Wirecard Erneute Razzia in Aschheim

Wirecard: Erneute Razzia in Aschheim Quelle: REUTERS

Im Wirecard-Skandal hat die Staatsanwaltschaft erneut Durchsuchungen bei dem Zahlungsdienstleister angeordnet. Mit einem Dutzend Staatsanwälten und Amtshilfe in Österreich gehen die Ermittler den Vorfällen auf die Spur.

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Seit dem Morgen lässt die Staatsanwaltschaft München im Zuge der Ermittlungen gegen den Zahlungsdienstleister Wirecard insgesamt fünf Gebäude – darunter den Firmensitz in Aschheim, drei Büros in München und zwei weitere in Österreich – durchsuchen. Zwölf Staatsanwälte sowie 33 Polizeibeamte und IT-Fachleute der Polizei München seien vor Ort, in Österreich gäbe es Unterstützung der dortigen Amtskollegen.

„Es geht dabei in erster Linie um die Vorwürfe, die auch Grundlage des unter anderem gegen den ehemaligen Vorstandsvorsitzenden Markus Braun erlassenen Haftbefehls sind“, ließ die Staatsanwaltschaft wissen. Weitere Informationen gab es unter Berufung auf die laufenden Ermittlungen nicht.

Die Münchner Staatsanwaltschaft ermittelt nun auch wegen des Verdachts des Betrugs gegen die ehemalige Chefetage des insolventen Zahlungsdienstleisters. Neben Bilanzfälschung und Marktmanipulation komme auch Betrug in Betracht, sagte eine Sprecherin der Behörde am Mittwoch in München. Ermittelt werde gegen den zurückgetretenen Wirecard-Chef Markus Braun, den bis vor kurzem für das operative Geschäft (COO) zuständigen Jan Marsalek und nun auch gegen die amtierenden Vorstandsmitglieder Alexander von Knoop (Finanzen) und Susanne Steidl (Produkte).

Der Zusammenbruch von Wirecard ist eine der spektakulärsten Pleiten der deutschen Geschichte: Um den Fall kümmert sich nun der Insolvenzexperte Michael Jaffé. Er gilt als Spezialist für knifflige Verfahren.
von Henryk Hielscher

Bereits Anfang Juni war Wirecards Zentrale durchsucht worden. Damals ging es bereits um den Verdacht der Marktmanipulation gegen die Vorstände des Zahlungsdienstleisters und möglicherweise irreführende Signale für den Börsenpreis der Aktien der Wirecard AG.

Es mehren sich die Anzeichen, dass der Wirecard-Aufsichtsrat Ex-Vorstandschef Braun in die Affäre um mutmaßliche Luftbuchungen in Höhe von 1,9 Milliarden Euro verstrickt ist. Braun wurde nachträglich fristlos entlassen, wie aus einer Mitteilung des Aufsichtsrats vom Dienstagabend hervorgeht.

Der Anstellungsvertrag des langjährigen Konzernchefs sei „mit sofortiger Wirkung“ außerordentlich gekündigt worden, teilte Wirecard am Dienstagabend mit. Braun war zwar bereits vor knapp zwei Wochen zurückgetreten, doch enthalten Arbeitsverträge von Spitzenmanagern üblicherweise auch Regelungen für Abfindungen und Altersvorsorge.

Sowohl der Wirecard-Aufsichtsrat als auch die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft EY, die die Jahresbilanzen von Wirecard testierte, sind mit Klagen und Klagedrohungen wütender Anleger konfrontiert. Unangenehmen Fragen im Zusammenhang mit dem Wirecard-Skandal muss sich am Mittwoch auch Felix Hufeld, der Präsident der Finanzaufsicht Bafin stellen. Hufeld sollte dem Finanzausschuss des Bundestags erklären, warum die mutmaßlichen Scheingeschäfte bei Wirecard unentdeckt blieben. So hatte die britische „Financial Times“ seit 2015 immer wieder über Merkwürdigkeiten und Unregelmäßigkeiten bei Wirecard berichtet.

Nach derzeitigem Stand haben Wirecard-Manager einen beträchtlichen Teil der Umsätze und Gewinne des Unternehmens in Südostasien und im Mittleren Osten frei erfunden. Die mutmaßlichen Scheingeschäfte wurden als Umsätze und Gewinne mit Subunternehmern verbucht, die angeblich im Auftrag von Wirecard Zahlungen abwickelten. Anfang vergangener Woche hatte Wirecard schließlich eingeräumt, dass insgesamt 1,9 Milliarden Euro Guthaben auf südostasiatischen Treuhandkonten mit „überwiegender Wahrscheinlichkeit“ nicht existieren.

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