Wohnungskonzern Diese Baustellen muss die Vonovia dringend in Angriff nehmen

Wohnungskonzern Vonovia Quelle: imago images

Gedrosselte Heizungen in der Nacht und nun auch noch mit der Inflation steigende Mieten: Vonovia kommt nicht aus den Schlagzeilen. Diese Herausforderungen muss Deutschlands größter Wohnungskonzern meistern.

  • Teilen per:
  • Teilen per:

Wenn auf dem Wohnungsmarkt neben gedrosselten Heizungen und Warmduschzeiten in letzter Zeit etwas für Aufregung gesorgt hat, dann die Aussage von Rolf Buch, Chef von Deutschlands größtem Wohnungskonzern, dass Mieten künftig mit der Inflation ansteigen müssten. „Wir können nicht so tun, als wenn die Inflation an den Mieten vorbeigeht“, sagte er dem „Handelsblatt“. „Das wird nicht klappen.“ Andernfalls würden viele Vermieter in ernsthafte Schwierigkeiten geraten.

Mit der Aussage habe Buch nur eine Einschätzung zur künftigen Entwicklung der gesamten Branche gegeben, beschwichtigte das Unternehmen danach. Damit seien keine Mieterhöhungen für die Vonovia-Mieter angekündigt worden. Und doch treibt viele Mieter die Unsicherheit um, wie sie steigende Kosten – nicht nur bei der Kaltmiete, sondern vor allem auch bei Nebenkosten, tragen sollen.

Am Mittwoch legte Vonovia nun seine Geschäftszahlen für das erste Halbjahr 2022 vor: Demnach hat der Immobilien-Riese im ersten Halbjahr ein deutliches Gewinnplus verbucht. Der Gewinn aus dem operativen Geschäft (Group FFO) erhöhte sich in den ersten sechs Monaten durch die Übernahme des kleineren Konkurrenten Deutsche Wohnen, steigende Mieten und einen niedrigen Leerstand um 36,3 Prozent auf 1,06 Milliarden Euro. Dennoch steht der Wohnungskonzern vor gewaltigen Herausforderungen:

Herausforderung 1: Inflation und Zinsentwicklung

Auch für Vonovia steigen die Preise wegen der Inflation und steigenden Zinsen, die Mieteinnahmen vermehren sich aber nicht zeitgleich. Innerhalb weniger Monate hätten sich die Kapitalkosten bei dem Konzern mehr als verdoppelt, sagte Finanzchef Philip Gosse Anfang Juni der „Börsenzeitung“. Auch die Bilanzgewinne scheinen einen Dämpfer zu bekommen. „Deshalb braucht Vonovia ein Ventil und das Ventil sind Mieterhöhungen“, sagt Reiner Wild vom Berliner Mieterverein.

Eine Anpassung der Mieten an die Inflation ist bei normalen Mietverträgen rechtlich nicht zulässig. „Vonovia könnte nur die normalen Mieterhöhungen ausschöpfen, die im Rahmen der ortsüblichen Vergleichsmiete möglich sind“, sagt Wild. Eine Miete, die mit der Inflation beziehungsweise dem Verbraucherpreisindex steigt, wäre nur mit einer Indexmiete möglich. Bisher hat Vonovia kaum solche Verträge – laut Finanzchef Gosse nur ein Prozent.

In Zukunft könnte das Unternehmen den Fokus darauf lenken: Aus dem Bestand würden sich bis zu 140.000 Wohnungen von den gut 565.000 Wohnungen für eine Indexmiete anbieten. Die könnte man aber nur nach und nach bei Neuvermietungen einführen. Mieterschützer kritisieren die Indexmiete: Dadurch werde ein künstlicher Inflationsschub erzeugt, sagt Wild vom Berliner Mieterverein. Und der Deutsche Mieterbund fordert gar ein Verbot von Indexmietverträgen.

