Wirtschaftsprüfer Die Macht der Vier

Das Gefälle ist riesig: Zwar läuft das Geschäft der Wirtschaftsprüfer gut. Im Ranking der führenden Wirtschaftsprüfer liegen die Big Four der Branche jedoch unangefochten vorn. Der Mittelstand bläst zur Aufholjagd.

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Diese Firmen schauen Deutschland in die Bilanz
Screenshot www.rbs-partner.de Quelle: Screenshot
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Platz 6: Rödl & PartnerIn Deutschland machten die Nürnberger im Geschäftsjahr 2012 einen Umsatz von knapp 154 Millionen Euro. Ein Drittel davon erwirtschaftete die Gesellschaft mit Wirtschaftsprüfungen.* Weltweit setzten Rödl & Partner 281,3 Millionen Euro um - und damit rund 8 Prozent mehr als im Vorjahr. Zum Gewinn macht das Unternehmen keine Angaben. 3.500 Menschen sind bei Rödl & Partner beschäftigt.* Rest der Umsätze: Steuer-, Rechts- und Unternehmensberatung Quelle: Presse
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Das Geschäft der Wirtschaftsprüfer in Deutschland brummt. Laut Marktforscher Lünendonk verzeichneten die 25 führenden Wirtschaftsprüfungsgesellschaften hierzulande 2011 ein durchschnittliches Umsatzplus von 6,5 Prozent. Auch für 2012 gibt sich die Branche zuversichtlich. „Die Top 25 will in diesem Jahr um weitere 5,7 Prozent wachsen“, sagt Jörg Hossenfelder, Geschäftsführer des Marktforschungsunternehmens Lünendonk, das in Frankfurt das aktuelle Ranking der führenden Wirtschafts- und Steuerberatungsunternehmen Deutschlands präsentierte. „Die Branche profitierte im vergangenen Jahr vor allem von einer erhöhten Nachfrage nach Steuer-, Rechts- und Managementberatung“, so Hossenfelder. In ihrem angestammtem Geschäft der Prüfung von Jahresabschlüssen verzeichneten sie indes Stagnation.

Die Nervosität an den Kapitalmärkten belastet vor allem die Big Four

Unumstrittene Marktführer sind nach wie vor die sogenannten Big Four der Branche – PricewaterhouseCoopers, KPMG, Ernst & Young sowie Deloitte. Die Banken- und Finanzkrise hatte ihre Umsätze besonders stark einknicken lassen, weil ihr Geschäft anders als das ihrer mittelständischen Wettbewerber besonders stark vom Kapitalmarkt abhängt. 2009 und 2010 büßten die Big Four zusammen mehr als 11 Prozent ihres Umsatzes ein. Das Tal der Tränen scheinen aber auch sie vorerst durchschritten zu haben. „Mit einem Umsatzplus von im Schnitt 5,2 Prozent in 2011 konnten sie die Krise im vergangenen Jahr weitgehend abhaken“, so Hossenfelder. Das Gezerre um den Euro, die anhaltende Nervorsität auf den Kapitalmärkten und das teilweise bereits wacklige Geschäft so mancher Konzernkunden lässt die Big Four jedoch weiterhin in Habachtstellung verharren: „Wir beobachten sehr genau wie es in der Wirtschaft weitergeht“, betont Martin Plendl, Deutschlandchef von Deloitte.

Mit mehr Gelassenheit blickt der Verfolgerfeld der Big Four im Ranking der umsatzstärksten Wirtschaftsprüfer in die Zukunft. „Wir begleiten die Mandanten in guten und in schweren Zeiten“, so Uwe Wolf, Managing Partner von Mazars (Rang 13 im Lünendonk-Ranking). Jahresabschlüsse müssen immer geprüft werden, bei guter und bei schlechter Konjunktur. Und wenn die Wirtschaft schlecht läuft, haben die Prüf- und Beratungsunternehmen mit Restrukturierungsprojekten auch genug zu tun.

