
Der wegen bakterienbelasteter Wurst von Behörden angeordnete Produktionsstopp bedeutet das vorläufige Aus für die oberbayerische Großmetzgerei Sieber. „Ich habe heute Vormittag beim Amtsgericht Bad Tölz-Wolfratshausen einen Insolvenzantrag gestellt“, teilte Firmeninhaber Dietmar Schach am Dienstag in Geretsried mit.
Das Landratsamt Bad Tölz hatte am 27. Mai ein Vertriebsverbot für sämtliche Produkte der Metzgerei erlassen und den deutschlandweiten Rückruf aller Ware angeordnet. In mehreren Wursterzeugnissen der Firma waren zuvor gesundheitsgefährdende Listerien gefunden worden.
Zur Begründung für die Insolvenz führte Schach den täglichen Einnahmeverlust von 100.000 Euro an, der durch das Verkaufsverbot entstanden sei. Er habe alles versucht, um die rund 120 Arbeitsplätze zu retten, sagte er. „Doch ich habe den Kampf verloren. Es ist aus.“ Er bedauerte, dass sein Wunsch nach einem „Runden Tisch“ mit allen beteiligten Behörden zur Zukunft der Großmetzgerei abgelehnt worden sei. „Leider ließ man uns von Seiten der Politik allein“, schrieb Schach in einer persönlichen Mitteilung.
Vier Fakten über Listerien
Listerien sind Bakterien, die häufig in der Natur vorkommen. Sie können in tierische und pflanzliche Produkte geraten – etwa Hackfleisch, Sushi oder Rohmilchkäse.
Listerien sind sehr widerstandsfähig. Sie überstehen sowohl Tiefgefrieren als auch Trocknen. Kochen, Braten, Sterilisieren und Pasteurisieren tötet die Bakterien dagegen sicher ab.
Nur sehr wenige Menschen, die Listerien aufnehmen, erkranken auch an Listeriose. Bei gesunden Erwachsenen verläuft die Infektion meist unauffällig oder nimmt einen harmlosen Verlauf mit grippeähnlichen Symptomen wie Fieber und Muskelschmerzen oder Erbrechen und Durchfall – oft erst bis zu acht Wochen nach dem Verzehr.
Gefährlich ist die Infektion aber für abwehrgeschwächte Personen: Neugeborene, alte Menschen, Patienten mit chronischen Erkrankungen, Transplantierte und Schwangere. Bei ihnen und bei Ungeborenen kann Listeriose zum Tod führen. In Deutschland gibt es im Durchschnitt 400 bis 650 Fälle im Jahr.
Der Firmeninhaber beklagte auch, dass ihm die Gesundheitsbehörden die Ergebnisse weiterer Proben von Sieber-Produkten vorenthielten. „Es gibt bis heute noch kein Gutachten und es gibt bis heute noch keine Mitteilung an uns über die genauen Probenergebnisse.“ Soweit ihm bekannt lägen jedoch mit einer Ausnahme alle Messergebnisse unter dem gesetzlich vorgeschriebenen Grenzwert für Listerien in Lebensmitteln. Schach nannte es einen einmaligen Vorgang, dass man sein Unternehmen „bewusst platt macht“. Die Zukunft der Firma Sieber liege nun in anderen Händen. Vom bayerischen Verbraucherschutzministerium war zunächst keine Stellungnahme zu bekommen.
Im März war bei Nürnberg in einem „Original bayerischen Wammerl“ von Sieber eine deutlich über dem Grenzwert liegende Zahl von Listerien nachgewiesen worden. Nach umfangreichen Untersuchungen sehen das Robert Koch-Institut und das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) einen Zusammenhang zwischen dem Schweinefleisch-Produkt und einem Ausbruch von Listerioseerkrankungen im Jahr 2012 hauptsächlich in Süddeutschland. Acht Menschen starben an den Folgen der Krankheit.
Sieber klagt vor dem Verwaltungsgericht München gegen den Produktionsstopp. Eine Entscheidung fällt frühestens Ende der Woche. Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen das fast 200 Jahre alte Unternehmen.
Die Ansteckung mit Listerien ist für gesunde Erwachsene meist harmlos. Bei Babys, alten Menschen und Menschen mit einem geschwächten Immunsystem kann die Listeriose genannte Krankheit jedoch zum Tod führen.