschätzung, die die Airlines für ihre Kunden übrig haben. Platte Kissen, die verhindern sollen, dass man auch nur eine Sekunde Schlaf findet. Der Kopf kippt kurz vorher beiseite. Diese idiotischen Kopfstützen kann man nicht versehentlich ins Flugzeug bauen. Diese Kopfstützen baut man ein voller Hass.
Aber der Gipfel der Unverfrorenheit: angetäuschte Mini-Stützen. Was werden die Entwickler sich dabei gedacht haben? Mit dieser Kopfstütze wiegen Sie Ihren Fluggast zunächst in Sicherheit. Sobald er aber seinen Kopf wohlig in den Sitz kuschelt, rollt der Schädel über die Mini-Stützen hinweg und stürzt ins Leere. Die Lacher werden auf Ihrer Seite sein. Warum tun Menschen anderen Menschen so etwas an? Qatar Airways, warum? Anderseits haben die natürlich wiederum diese genialen Papiere unterm Tablett...