Wöhrls Angebot für Air Berlin „Eine halbe Milliarde ist zu wenig“

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"Man merkt, Herr Wöhrl war bislang noch nicht im Datenraum"

Da unterschätzt Wöhrl freilich den Unmut der Sanierer. Denn aus dem Umfeld von Airline und der Insolvenzberater dringen deutlich sachlichere und beunruhigendere Töne. „Wöhrls Angebot kann am Ende nicht als seriös gelten“, so ein Insider. „Dazu ist es trotz der großen Ankündigung in der Presse am Ende einfach nicht detailliert und präzise genug.“ 

Die erste Hürde ist aus Sicht der Sanierer Wöhrls fehlende Kenntnis der Linie. „Man merkt, Herr Wöhrl war bislang noch nicht im Datenraum und kennt weder die Einnahmen noch Ausgaben oder die nötigen Details der Verträge mit Leasingfirmen, Gewerkschaften oder Flughäfen“, so der Insider. „Unter den Umständen kann keiner ein vernünftiges Angebot abgeben.“ 

Dabei bezweifeln Management und Insolvenzverwalter auch, ob Wöhrl ein Unternehmen mit 8000 Mitarbeitern und gut drei Milliarden Umsatz wirklich führen kann. „Er hat bei seinen bisherigen Engagements immer nur kleinere Linien gekauft und diese auch nicht wirklich grundsaniert, sondern bestenfalls halbgesund an andere verkauft“, kritisiert ein Branchenkenner. „Wo das nicht klappte, wie bei der Regionallinie Intersky, hat sie Wöhrl dann pleite gehen lassen.“ Für weiteren Druck sorge zudem, dass die Lage bei Air Berlin deutlich schwieriger sei als bei Wöhrls bisherigen Beteiligungen. 

Dazu gilt Wöhrl Angebot für ein Unternehmen, das es spätestens seit heute so gar nicht mehr gibt. Nachdem Lufthansa bereits 38 Maschinen mit Personal in einem Wet-Lease genannten Mietvertrag übernommen hat und sich dabei auch einen Teil der Mietverträge für die Jets sicherte, streicht Air Berlin zum Monatsende erneut weite Teile ihrer Langstreckenflüge, wie heute bekannt gegeben. Faktisch verschwindet der Bereich. 

Die Airline begründete den Schritt mit einer im Insolvenzverfahren "notwendig gewordenen Reduzierung der Langstreckenflotte“. Tatsächlich, so ein mit der Sache Vertrauter, hätten die Inhaber der Interkontinentalflotte einen Teil der Airbus-A330-Mietverträge sicherheitshalber gekündigt, um die gesuchten Jets ohne die bei einem möglichen Konkurs übliche Unterbrechung rasch an andere Airlines vermieten zu können. Hierzu wollte sich ein Air-Berlin-Sprecher nicht äußern. 

Schließlich erscheint den Verkäufern Wöhrls Angebot unzureichend, weil er zunächst nur 50 Millionen fest zugesagt habe und den Rest erst später bei einem Erfolg zahlen wolle. „Unter den Umständen gilt: Eine halbe Milliarde ist zu wenig“, erklärte der Insider. „Wir brauchen das ganze Geld – allein um den Überbrückungskredit der Bundesregierung schnell tilgen zu können.“ 

Das ist Air Berlin

Und zu guter Letzt bezweifeln die Sanierer, ob Wöhrls Betriebskonzept trägt. Er will Air Berlin aufteilen in ein auf Düsseldorf und Berlin beschränktes Liniengeschäft sowie einen Jetverleih, bei dem seine Maschinen für andere Linien fliegen. Das Liniengeschäft droht aus Sicht von Insidern zu klein zu sein und könnte wie zuvor Wöhrls DBA von größeren Wettbewerbern zerrieben werden. Sowohl in Düsseldorf als auch in der Bundeshauptstadt ist Air Berlin zuletzt geschrumpft und andere Linien haben die Lücken geschlossen. Auch das Mietgeschäft sehen Fachleute kritisch, weil hier enormer Preisdruck herrsche. 

Wöhrl selbst ficht das nicht an. Natürlich sei es schwer, in knapp vier Wochen ein Konzept zu erstellen. Und das „gegen einen monatelang schon im Vorfeld zwischen der Regierung und einem namhaften deutschen Konzern ausgearbeiteten Plan“, spielt Wöhrl auf das deutlich detailliertere Sanierungskonzept der Lufthansa an. Doch er verweist darauf, dass er bereits namhafte Investoren überzeugt habe. „Wie unsere Chance gegen mächtige Wettwerber aussehen? Keine Ahnung“, sagt der Manager und ergänzt: „Nur der Weg führt zum Ziel.“ 

Und wenn es am Ende nicht klappt mit Air Berlin, eine Sache ist Wöhrl sicher: Die Aufmerksamkeit der Flugbranche. „Und das war ihm ja auch nie so ganz unwichtig“, sagt einer, der ihn gut kennt.

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