Wohnkonzerne Vonovia scheitert endgültig mit Übernahme von Deutsche Wohnen

Ein Vonovia-Wohngebäude in Bochum. Quelle: dpa

Deutschlands größter Wohnungskonzern Vonovia hat sich nicht genug Aktien für die Übernahme der Deutschen Wohnen sichern können. Spekulieren Deutsche-Wohnen-Aktionäre nun auf ein neues Angebot?

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Nach dem Scheitern der Übernahme von Deutsche Wohnen setzen die Aktionäre auf einen neuen Anlauf des größeren Rivalen Vonovia. „Es ist klar, dass dafür eine neue und höhere Offerte vorgelegt werden müsste“, schrieb Berenberg-Analyst Kai Klose am Montag in einem Kommentar. „Vonovia sollte es noch einmal versuchen.“ Er hob das Kursziel für Deutsche Wohnen auf 55 von 52 Euro an und empfahl die Aktie zum Kauf. An der Börse kletterten die Papiere um 1,3 Prozent auf 51,80 Euro und blieben damit knapp unter den 52 Euro, die Vonovia – vergeblich – geboten hatte. Der Bochumer Branchenführer hatte nur 47,6 Prozent der Deutsche-Wohnen-Aktien eingesammelt und das Ziel von 50 Prozent verfehlt. „Jetzt ist das Kind in den Brunnen gefallen. Es da wieder herauszuholen, wird teuer und kompliziert“, sagte ein beteiligter Banker.

Vonovia erklärte die Übernahme am Montag auch offiziell für gescheitert. Rund acht Millionen der 343 Millionen im Umlauf befindlichen Deutsche-Wohnen-Aktien fehlten dem Bieter am Ende. „Die eingereichten Deutsche-Wohnen-Aktien werden zurückgebucht“, hieß es in der Pflichtmitteilung. Der Misserfolg hatte sich am Freitag bereits abgezeichnet. „Man war sich offenbar zu sicher“, sagte ein Insider.

Vonovia-Chef Rolf Buch hat einen neuen Anlauf aber nicht ausgeschlossen. Um schnell reagieren zu können, bräuchte er die Zustimmung des Deutsche-Wohnen-Vorstands um Michael Zahn – sonst zwingt ihn das Übernahmegesetz (WpÜG), zwölf Monate zu warten. „Es ist alles möglich. Wir können nichts tun, wir können kaufen, wir können verkaufen. Aber jetzt müssen wir eine saubere Analyse machen, wie es weitergeht“, hatte Buch gesagt, berichtet die Nachrichtenagentur Reuters. Der Branchenriese ist mit fast 18,4 Prozent der Anteile größter Aktionär von Deutsche Wohnen. Das Aktienpaket ist rund 3,4 Milliarden Euro wert.

Die Nachrichtenagentur Reuters berichtet mittlerweile unter Berufung auf Insider, dass die beiden beteiligten Unternehmen wohl einen weiteren Anlauf zur Fusion starten wollen. „Beide Vorstandschefs wollen die Übernahme noch immer und suchen eine Lösung“, sagte eine mit der Situation vertraute Person am Montag, so Reuters. „Die Deutsche Wohnen will diesen Deal – aber dann muss es auch sicher klappen“, sagte ein zweiter Insider. Eine neue Vereinbarung zwischen den Wohnungskonzernen könne binnen weniger Wochen stehen.

„Ein Zusammengehen bringt viele Vorteile“, sagte eine weitere mit den Überlegungen vertraute Person. Die Aufsichtsräte müssten aber noch zustimmen. Eine Deutsche-Wohnen-Sprecherin äußerte sich nicht zu den Informationen. Vonovia verwies auf Äußerungen von Vorstandschef Buch, das Unternehmen werde alle Optionen prüfen.

Die Vonovia-Aktie sackte zu Wochenbeginn um drei Prozent ab. Die Anteilseigner fürchten, dass Buch beim dritten Anlauf mehr Geld für Deutsche Wohnen auf den Tisch legen muss. „Die Hedgefonds sitzen jetzt am längeren Hebel“, sagte ein beteiligter Banker.

