Wolt-Gründer Miki Kuusi „Wir sind die effizienteste Firma in der Lieferindustrie “

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Mit welchen Restaurants Wolt zusammenarbeitet - und inwiefern Mark Zuckerberg hilft

Sie sind gestartet in Teilen von Berlin. Wann und wo werden Sie in Deutschland expandieren?
Aus Wettbewerbsgründen kann ich darüber leider noch nicht sprechen.

Arbeiten sie auch mit denselben Restaurants zusammen, die bereits mit Lieferando kooperieren – oder dürfen Wolt-Restaurants ausschließlich mit Ihnen zusammenarbeiten?
Wir fokussieren uns auf sogenannte local heros: also Restaurants, in denen die Leute einfach gerne essen gehen.

Das wird Lieferando auch von sich behaupten.
Mag sein. Uns ist es jedenfalls relativ egal, ob ein Restaurant bereits auf einer Wettbewerbs-Plattform gelistet ist oder nicht. Wir finden es ja gut, wenn ein Restaurant mehr Umsatz macht: Das ist gut für das Restaurant, und damit auch gut für uns. Was wir bisher in Berlin feststellen: Die meisten Restaurants, die wir uns ausgesucht haben, sind bisher auf keiner Plattform. Viele von ihnen haben früher mal mit Foodora oder Deliveroo zusammengearbeitet, dann aber – aus welchen Gründen auch immer – nicht den Schritt zu Lieferando gemacht. Man darf auch nicht vergessen: Es gibt viele sehr gute Restaurants, die gar nicht auf Lieferdienste angewiesen sind. Die sind profitabel, haben ihre Stammkunden. Die brauchen uns nicht, um erfolgreich zu sein.

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von Alexander Busch

Wie stehen Sie zu den sogenannten Ghost kitchens, also jenen Restaurants, in denen man nicht essen kann, sondern wo das Essen ausschließlich für Lieferdienste zubereitet wird?
Wir stellen uns eine Welt vor, in der die Kunden sowohl das „Dine-in“-Erlebnis als auch das „Order-in“-Erlebnis genießen. Besonders in Feinschmeckerrestaurants geht es nicht nur um das großartige Essen, sondern auch um das gesamte Erlebnis von großartigem Service, Ambiente und so weiter. Was uns die Corona-Pandemie jedoch gezeigt hat, ist, dass die Menschen sehr wohl dazu bereit sind, sich hochwertiges Essen auch liefern zu lassen. Die Pandemie hat also die Entwicklung von Nur-Liefer-Küchen weltweit beschleunigt.

Müssen Sie mehr Marketinggeld ausgeben für neue Kunden oder für neue Restaurants? Denn der Name „Wolt“ dürfte in Deutschland auf beiden Seiten noch relativ unbekannt sein.
99 Prozent unserer Marketingausgaben gehen in Richtung Konsumenten. In Restaurants verlassen wir uns auf den persönlichen Kontakt, ein Tür-zu-Tür-Marketing: Viele unserer Mitarbeiter haben in Restaurants gearbeitet. Wir wollen eine ehrliche Partnerschaft.

Unter Ihren Financiers ist auch Facebook-Gründer Mark Zuckerberg mit seiner Investmentfirma Iconiq Capital. Inwiefern hilft Ihnen das?
Wir haben insgesamt 258 Millionen Euro eingesammelt, was aber in unserer Industrie kein besonders signifikanter Betrag ist. Bei unserer Series-C-Finanzierung im vergangenen Jahr haben wir etwa 110 Millionen Euro erhalten, da war unter anderem Iconiq Capital dabei. Das freut uns sehr, denn die Personen dahinter sind natürlich sehr etabliert im Silicon Valley, und für uns war wichtig: Sie haben eine Reihe sogenannter later-stage-Unternehmen im Portfolio, von denen wir sehr viel lernen können. Und die wenigsten davon sind in Europa – und wir sind auch noch nicht in den USA.

Wann planen Sie, mit Wolt in die USA zu gehen? Dort gibt es mit Uber Eats einen womöglich noch gefräßigeren Konkurrenten.
Noch sind wir nicht dort. Aber auch darüber kann ich noch nicht sprechen. Eins nach dem anderen. Wir haben Mitte 2015 mit zehn Restaurants in Helsinki angefangen. Damals war Delivery Hero in Helsinki weit verbreitet. Jeder hat deren App benutzt, über Foodora. In jedem Markt, in den wir eingestiegen sind, gab es entweder Lieferando oder Delivery Hero.

Und welchen Marktanteil hat Wolt heute in Helsinki?
Heute sind wir Marktführer in Helsinki und in insgesamt 20 Städten in Finnland. Aber es hat lange gedauert. Wir bemerken grundsätzlich eine Verhaltensänderung in allen Industrieländern: Leute wechseln zunehmend von Supermärkten in die Restaurants. Auf die Restaurantindustrie entfällt mittlerweile schon etwas mehr als die Hälfte aller Konsumausgaben für Essen. Und es wächst. Denn es ist natürlich bequemer, Essen zu gehen als selbst zu kochen. Und die zweite große Bewegung hierbei ist der wachsende Markt für Essenslieferungen. Lieferung gibt es ja schon wesentlich länger als die heutigen Plattformen. Und wir versuchen die Menschen nun öfter für die Nutzung eines Dienstes wie den unseren zu gewinnen, als sie früher die klassischen Telefon-Zustelldienste genutzt haben. Und unser größter Wettbewerber ist dabei nicht Lieferando oder Delivery Hero – sondern wir konkurrieren um die vielen Millionen Deutschen, die noch nie einen Service wie unseren in Anspruch genommen haben.


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Was macht Sie so sicher, dass die vielen Millionen Deutsche, die noch nie Essen online bestellt haben, es nun mit Wolt probieren werden?
Die Leute entscheiden jeden Tag aufs Neue, was sie wie und wo essen. Und das gilt auch für Technologie. Der deutsche Markt für Essenslieferungen ist wesentlich weniger entwickelt als etwa der in Großbritannien oder in den Niederlanden oder den Nordischen Staaten. Und diese wiederum sind noch wesentlich weniger entwickelt als die Märkte in Südkorea oder in Teilen von China. Aus unserer Perspektive entwickeln sich alle Länder in dieselbe Richtung. Deutschland steht in dieser Entwicklung noch ganz am Anfang. Und wir möchten bei dieser Entwicklung dabei sein.

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