Herausforderung 2: Steigende Baukosten

Teurer wird es für Vonovia aber auch bei Neubauprojekten oder Modernisierungen. Lieferengpässe, Materialmangel und der Fachkräftemangel machen sich in der Bauindustrie insgesamt bemerkbar. Bei Neubauten kann Vonovia aber auch eine deutlich höhere Kaltmiete pro Quadratmeter verlangen als bei Bestandsmieten. Und nach Sanierungen ebenfalls.

Schon im Mai hatte Vonovia wegen der steigenden Preise seine Investitionspläne umgeschichtet: Neben den Entwicklungsprojekten, bei denen die Wohnungen dann zu Vonovia-eigenen Mietwohnungen werden, entwickelt Vonovia auch Projekte, die sie dann verkaufen, das „development to sell“. Im ersten Jahresdrittel wurden dabei 511 Einheiten in Österreich fertiggestellt. Bei den selbst vermieteten Einheiten waren es 244 in Deutschland und 22 in Schweden.

Herausforderung 3: Energiepreise

Auch die steigenden Energiepreise machen sich bei Vonovia und ihren Mietern bemerkbar. Über die Vonovia Energie Service GmbH ist der Wohnungskonzern auch als Energieversorgungsunternehmen für seine Mieter tätig. Schon im Geschäftsbericht des vergangenen Jahres warnte Vonovia vor dem Risiko, „dass das Energieabsatzgeschäft defizitär“ werden könnte. Und im ersten Quartal 2022 drehten sich laut Quartalsbericht die meisten Konferenzen mit Investoren und Analysten um die Energiepreise, die Inflation und die Zinsen. Vonovia ist damit in einer ähnlichen Lage wie etwa die Stadtwerke: Mit den Mietern gibt es langfristige Strom- und Gasverträge, es kann aber sein, dass die Energie kurzfristig zu höheren Preisen beschafft werden muss.

Strategische Inkompetenz Wenn Mitarbeiter sich auf Unfähigkeit ausruhen, sind Chefs oft selbst schuld

Manche Leute stellen sich im Job dümmer, als sie sind. Und viele Chefs bestärken sie auch noch darin. Ein Kommentar.

Erbschaftsteuer Der Gesetzgeber hebelt steuerzahlerfreundliche Urteile aus

Unbemerkt von einer breiteren Öffentlichkeit hat der Gesetzgeber im viel diskutierten Wachstumschancengesetz auch neue Regeln für Erbschaften und Schenkungen versteckt. Es geht um die Steuer. Ein Gastbeitrag.

Steuern auf Kryptowährungen „Die Finanzverwaltung sitzt am deutlich längeren Hebel“

Das jüngste Rekordhoch der Kryptowährung Bitcoin wirft auch steuerliche Fragen auf: Wer muss wie viel Steuern zahlen? Was droht Anlegern, wenn sie Einkünfte nicht angeben? Steuerexperte Joerg Andres gibt die Antworten.

 Weitere Plus-Artikel lesen Sie hier

Bisher fordere Vonovia seine Mieter nur auf, die Nebenkostenabrechnungen nach oben hin anzupassen, heißt es von Mietervereinen. Vorstandschef Rolf Buch warnte schon im März vor einer „Riesen-Problemflutwelle“ bei den Nebenkosten. Und Vonovia will auch Gas sparen: 55 Prozent des Wohnungsbestandes wird damit beheizt. Deshalb will das Unternehmen im Winter nachts die Heiztemperatur auf 17 Grad drosseln. Solange das nur nachts der Fall ist, „spricht gar nichts dagegen“, sagt Wild vom Berliner Mieterverein. Anders sei es, wenn Vermieter tagsüber die Temperaturen generell absenken würden. Dafür bräuchte es eine gesetzliche Grundlage – etwa wenn eine tatsächliche Gasmangellage eintritt. Die würde dann auch die Preise weiter anheizen.

Lesen Sie auch: Die Immobilienbranche schlägt Alarm. Bauprojekte sind wegen Inflation und Lieferengpässen unkalkulierbar. Nun stoppen erste Unternehmen den Wohnungsneubau – und fordern die Politik zu kreativen Lösungen auf.

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%