In Händen der Spekulanten sind nach Schätzungen von Bankern rund ein Drittel der Deutsche-Wohnen-Papiere. Buch hatte ihnen vorgeworfen, sie hätten zu hoch spekuliert, indem sie nur einen Teil ihrer Aktien angedient hätten. „Viele wussten, dass sie den Deal über die Schwelle tragen müssen, wollten aber gleichzeitig möglichst viel in der Hinterhand halten, weil sie hofften, dass es später irgendwann noch ein besseres Angebot gibt.“ Vertreter von Hedgefonds kritisierten im Gegenzug, Vonovia habe sie in Sicherheit gewiegt, dass die erforderlichen 50 Prozent ohnehin erreicht würden. „Jeder, mit dem ich gesprochen habe, ist davon ausgegangen, dass der Deal durchgeht“, zeigte sich auch Buch überrascht vom Scheitern.

Der Deutsche Mieterbund hat das vorläufige Scheitern der Übernahme des Berliner Wohnungskonzerns Deutsche Wohnen durch den Konkurrenten Vonovia begrüßt. „Den Mieterinnen und Mietern hätte eine Fusion überhaupt nicht geholfen“, sagte Verbandspräsident Lukas Siebenkotten am Montag, berichtet die Deutsche Presse-Agentur. Der Mieterbund sei deshalb froh, dass der Zusammenschluss nicht zustande gekommen sei. „Wir sehen keine Vorteile darin, wenn wir immer größere Wohnungskonzerne bekommen.“

Siebenkotten war nach eigenen Worten vom Scheitern der Vonovia-Offerte überrascht. „Wir hatten den Eindruck, dass es bestens abgesprochen war. So haben es die Beteiligten jedenfalls dargestellt.“ Die Ankündigung von Vonovia, sich an die für einen Fall der Fusion zugesagten Begrenzungen bei Mieterhöhungen und Modernisierungsumlagen weiter zu halten, beurteilte Siebenkotten skeptisch. Bei Wohnungsunternehmen seien Ankündigungen und Handeln „nicht immer deckungsgleich“.

Der Berliner Senat hat auch nach dem Scheitern der Fusionspläne außerdem Interesse, 20.000 Wohnungen von den Immobilienunternehmen zu kaufen. „Das Land Berlin ist nach wie vor daran interessiert, Wohnungsbestände zu erwerben – und dabei in etwa Ertragswerte zu bezahlen“, teilte Finanzsenator Matthias Kollatz (SPD) am Montag auf Anfrage mit.

„Das Land hat in dieser Wahlperiode bereits knapp 23.000 Wohneinheiten erworben. Wenn von der Vonovia und Deutsche Wohnen weitere 20.000 angeboten werden, ist das gut für Berlin.“ Allerdings sei dafür wichtig, dass beide Unternehmen jetzt Klarheit schafften, was die gescheiterte Fusion für die Berliner Ankaufspläne bedeute. „Berlin steht für Gespräche bereit“, so Kollatz. „Denn damit ließe sich der Anteil an günstigen Wohnungen dauerhaft vergrößern – mit dem entsprechenden Einfluss auf den Mietspiegel in Berlin.“ Er begrüße daher, dass beide Unternehmen signalisiert hätten, an den Gesprächen über den Verkauf festzuhalten.

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Vonovia und Deutsche Wohnen hatten sich im Rahmen der geplanten Übernahme mit dem Senat auf den Verkauf von rund 20.000 Wohneinheiten an das Land verständigt. Berlin will angesichts der steigenden Mieten in der Hauptstadt möglichst viele Wohnungen wieder in staatlichen Besitz zurückholen. Die Deutsche Wohnen ist Berlins größer Privatvermieter und vermietet in der Hauptstadt rund 114.000 der bundesweit mehr als 155.000 eigenen Wohnungen.

Mehr zum Thema: Vonovia wollte die Deutsche Wohnen kaufen, ist damit aber nun gescheitert. Erneut. Die Gründe für den geplatzten Deal – und wer am meisten darunter leiden könnte.

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