Aufholjagd gestartet

Die größten deutschen Wirtschaftsprüfungsgesellschaften
Platz 6: Rödl & PartnerIn Deutschland machten die Nürnberger im Geschäftsjahr 2012 einen Umsatz von knapp 154 Millionen Euro. Ein Drittel davon erwirtschaftete die Gesellschaft mit Wirtschaftsprüfungen.* Weltweit setzten Rödl & Partner 281,3 Millionen Euro um - und damit rund 8 Prozent mehr als im Vorjahr. Zum Gewinn macht das Unternehmen keine Angaben. 3.500 Menschen sind bei Rödl & Partner beschäftigt.* Rest der Umsätze: Steuer-, Rechts- und Unternehmensberatung Quelle: Presse
Platz 5: BDODas Hamburger Unternehmen setzte 2012 in Deutschland fast 192 Millionen Euro um und liegt damit leicht über Vorjahresniveau. BDO beschäftigt 1600 Mitarbeiter. Quelle: Screenshot
Platz 4: DeloitteMit einem Umsatz von 657 Millionen Euro im Jahr 2012 hat sich Deloitte gegenüber dem Vorjahr um fast 6 Prozent gesteigert. 37 Prozent des Umsatzes macht das Geschäft mit Wirtschaftsprüfungen aus. Im Geschäftsjahr 2011/2012 fuhr Deloitte einen Gewinn von 13,9 Millionen Euro ein (Vorjahr: 12,5). Für das Düsseldorfer Unternehmen arbeiten mehr als 4.800 Menschen.
Platz 3: Ernst & YoungMit einem Umsatz von rund 1,2 Milliarden Euro schaffen es Ernst & Young auf den dritten Platz im Ranking. Gut 40 Prozent des Umsatzes wurden im vergangenen Jahr mit Wirtschaftsprüfung erwirtschaftet. Die GmbH beschäftigt in Deutschland mehr als 7.200 Mitarbeiter. Quelle: dapd
Platz 2: KPMG Die Gesellschaft setzte 2012 mehr als 1,3 Milliarden Euro um. Das sind fast 9 Prozent mehr als im Vorjahr. Rund 46 Prozent erwirtschaftete KPMG mit Wirtschaftsprüfungen. Zum Gewinn macht das Unternehmen keine Angaben. Aktuell beschäftigt KPMG gut 8.600 Mitarbeiter. Zu den Kunden gehören unter anderem die Deutsche Bank. Quelle: AP
Platz 1: PricewaterhouseCoopersPwC setzte 2012 rund 1,5 Milliarden Euro um und ist damit die größte Wirtschaftsprüfungsgesellschaft in Deutschland. Knapp die Hälfte der Umsatzes kamen durch Wirtschaftsprüfungen zustande. PwC konnte den Umsatz im Vergleich zum Vorjahr um gut vier Prozent steigern. Derzeit beschäftigt das Unternehmen in Deutschland 9.300 Mitarbeiter. Quelle: dpa

Um sich in der deutschen Konzernwelt und bei umsatzstarken international tätigen Mittelständlern als ernstzunehmende Alternative zu den marktdominierenden Big Four zu empfehlen, haben einige Player aus dem Mittelfeld Zukäufe und Zusammenschlüsse gewagt. Auf Platz fünf im Ranking rangiert nach wie vor BDO. Einen Sprung nach vorn im Umsatzranking machte zum Beispiel Ebner Stolz, Mönning Bachem (Rang 7). Durch die Fusion dreier mittelständischer Wirtschaftsprüfer entstanden, steigerte das Fusionstrio seinen Umsatz von 2010 auf 2011 um fast 15 Prozent. Und RBS RoeverBroenner schaffte durch die Fusion mit Susat bei einem Umsatz von rund 72 Millionen Euro erstmals den Sprung auf Platz zehn im Wirtschaftsprüfer-Ranking. „Auch in Zukunft werden mittelgroße Prüf- und Beratungsgesellschaften weiterhin Kooperationen eingehen oder Übernahmen tätigen, um die kritische Masse, die je nach Kundengruppe zwischen 75 und 100 Millionen Euro Umsatz liegt, zu erreichen“, so Hossenfelder.

Befragt nach den größten Problemen, mit der die Branche in den nächsten zwei bis drei Jahren zu kämpfen haben wird, nannten die Wirtschaftsprüfer an erster Stelle den erhöhten Preisdruck im Geschäft mit den gesetzlich vorgeschriebenen Abschlussprüfungen, die Suche nach qualifiziertem Personal und die drohende Regulierung durch die Europäische Union.

Preisdruck im Prüfgeschäft nimmt kein Ende

„Die Honorarsätze, die Wirtschaftsprüfer generell derzeit im Prüfgeschäft erzielen, liegen im Schnitt 20 bis 30 Prozent unter dem, was eigentlich nötig wäre, um die stetig steigenden Anforderungen an die Abschlussprüfung gewährleisten zu können“, sagt Ralf Gröning, stellvertretender Vorstandsvorsitzender von RölfsPartner (Rang 9 im Lünendonk-Ranking). Im öffentlichen und halböffentlichen Sektor lägen die üblichen Prüfhonorare sogar noch unter diesem Schnitt. „Wir haben uns deshalb bei RölfsPartner entschlossen, uns an bestimmten Ausschreibungen erst gar nicht mehr zu beteiligen“, so Gröning.
„Gleichzeitig haben sich gerade in den letzten sechs Monaten völlig neue Chancen für uns im Prüfgeschäft ergeben. Unternehmen, die jahrzehntelang mit ein und demselben Wirtschaftsprüfer zusammengearbeitet haben, führen derzeit verstärkt Ausschreibungen durch, zu denen gezielt auch nicht Big Four-Prüfer eingeladen werden.“

