Youtube, Instagram, TikTok Welche Gefahren von Influencern ausgehen

YouTube-Star Ron Bielecki im Megapark Palma. Quelle: imago images

Amelie Duckwitz hat vor ihrem Wechsel in die Wissenschaft für Digitalagenturen gearbeitet. Sie erklärt, warum Unbekannte plötzlich Stars werden – und warum manche TikToker und Instagramer gefährlich sind.

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Frau Professor Duckwitz, Sie forschen zum Thema Influencer. Wie konnte das passieren?
Amelie Duckwitz: Bevor ich vor sechs Jahren Professorin wurde, habe ich in mehreren Digitalagenturen gearbeitet. Da habe ich miterlebt, wie Influencer für das Marketing entdeckt wurden. Seitdem interessiert mich das Thema.

Was waren das damals für Influencer?
2012 hat etwa Hugo Boss mit dem bekannten Fashion-Blogger bryanboy geworben. Die meisten Influencer damals waren auf YouTube. Sie hatten auch noch keine Manager. Die Firmen haben sie direkt angesprochen und ihnen ein paar Produkte geschickt und ein bisschen Geld dafür gegeben, dass sie die Produkte angezogen und im Netz beworben haben. Die Influencer haben sich gefreut. Es war schon eine Pionierzeit damals.

Woher kam der Trend?
Aus den USA. Mit dem Web 2.0 konnte plötzlich jeder einfach und ohne Vorkenntnisse eigene Inhalte ins Netz stellen – und mit Hilfe von sozialen Netzwerken eine breite Öffentlichkeit erreichen.

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Welche Personen taugen zum Influencer?
Es gibt Menschen, die das Potenzial haben, andere zu beeinflussen, weil sie als Experten anerkannt werden. Als Personen mit großer Erfahrung. Sie sind extrovertiert, haben eine kommunikative Kompetenz, werden gerne um Rat gefragt. In der Dynamik des Kommunikationsprozesses ergibt sich ihre Meinungsführerschaft. Durch Netzwerkeffekte passiert es schnell, dass eine große Community entsteht. Dass sich Mitglieder dieser Gemeinschaft darin bestätigt fühlen, dass andere den Meinungsführer auch gut finden. Das soziale Kapital wird durch die Likes sichtbar. Es ist ein globales Geschäftsmodell, weil es ein universelles soziales Phänomen ist, dass man anderen Menschen gerne folgt.

Wie ging es dann mit der Branche weiter?
YouTube-Seiten wie „Biby’s Beauty Palace“ bekamen viele Follower. YouTuber wie Bibi haben es geschafft, durch Mode- und Schminktipps eine große Community aufzubauen. Was sie eingekauft hat, haben viele nachgemacht. Die Modebranche hat als erstes die Chancen von Influencermarketing entdeckt. Die Branche hat sich inzwischen professionalisiert. Unternehmen beschäftigen nicht nur externe Influencer – sie bilden auch eigene Mitarbeiter zu Influencer aus. Es gibt kaum eine Branche, die auf Influencer verzichtet.

Amelie Duckwitz Quelle: PR

Welche Bedeutung haben Plattformen wie Instagram und Tiktok?
Instagram hat der Branche erst den richtigen Schub gegeben, weil es ein sehr visuelles Medium ist. Da spielen Unterhaltung und Eskapismus große Rollen. Das kommt der Selbstdarstellung vieler Influencer sehr entgegen. Inzwischen geht der Trend mehr in Richtung TikTok, weil viele Nutzer sagen, dass YouTube und Instagram zu durchkommerzialisiert sind.

Wie wird die Branche eigentlich kontrolliert?
Der größte Kontrollfaktor ist die Community selbst. Die Community und die Unternehmen, mit denen sie zusammenarbeiten, sind ihre Geschäftsgrundlage.

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Und welche Behörden sind zuständig?
Die Landesmedienanstalten. Man kann das Internet aber nicht wie klassische Medien kontrollieren. Es ist unklar, unter welchen Bedingungen sich die Anstalten überhaupt um Influencer kümmern müssen: Es gibt keine Mindestzahl an Followern oder Klicks per Video. Pro Minute werden Millionenfach Videos hochgeladen – selbst die großen Plattformen kommen da nicht hinterher.

Welche Regeln gibt es für die Kenntlichmachung von Werbung?
Wenn ein Influencer mit einer Marke kooperiert, muss dies angezeigt werden. Aber was ist mit Klamottenmarken, die ein Influencer trägt, mit deren Hersteller er keine Zusammenarbeit hat? Da gibt es ebenso keine klaren Regeln wie für eigene Produkte, die ein Artist vermarktet.

Welche Gefahren gehen von Influencern aus?
Manche unterscheiden klar zwischen Information und Meinung. Andere trennen nicht, reden frei raus. Rechtsextreme, Querdenker und Verbreiter von Fake News üben so Einfluss auf ihre Follower aus. Kinder und Jugendliche sind ein besonders schwieriges Thema. Sie geben in sozialen Netzwerken privateste Dinge preis – und werden dabei manchmal von ihren Eltern noch unterstützt. Dann gibt es Influencer, die ihre eigenen Kinder von Geburt an zeigen. Die Influencer-Familie Harrison etwa. Die Bilder sind für immer im Netz.

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