Neue Prüfmandate ausgeschrieben

So fühlt man dem Finanzberater auf den Zahn
Nachbarn unterhalten sich Quelle: dpa
Fangfrage 2: "Wenn etwas schief läuft, dann ersetzen Sie mir doch den Schaden?" Solch eine Versicherung gegen Verluste wünscht sich jeder Anleger, doch keine Bank mag das versprechen. Wenn ein Berater sich darauf einlässt, überschreitet er seine Kompetenzen – und will unbedingt etwas verkaufen. Dafür ist ihm jedes Mittel recht, auch eine Fehlinformation an den Kunden. Quelle: dpa
Fangfrage 3: "Welche Produkte brauche ich denn nun?"Gute Berater entwickeln eine Strategie , und sie schauen sich die Vermögens- und Finanzsituation eines Kunden an. Dann reden sie mit ihm über seine Ziele und seine Risikobereitschaft. Einzelne Produkte kommen – wenn überhaupt – immer ganz zuletzt. Berater, die sich sofort darauf einlassen, denken vor allem an ihre Provision. Diese ist häufig davon abhängig, wie viel Produkte in einem bestimmten Zeitraum von ihm verkauft werden. Quelle: dpa
Uhr Zifferblatt Quelle: dpa
Fangfrage 5: "Ich bin risikoscheu und möchte mindestens fünf Prozent Rendite. Das ist doch für Sie kein Problem?" Es sollte ein Problem für Berater sein. Wer diese Frage sofort bejaht, hat sich als unsolide geoutet. Denn fünf Prozent Rendite sind aktuell meist nur mit einem recht hohen Risiko oder anderen Nachteilen zu erzielen. Wer als Anleger gar kein Risiko möchte, muss sich aktuell eher mit einem bis zwei Prozent begnügen – den Konflikt zwischen Risiko und Rendite sollte ein Berater darstellen und nicht schamhaft überspielen. Quelle: dpa
zerrissener Euro-Schein Quelle: dpa
Fangfrage 7: "Ich vertraue Ihnen, das Kleingedruckt ist sicher in Ordnung. Wo soll ich unterschreiben?" Geldanlagen sollten gut überlegt sein. Berater, die ihren Kunden wenig Zeit lassen, wollen ein Gespräch schnell abhaken. Häufig verbergen sie diese Absicht. Durch diese Fangfrage können Anleger dem Berater auf die Schliche kommen. Jeder Berater sollte das Kleingedruckte erklären, und hinterher sollte es der Anleger noch mal lesen. Einfach zu unterschreiben, ist keinesfalls in Ordnung. Quelle: dpa

Die Diskussion um das EU-Grünbuch und die extreme Marktkonzentration gerade in der Abschlussprüfung von Konzernen, ist also nicht folgenlos geblieben.
Allerdings gilt nach wie vor: Jenseits der Big Four sind nur wenige Prüfgesellschaften überhaupt in der Lage, Prüfmandate von DAX-Unternehmen oder auch großen international tätigen Mittelständlern zu übernehmen. Viele mittelgroße Prüfer halten entweder nicht in ausreichender Zahl Personal vor oder sind nicht in allen Ländern vertreten, in denen der Mandant tätig. Mittelgroße Prüfgesellschaften wie RBS Roever Broenner Susat (Rang 10 im Lünendonk-Ranking), PKF Fasselt Schlage (Rang 12) oder Mazars (Rang 13) hoffen deshalb, dass die Europäische Union das sogenannte Joint Audit doch noch verpflichtend vorschreibt. Die Big Four der Branche wären dann nämlich gezwungen, Prüfmandate im Verbund mit kleineren Prüfgesellschaften durchzuführen.

Regelmäßige Prüferwechsel werden wahrscheinlich Vorschrift

Was Brüssel der Branche an neuen Regulierungen aufbrummen wird, ist nach wie vor unklar. Fest steht offenbar, dass keine Verordnung kommen wird, die den Wirtschaftsprüfungsgesellschaften die strikte Trennung von Prüfung und Beratung vorschreibt –egal wie groß sie auch sein mag. Als wahrscheinlich gilt die Einführung der externen Rotation. Dabei sind sich die Big Four und ihre mittelgroßen Wettbewerber darin einig, dass der von EU-Binnenmarktkommissar Michel Barnier vorgeschlagene Zeitraum von sechs Jahren für einen regelmäßigen Wechsel der Prüfgesellschaft viel zu kurz ist. „Allein der organisatorische Aufwand, der mit Prüfmandaten gerade bei Großkonzernen verbunden ist, wäre für jeden Wirtschaftsprüfer wie für ihre Mandanten eine zu große Belastung“, urteilt Jens Poll, Geschäftsführender Partner von RBS RoeverBroennerSusat. „Ein Wechsel alle zehn Jahre wäre angemessener, am besten bei einer Mindestbeschäftigungsdauer von fünf Jahren“. In diesem Herbst wird das Gesetzgebungsverfahren soweit vorangeschritten sein, dass sich allmählich abzeichnen dürfte, welche konkreten Regulierungen kommen werden. „Vor Frühjahr 2013 rechnen wir allerdings nicht mit einer klaren Entscheidung“, sagt Peter Bömelburg, Geschäftsführender Partner von Rödl & Partner in Nürnberg ( Rang 6 im Lünendonk-Ranking).

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